Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Merkel besucht den Impfstoffhersteller Biontech – virtuell
MAINZ Die Corona-Impfungen rücken näher. Bis zum 27. Dezember soll die Zulassung durch die EU-Behörden und die Prüfung der Impfstoff-Chargen durch das Paul-Ehrlich-Institut erfolgt sein. Gemeinsam mit Kanzlerin Angela Merkel sprach Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit den Biontech-Gründern Ugur Sahin und Özlem Türeci. „Unsere Mitarbeiter werden auch Weihnachten durcharbeiten, um die Auslieferung zu sichern“, versprach Türeci.
Die Kanzlerin zeigte sich beim virtuellen Betriebsbesuch in Mainz begeistert: „Ihre Forschungsleistung ist wunderbar“, sagte sie zu den Gründern. „Wir sind mächtig stolz, dass es bei uns im Land ein solches Unternehmen gibt.“Und sie betonte: „Wenn wir sehen, wie viele Menschen im Augenblick an Corona sterben, dann weiß man, wie viele Leben das retten kann.“
Merkel, die als Physikerin einst selbst forschte, wollte wissen, wann bei Biontech die Entscheidung gefallen sei. „Das kann ich Ihnen genau sagen, das war der 24. Januar“, sagt Türeci. Damals habe ihr Mann
Ugur Sahin beim Frühstück gesagt, man müsse loslegen. Aus einer ersten Studie zur Lage im chinesischen Wuhan sei ihm klar geworden, dass eine Pandemie auf die Welt zurolle. Dann habe man alle Ressourcen der Firma, die mit ihrer mRNA-Technologie eigentlich Krebsmedikamente herstellen wollte, in die Entwicklung des Impfstoffs gelenkt.
Die Kanzlerin zeigte sich beeindruckt: „Sie haben nie die Flinte ins Korn geworfen. Und klugerweise haben Sie sich mit einem großen Unternehmen verbündet.“Der US-Konzern Pfizer hilft bei klinischer Studie, Produktion und Auslieferung.
Sahin betonte, drei Dinge hätten den Erfolg ermöglicht: jahrelange Forschung, Mitarbeiter mit hoher Einsatzfreude und Kooperation. Nur so habe man den Impfstoff an 40.000 Freiwilligen testen und schnell Milliarden Dosen herstellen können. Özlem Türeci zeigte sich erleichtert, dass sich die gute Verträglichkeit des Impfstoffs in der Praxis bestätigt. In Großbritannien seien 140.000 Menschen geimpft worden.
Ärztepräsident Klaus Reinhardt kritisierte, dass niedergelassene Ärzte erst so spät geimpft werden sollen: „Sie behandeln nicht nur Hochrisikopatienten, sie stehen auch bei der Versorgung von Corona-Infizierten in der ersten Reihe.“Praxen bildeten einen Schutzwall für die ohnehin belasteten Kliniken. Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) rief die Menschen in Deutschland auf, das Impfangebot zu nutzen: „60 bis 70 Prozent müssen sich impfen lassen, damit die Epidemie zum Stillstand kommt.“
Die Europäische Arzneimittelagentur EMA will bereits am 6. Januar über die Zulassung eines weiteren Corona-Impfstoffes entscheiden: Es geht um das Präparat des US-Herstellers Moderna, wie die Behörde am Donnerstagabend mitteilte.