Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
EU-Gericht verurteilt Ungarn
Der Staat hat mit seinen „Transitzonen“gegen europäisches Asylrecht verstoßen.
LUXEMBURG (epd) Ungarn hat mit der Haft von Flüchtlingen an der serbisch-ungarischen Grenze gegen wesentliche Grundsätze des europäischen Asylrechts verstoßen. Weder hat Ungarn ausreichende Möglichkeiten für die Stellung eines Asylantrags geschaffen, noch hatten Flüchtlinge die Gelegenheit, gegen ablehnende Asylentscheidungen rechtlich vorzugehen, urteilte die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs (Az.: C-808/18).
Ungarn hatte 2015 das Asylrecht drastisch eingeschränkt. So wurden an der Grenze zu Serbien „Transitzonen“geschaffen, in denen die Asylverfahren durchgeführt wurden. Die Bestimmungen sahen vor, dass im Fall einer „durch eine massive Zuwanderung herbeigeführten Krisensituation“
Sonderregelungen in Kraft traten, die das Asylrecht weiter einschränkten.
Die EU-Kommission warf Ungarn einen Verstoß gegen das EU-Asylrecht vor und zog vor den EuGH. Die Transitzonen stellten faktisch eine Inhaftierung der Menschen dar, lautete der Vorwurf. Auch die Praxis, dass in Ungarn aufgegriffene schutzsuchende Flüchtlinge an der ungarisch-serbischen Grenze zwangsweise hinter einen Zaun gebracht wurden, sodass sie nur noch nach Serbien zurückkehren konnten, sei nicht mit dem Recht auf Asyl vereinbar. Der EuGH hatte bereits im Mai die Einrichtung der Transitzonen als unzulässige Haft für Flüchtlinge beanstandet. Daraufhin wurden sie geschlossen.
Nun bestätigte auch die Große Kammer des EuGH, dass Ungarn gegen wesentliche Grundsätze des EU-Asylrechts verstieß. Faktisch hätten Flüchtlinge in den Transitzonen keine Möglichkeit gehabt, einen Asylantrag zu stellen. Die Unterbringung in den Transitzonen stellte zudem eine Haft dar. EU-Recht erlaube eine Inhaftierung aber nur in bestimmten Fällen, etwa bei Fluchtgefahr oder aus Gründen der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung.
Außerdem beanstandeten die Richter, dass Ungarn Flüchtlinge, die sich illegal im ungarischen Hoheitsgebiet aufgehalten haben, zwangsweise abgeschoben habe. Die betroffenen Menschen hätten keine Gelegenheit gehabt, von Ungarn aus dagegen vorzugehen.