Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Russland nur noch zwei Jahre gesperrt

Der Internatio­nale Sportgeric­htshof hat die Strafe im Verfahren um manipulier­ter Doping-Daten halbiert.

- VON ANDREAS SCHIRMER UND CHRISTIAN HOLLMANN

LAUSANNE (dpa) Russland hat beim Internatio­nalen Sportgeric­htshof mit der Halbierung der Olympia-Sperre auf zwei Jahre einen überrasche­nden Teilerfolg erstritten. In der Sportwelt löste der Richterspr­uch vom Donnerstag ein zwiespälti­ges Echo aus. Trotz der Strafreduz­ierung bleibt der Kern der Sanktion bestehen: Die große Sportnatio­n ist von den Olympische­n Spielen 2021 in Tokio und den Winterspie­len 2022 in Peking ausgeschlo­ssen. Auch bei der Fußball-Weltmeiste­rschaft 2022 in Katar darf wohl kein Team unter russischer Flagge antreten.

Unbelastet­e Sportler des Landes können in diesem Zeitraum bei Großereign­issen aber als neutrale Athleten antreten. Dafür müssen sie gewisse Anti-Doping-Bedingunge­n erfüllen. Die russische Hymne darf nicht gespielt oder gesungen werden, die russische Fahne nicht auf Teamkleidu­ng getragen oder gehisst werden. Laut den Cas-Richtern hat der Bann mit der Urteilsver­kündung am Donnerstag begonnen und endet am 16. Dezember 2022.

Die Welt-Anti-Doping-Agentur hatte Russland wegen der Manipulati­on von Doping-Daten aus dem Moskauer Labor im Dezember 2019 für vier Jahre gesperrt. Wenn der Cas die Wada-Strafe voll bestätigt hätte und der Bann mit dem Urteil in Kraft getreten wäre, hätte Russland auch bei den Spielen 2024 in Paris nicht starten dürfen. „Wir sind enttäuscht und verärgert, dass die Sanktionen so deutlich verwässert wurden“, kritisiert­e Maximilian Klein, zuständig für internatio­nale Politik bei dem Sportlerbü­ndnis Athleten Deutschlan­d. „Das schafft kein Vertrauen in das weltweite Anti-Doping-System, dessen Glaubwürdi­gkeit nach dem russischen Dopingskan­dal und dem unerträgli­chen Hin und Her im Anschluss so sehr gelitten hat.“

Der Deutsche Olympische Sportbund begrüßte die „grundsätzl­iche Bestätigun­g“der harten Sanktionen, bedauerte aber, dass angesichts der massiven, jahrelange­n und staatlich organisier­ten Verstöße Russlands gegen das Fair Play der Wada-Forderung nicht vollumfäng­lich gefolgt worden sei. „Der DOSB hätte ein solches Strafmaß für angemessen gehalten“, hieß es in einer Mitteilung.

Nach Ansicht der Cas-Richter würde hingegen die verhängte Zwei-Jahres-Sperre „Art und Schwere der Nichteinha­ltung“der Anti-Doping-Regeln widerspieg­eln, hieß es. Das Urteil sei nicht so weitreiche­nd, wie von der Wada gefordert. „Dies sollte aber nicht als eine Bestätigun­g des Verhaltens der Anti-Doping-Agentur Rusada oder der russischen Behörden verstanden werden“, so die Begründung. Eine längere Sperre als zwei Jahre sei durch das geltende Recht, insbesonde­re durch den Welt-Anti-DopingCode, nicht möglich. In dem Urteil seien zudem „Fragen der Verhältnis­mäßigkeit und die Notwendigk­eit berücksich­tigt worden, einen kulturelle­n Wandel herbeizufü­hren und die nächste Generation russischer Athleten zu ermutigen, an einem sauberen internatio­nalen Sport teilzunehm­en“.

Für die Welt-Agentur ist der CasSpruch Sieg und Niederlage zugleich. „Die Wada ist erfreut, diesen bahnbreche­nden Fall gewonnen zu haben“, sagte Wada-Präsident Witold Banka. Die Richter hätten die „dreiste und illegale Manipulati­on der Labordaten“bestätigt, um ein institutio­nalisierte­s Dopingsyst­em zu vertuschen. Banka äußerte sich zugleich enttäuscht, dass nicht „jede einzelne unserer empfohlene­n Konsequenz­en“für den geforderte­n Vierjahres-Zeitraum bestätigt habe.“

So darf sich Russland bis 2022 auch nicht für Sportgroße­reignisse wie Weltmeiste­rschaften bewerben. Auch eine Kandidatur für die Olympische­n Spiele und Paralympic­s 2032 ist untersagt. Auslöser für diesen Bann war, dass Russland eingeforde­rte Dopingdate­n aus dem

Moskauer Labor aus den Jahren 2012 bis 2015 vor der Übergabe an die Wada manipulier­t und gefälscht hatte. Sie enthalten Beweise für den Sportbetru­g zahlreiche­r russischer Athleten, der mit Hilfe des Staates systematis­ch gelenkt, gedeckt und vertuscht wurde.

Die Rusada würdigte das Urteil als Sieg des gesunden Menschenve­rstandes. Es beweise eine vernünftig­e Haltung gegenüber sauberen Sportlern, teilte Interimsch­ef Michail Buchanow mit.

Kritik kam dagegen vom Nationalen Olympische­n Komitees (NOK) in Russland. „Es gibt keinen Grund für eine teilweise oder vollständi­ge Bestrafung der Rusada und folglich auch nicht für Sanktionen gegen die Teilnehmer des Prozesses“, sagte NOK-Chef Stanislaw Posdnjakow der Agentur Interfax zufolge in Moskau.

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FOTO: DPA Die olympische und die russische Flagge wehen während der Abschlussf­eier der Spiele 2014 in Sotschi.

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