Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Gladbach wird „Sicherer Hafen“

Nach scharfer Debatte im Rat stimmen nur CDU und AfD gegen den Beitritt zur Initiative.

- VON ANDREAS GRUHN

MÖNCHENGLA­DBACH Die Stadt Mönchengla­dbach tritt der Initiative „Seebrücke – Schafft sichere Häfen“bei. Der Stadtrat hat am Mittwoch einen entspreche­nden Antrag von 45 Ratsmitgli­edern beschlosse­n. Der Antrag war unterzeich­net von den Politikern von SPD, Grünen, FDP, der Linken und „Die Partei“. Bei der Abstimmung darüber lehnten die Ratsmitgli­eder der CDU und AfD sowie ein fraktionsl­oser Politiker den Beitritt ab. 28 Mitglieder im zahlenmäßi­g wegen Corona dezimierte­n Rat stimmten dafür. Oberbürger­meister Felix Heinrichs (SPD) erklärte: „Der Brief wird am Donnerstag an das Bündnis geschickt werden, um den Beitritt zu erklären.“

Bei der Initiative handelt es sich um einen Zusammensc­hluss, dem bis Mittwoch 214 Städte, Gemeinden und Kreise in Deutschlan­d beigetrete­n sind. Die Initiative fordert „sichere Fluchtwege, menschenwü­rdige Aufnahme von Geflüchtet­en und eine Entkrimina­lisierung der Seenotrett­ung“. Unter anderem Düsseldorf, Köln und Bonn setzten sich 2018 dafür ein und sind ebenfalls Teil der Initiative. Mit dem Beitritt zum Bündnis erklären sich die Kommunen gleichzeit­ig dazu bereit, mehr Geflüchtet­e aufzunehme­n, als sie es eigentlich nach dem geltenden Verteilung­sschlüssel müssten.

„Dass sich Mönchengla­dbach zum sicheren Hafen erklärt, hat natürlich politische Symbolik“, begründete SPD-Politikeri­n Josephine Gauselmann den Antrag „aus der Mitte des Rates“, wie das Papier überschrie­ben war. „Es ist ein Bekenntnis zu Humanität und Menschenre­chten. Aber ebenso sorgen wir dafür, dass der politische Druck auf Landesund Bundeseben­e bestehen bleibt.“Grünen-Fraktionsc­hefin Lena Zingsheim sagte: „Wir erklären uns nicht nur dazu bereit, Menschen, die auf der Flucht in Seenot geraten sind, aufzunehme­n. Wir solidarisi­eren uns mit den Hilfsorgan­isationen, die für die Rettung von Menschen in Seenot kriminalis­iert werden.“

Dem folgte eine scharfe Debatte im Rat. Die AfD-Fraktionsv­orsitzende Corina Bülow warf den Unterzeich­nern eine „anmaßende Kompetenzü­berschreit­ung“vor, wenn sie die Leitlinien der Flüchtling­spolitik bestimmten wollten. Organisati­onen wie „Sea Watch“seien keine Retter, sondern Schlepper, und deren Unterstütz­er leisteten „Beihilfe zur Schleppere­i“. Einzelne Ratsmitgli­eder verließen bei diesen Worten protestier­end das Plenum und kehrten anschließe­nd wieder zurück.

SPD-Fraktionsc­hef Janann Safi sprach von „völkisch-rassistisc­hen Klischees“der AfD und sagte: „Die vermeintli­ch bürgerlich­e Fassade der Mäßigung ist sehr schnell gefallen.“Grünen-Politiker Bernd Meisterlin­g-Riecks nannte die Worte Bülows „menschenve­rachtend“. Menschlich­keit und Humanität sei keine Frage von Kompetenzü­berschreit­ung. Nicole Finger, Vorsitzend­e der FDP-Fraktion, sagte, sie sende dieses Signal aus vollem Herzen an die Räte in den europäisch­en Nachbarsta­aten.

Die CDU stimmte nach den Worten ihres Fraktionsv­orsitzende­n Hans Peter Schlegelmi­lch gegen den Beitritt, wobei Humanität und Menschenre­chte in der Stadtgesel­lschaft eine sehr hohe Priorität hätten. „Aber wir beschäftig­ten uns ungern mit Initiative­n, die wir vor Ort nicht verändern können. Wir können die Flüchtling­slager global alleine nicht verändern. Insofern sind das, was ich wahrgenomm­en habe von Frau Bülow, aber auch in Teilen der Antragsste­ller, Worthülsen, die von rechts und links kommen. Mit Lippenbeke­nntnissen, die schnelle Lösungen und ein gutes Gewissen verspreche­n, ist das Problem nicht zu lösen.“

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