Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Tödlicher Anschlag in Schwandorf
Der Attentäter war in
Schwandorf bekannt. Der
19-jährige Josef Saller wurde in der knapp 26.000 Einwohner zählenden Stadt in der Oberpfalz oft gesehen, wie er mit einem Baseballschläger durch die Straßen lief. Er verteilte Aufkleber mit der Aufschrift „Türken raus“und versuchte, sich selbst den Spitznamen „Sheriff“zu geben. Er gehörte der örtlichen Neonazi-Szene an oder wollte zumindest dazugehören. In der Nacht zum 17. Dezember 1988 fasste er einen verhängnisvollen Entschluss. In den frühen Morgenstunden drang er in ein Wohnhaus ein, von dem er wusste, dass dort hauptsächlich türkische Familien wohnten. Er entzündete im hölzernen Treppenhaus mit Streichhölzern mehrere Kartons und Packpapier. Der Brand entwickelte sich rasch. Zwölf Menschen konnte die Feuerwehr retten, für vier weitere kam jede Hilfe zu spät. Drei von ihnen gehörten zu einer Familie: Osman und Fatma Can sowie ihr zwölfjähriger Sohn Mehmet. Die erwachsene Tochter war wenige Monate zuvor ausgezogen. Neben dieser Familie starb Jürgen Hübener (47). Der Täter war schnell gefasst. Die Polizei hatte einen seiner Aufkleber in der Nähe des Brandortes gefunden. Er wurde wegen schwerer Brandstiftung mit Todesfolge zu zwölfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Saller leugnete die Tötungsabsicht, sprach davon, er habe „Türken ärgern“wollen. Schwandorf tat sich lange schwer mit der Erinnerung an die Tat. Erst 21 Jahre nach dem Anschlag gab es erstmals eine Gedenkstunde für die Opfer. Mittlerweile erinnern eine an dem wiedererrichteten Wohnhaus angebrachte Tafel und ein Gedenkstein in der Nähe an die Nacht, in der vier Menschen starben.