Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

„Fürchte dich nicht!“

Weihnachte­n 2020 könnte uns viel näher an das Kind in der Krippe bringen.

- VON BURKHARD M. KUBAN Der Autor ist Pfarrer Evangelisc­hen Friedenski­rchengemei­nde Mönchengla­dbach Bezirk Hardt/Seelsorge Herzpark Mönchengla­dbach.

MÖNCHENGLA­DBACH „Fürchte dich nicht!“So klingt es uns entgegen von der himmlische­n Engelschar. Okay, ganz genau heißt es „Fürchtet Euch nicht!“Zum Zeitpunkt, da ich diese Zeilen schreibe, ist nicht klar, ob wir diese Botschaft in halbwegs gewohnter Weise in einer Kirche am Heiligen Abend werden hören können. Auch wenn Sie diese Zeilen lesen, wird es noch nicht sicher sein.

Und obwohl wir noch nicht einmal den vierten Advent gefeiert haben, kreisen unsere Gedanken schon um das Fest der Feste. Das ist ja immerhin so wie immer. Und auch wieder nicht. Denn so viel steht fest – es wird anders werden dieses Jahr.

Der harte Lockdown bringt für viele Menschen Ängste mit sich, Existenzän­gste. Wie soll man da Weihnachte­n feiern? Das Kind in der Krippe wird auch nicht direkt eingreifen, das scheint sicher.

Die letzten Tage im Advent – fast eine Woche noch – wird eine Stille über das Land gelegt, die wir so lange vor dem Fest beziehungs­weise gar nicht kennen. Kann darin für diese Zeit auch eine Chance liegen?

Ich bitte das nicht als zynische Frage zu verstehen. Menschen, die um ihr Leben kämpfen, die sich um Angehörige und / oder Freunde (zutiefst) sorgen, die bis zum Anschlag arbeiten müssen, die nicht wissen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen, pfeifen auf diese Ruhe. Oder sagen: Es ist zu früh oder zu spät.

Da kann ein „Fürchtet Euch nicht“mehr als wie Hohn in den Ohren klingen.

Und trotzdem wage ich die Frage zu stellen, ob uns der zu Ende gehende Advent und die Weihnachts­feiertage 2020 nicht viel näher an das Kind in der Krippe mit seiner Botschaft

bringen, als wir es sonst gewohnt waren. Der Stall in Bethlehem ist eben kein Palast eines ruhmreiche­n Herrschers in einer Metropole. Die Menschen, die in dieser Nacht im Stall waren, von Maria und Josef angefangen, kannten Existenzän­gste und Sorgen, waren Tagelöhner oder sonst in ärmlichen Verhältnis­sen. Gerade zu Ihnen kommen die Engel und sagen „Fürchtet euch nicht, Euch ist heute der Heiland geboren.“Und ich bin mir sicher, dass nicht alle Hirten und alle anderen sofort gejubelt haben, unter ihnen befanden sich sicher die Zweifler, die Enttäuscht­en, die Zyniker und wer sonst noch so dabei war. Aber eins haben sie gemacht: Sie haben den Schritt hin gewagt zu diesem Stall. Haben sich auf das Geschehen eingelasse­n und sich nicht abgewandt, haben etwas gespürt von dem Besonderen, vielleicht sogar Heiligen, das nicht in Worte zu fassen ist. Dadurch waren sie ihre Sorgen nicht unmittelba­r los, hatte sich an ihrer Lage nichts geändert. Aber zumindest bei einigen etwas an ihrer Haltung, an ihrem Mut, ihrer Zuversicht. Man nennt es Glauben.

Ist es uns in diesem Jahr in diesem Sinne möglich, Weihnachte­n zu erleben? Das Kind näher und anders als sonst an uns, vielleicht sogar in uns zu lassen?

Das kann jede und jeder nur für sich selbst entscheide­n. Fest steht: auch dieses Jahr wird Weihnachte­n werden und das Kind wird da sein – schutzlos, auf Hilfe angewiesen und doch in seiner Schwachhei­t so stark. Ein Tröster, Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst – wie es in geheimnisv­ollen Worten beim Propheten Jesaja heißt.

Dass das Geheimnis der Weihnacht Sie auch – oder gerade – in diesem Jahr umfängt, wünscht von Herzen Burkhard M. Kuban

Die Menschen, die in dieser Nacht im Stall waren, kannten Existenzän­gste und Sorgen

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