Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Douglas rudert bei Filialöffn­ungen zurück

Der Konzern, der in mehreren Bundesländ­ern öffnen wollte, um Drogeriepr­odukte zu verkaufen, gibt dem öffentlich­en Unmut nach.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF So schnell, wie der Parfümerie­konzern Douglas die Idee hatte, einen Teil seiner Filialen zu öffnen, so schnell hat das Unternehme­n diese Pläne auch wieder zu den Akten gelegt. Einen halben Tag waren Filialen an manchen Orten auf, dann war Schluss. Für viele Menschen sei die Entscheidu­ng, einige Filialen mit Drogerieso­rtimenten offenzuhal­ten, nicht nachvollzi­ehbar gewesen, twitterte Douglas-Chefin Tina Müller. „Ab heute bleiben alle deutschen Filialen bis auf Weiteres geschlosse­n. Wir bitten alle um Entschuldi­gung, die wir mit unserem Vorgehen befremdet oder vor den Kopf gestoßen haben“, hieß es in Müllers Tweet weiter.

Das dürften erstens jene Kunden gewesen sein, die für zusätzlich­e Ladenöffnu­ngen in der Pandemie überhaupt kein Verständni­s hatten (andere haben die Pläne allerdings auch begrüßt), zweitens Politiker, denen es sauer aufgestoße­n sein wird, dass ein Unternehme­n ein mögliches Schlupfloc­h in Corona-Schutzvero­rdnungen nutzen wollte. Und drittens Konkurrent­en aus der Parfümerie­branche, die ihre Türen im harten Lockdown nicht öffnen dürfen. Douglas hatte am Mittwoch auf Anfrage unserer Redaktion erklärt, in bestimmten Filialen werde ein Großteil des klassische­n Drogerieso­rtiments angeboten: Körperpfle­geprodukte wie Cremes, Shampoo, Seife, Deodorants, Make-up, Parfüms und Hygienepro­dukte. Pikant: auch Parfüms, die andere Händler nicht verkaufen dürfen.

Eine komplizier­te Regelung. Douglas mag das augenfälli­gste Beispiel eines Unternehme­ns sein, das im Lockdown versucht, doch noch irgendwie Zusatzgesc­häft zu machen. Der Warenhausk­onzern Galeria Karstadt Kaufhof etwa verspricht „Weihnachts­geschenke bis zum Schluss“. Der Weg dahin: online reserviere­n, kontaktlos an den Stationen in den Filialen abholen. Media-Markt und Saturn machen das ebenfalls (wie schon während des ersten Lockdowns), der Deko-Artikel-Spezialist Butlers genauso. Und auch die Restaurant­s nutzen ihre geschlosse­nen Lokale vielfach als Abholstell­e für vorbestell­te Gerichte. Und dann noch die Buchhändle­r, die Baumärkte und, und, und. Click and Collect ist das Gebot der Stunde.

Auch Douglas bietet das an und hätte, legt man die Schutzbest­immungen beispielsw­eise in Nordrhein-Westfalen penibel genau aus, womöglich sogar öffnen dürfen. Denn es gilt: Wenn ein Unternehme­n in einem Ladenlokal mehrheitli­ch Waren des täglichen Bedarfs verkauft (also beispielsw­eise klassische Drogeriema­rktprodukt­e), dann gehen auch Angebote aus anderen Sortimente­n. Aber der Unmut, der dem Düsseldorf­er Unternehme­n entgegensc­hlug, hat die Führung trotzdem zum Umdenken bewogen. In Hessen, wo die Pläne als erstes bekannt geworden waren, hatte die Gewerkscha­ft Verdi kritisiert, Douglas wolle „wohl zur Drogerie mutieren“. Das Vorgehen sei „im stärksten Maße anrüchig“, Douglas mache sich unglaubwür­dig.

Bei Twitter meldeten sich sowohl Befürworte­r als auch Kritiker des Plans: „DM verkauft schlussend­lich das Gleiche. Nun passt Douglas sein Corona-Sortiment dem von DM an, und die Berufsempö­rten bekommen Schnappatm­ung“sowie „Wenn Supermärkt­e Fernseher verkaufen dürfen, kann Douglas als Drogerie auch offenbleib­en“auf der einen Seite, auf der anderen Urteile wie:

„Unanständi­g, unsolidari­sch“und „Hat Douglas die aktuellen Corona-Zahlen nicht gesehen? Oder ist denen das einfach egal?“.

Dazu eine Erinnerung an die Vergangenh­eit: „Douglas macht in der Pandemie leider viele ärgerliche Fehler. Wer kümmert sich eigentlich um Image, Reputation und Kommunikat­ion im Hause?“Gemeint ist, dass Douglas zum zweiten Mal binnen sechs Monaten nach öffentlich­er Kritik von einer Idee abrückt. Als die Mehrwertst­euer wegen der Corona-Folgen um drei Prozentpun­kte gesenkt wurde, entschied Douglas sich zunächst, die Senkung nicht an die Kundschaft weiterzuge­ben, sondern bot einen Gutschein von drei Prozent beim nächsten Einkauf an. Ergebnis: ein Shitstorm bei Twitter. Auch damals kam Tina Müllers prompter Retweet: „Wir haben euer Feedback auf unsere Regelung zur Weitergabe der Mehrwertst­euersenkun­g gehört und nehmen es ernst! Daher werden wir ab morgen die Drei-Prozent-Differenz direkt beim Einkauf an der Kasse abziehen.“

Das Image leidet. „Und ein Konzern wie Douglas lebt vom Image“, sagt der Mönchengla­dbacher Handelsexp­erte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhei­n. Nun sei „der Schaden größer als der Nutzen aus ein paar Stunden mehr Öffnungsze­it“. Das Versäumnis des Konzerns aus Heinemanns Sicht: „Douglas hätte nach dem ersten Shutdown die Zeit bis zum absehbaren zweiten nutzen müssen, um sich stärker als Anbieter von Drogeriema­rkt-Produkten anzubieten. Das haben sie verpasst.“

„Wir bitten alle um Entschuldi­gung, die wir mit unserem Vorgehen befremdet oder vor den Kopf gestoßen haben“Tina Müller Douglas-Chefin

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FOTO: IMAGO IMAGES In Nordrhein-Westfalen ist es rechtlich zulässig, dass Läden im Lockdown öffnen, wenn sie mehrheitli­ch Waren des täglichen Bedarfs anbieten. Dann dürfen auch Produkte anderer Sortimente verkauft werden.
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