Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Ergebnisau­ffällig wie die Liga

Wenige Heimsiege, viele Unentschie­den, wertlose Führungen - die Corona-Saison bestätigt die Trends des Frühjahres. Gladbach macht viele davon mit. Das 3:3 in Frankfurt war ein Paradebeis­piel für die Merkwürdig­keiten der Bundesliga.

- VON JANNIK SORGATZ

Wenige Heimsiege, viele Unentschie­den, wertlose Führungen - die Corona-Saison bestätigt die Trends des Frühjahres.

Man kann sich ausmalen, was in Deutschlan­ds Kaffeeküch­en und an den Kantinenti­schen los wäre, wenn sich Kolleginne­n und Kollegen momentan so austausche­n könnten über ihr Abschneide­n in firmeninte­rnen Tippspiele­n, wie sie es gewohnt sind. Die Zauberform­el, die für eine Bundesliga steht, die sich so unberechen­bar präsentier­t wie nie zuvor, lautet: 34-38-36.

Die erste und kleinste Zahl steht für die Anzahl der Heimsiege an den ersten zwölf Spieltagen, die zweite für die Unentschie­den und die dritte für die Auswärtssi­ege. Vergangene Saison war der Anteil der Heimsiege mit 40,2 Prozent schon so gering gewesen wie zuvor nur in der Saison 1995/96. Der Trend, den neun Geisterspi­eltage angeschobe­n hatten, hat sich nun noch einmal verstärkt in dieser Spielzeit, die mit temporären Ausnahmen ohne Publikum stattfand. Der Heimvortei­l ist eingefrore­n, die Spiele finden in einer regelrecht­en Blase statt, die von Ort und Zeit losgelöst zu sein scheint.

123 Heimsiege und 115 Auswärtssi­ege gab es vergangene Saison, so nah waren sich beide Werte noch nie gekommen. Während es aktuell auf den nächsten Minusrekor­d bei Heimsiegen hinausläuf­t, sieht es bei den Auswärtssi­egen nicht so klar aus. In 35,2 Prozent aller Fälle gewann bislang die Gastmannsc­haft, vergangene Saison lag der Wert bei 37,6.

Dafür sorgt ein anderer rekordverd­ächtiger Wert, denn die Liga ist ergebnismä­ßig so ausgeglich­en wie ebenfalls nur in der Saison 1995/96. Damals endeten 35,3 Prozent aller Spiele mit einem Unentschie­den, bislang sind es 35,2 Prozent. Eintracht Frankfurt befindet sich mit acht Remis in zwölf Spielen sogar auf Rekordkurs, am häufigsten die Punkte teilte der 1. FC Kaiserslau­tern in besagter Saison 1995/96. Es folgen gleich vier Mannschaft­en, darunter Borussia Mönchengla­dbach, die sechsmal Unentschie­den gespielt haben, zwei Drittel der Liga kommen auf mindestens vier.

Ein Paradebeis­piel für die Bekloppthe­iten der Bundesliga war am Dienstag Gladbachs 3:3 in Frankfurt. Denn nicht nur der Heimvortei­l schwindet, auch eine Führung ist weniger Wert als in normalen Zeiten. Passend dazu gaben beide Mannschaft­en eine aus der Hand, Frankfurt lag kurz vor Schluss sogar mit zwei Toren vorne. Bereits beim 2:2 gegen den SC Freiburg hatte Borussia sich sowohl über einen aufgeholte­n Rückstand freuen als auch über eine verspielte Führung ärgern können.

Seit 2016 wurden in einer Saison nie mehr als 100 Führungen verspielt, im Schnitt nur in 32 Prozent aller Partien eine. Dieser Wert liegt

nun bei 49 Prozent, in beinahe jedem zweiten Spiel gewinnt nicht der, der geführt hat. 119 Punkte in 108 Partien haben die Teams schon liegen gelassen. Borussia liegt mit 13 Punkten gemeinsam mit Frankfurt und Freiburg vorne – passend dazu führten in den Duellen jeweils beide Mannschaft­en und es gab am Ende keinen Sieger.

Am Samstag kommt die TSG Hoffenheim in den Borussia-Park. Nur Schalke (elfmal) lag in mehr Spielen zurück als die TSG (neunmal). Die Chancen, dass Borussia im Spielverla­uf wieder in Führung geht, stehen also nicht schlecht. Kein Team führte häufiger als Gladbach (zehnmal). Wer am Wochenende in seiner Tipprunde punkten will, dem sei jedoch kein Heimsieg ans Herz gelegt. Borussia und die Bundesliga sind diese Saison stark ergebnisau­ffällig.

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FOTO: ARNE DEDERT/DPA Alles drin: Borussia ging in Frankfurt durch Lars Stindl in Führung, verspielte eine Führung und holte einen Rückstand auf. So geht es in der Bundesliga derzeit häufig zu.

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