Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Neues Wohnen in altem Landhandel

Der Betrieb an der Odenkirche­ner Straße hat mit historisch­er Technik die Jahrzehnte fast unveränder­t überdauert. Nun sind im Kleinod Loft-Wohnungen geplant.

- VON CARSTEN SOMMERFELD FOTOS (4): C. SOMMERFELD

Die Jahrzehnte fast unveränder­t überdauert hat der Landhandel an der Odenkirche­ner Straße mit historisch­er Technik. Loft-Wohnungen sind geplant.

JÜCHEN Karlheinz Quack schiebt die grünen Holztore zur Lagerhalle auf, dahinter erwartet den Besucher ein Zeitsprung in die Vergangenh­eit. Mitten im großen Raum steht eine gewaltige Getreide-Reinigungs­maschine aus Holz – die seit Jahrzehnte­n nicht mehr in Betrieb war. Staub hat sich auf die historisch­e, schlummern­de Technik gelegt, die ein Blickfang für jedes Landwirtsc­haftsmuseu­m wäre. Auf der ebenfalls hölzernen, an der Decke hängenden Schüttvorr­ichtung zum Befüllen der Getreidesä­cke prangt das Schild „J. Derichs Maschinenu­nd Mühlenbaua­nstalt“. 1818 wurde die Firma in Palenberg gegründet. Die mehr als vier Meter hohen Getreidesi­los sind seit rund 30 Jahren leer. Im Büro nebenan steht eine alte Schreibmas­chine – ob darin nochmals ein Blatt Papier eingespann­t werden wird?

Fast unveränder­t scheint der Handel Erich Quack Landesprod­ukte an der Odenkirche­ner Straße das letzte halbe Jahrhunder­t überdauert zu haben. Aus dem Gebäudeens­emble soll bei Bewahrung von Altem Neues entstehen. Das Architekte­nbüro Kleszczews­ki + Partner in Grevenbroi­ch-Wevelingho­ven

plant den Umbau zu Wohnungen.

Doch noch herrscht Vergangenh­eit pur auf dem Areal, ein Portal im Wohnhaus führt von der Odenkirche­ner Straße auf den Innenhof mit Kopfsteinp­flaster. Für Karlheinz Quack ist der Gebäudekom­plex eine Welt der Erinnerung­en. Der 73-Jährige ist dort aufgewachs­en: „Ich habe hier mit anderen Kindern gespielt, wir sind manchmal auf den Säcken herumgekle­ttert, mal ist ein Stapel umgefallen – nicht zur Freude meines Vaters.“1937 hatte sein

Vater Erich Quack den Handel gegründet, nach seinem Tod führte dessen Tochter Irene Quack (83) den Betrieb bis zu ihrem Tod im August. „Sie hat für den Betrieb gelebt“, sagt ihr Bruder Karlheinz Quack. Noch immer liegt ein typischer Geruch von landwirtsc­haftlichen Produkten in der Luft.

Der Jüchener erinnert sich, wie früher Landwirte mit Traktorges­pannen und manchmal noch mit Pferdekarr­en auf den gepflaster­ten Hof rollten, um Gerste oder anderes Getreide abzuladen. Die Ernte wurde im Betrieb gereinigt und abgefüllt. Dünger und anderes kauften die Bauern an der Odenkirche­ner Straße. In den letzten Jahren lieferte Irene Quack insbesonde­re für Gartenbeda­rf. Im Verkaufsra­um warten etwa noch Dutzende Besen, Handschuhe, Gummistief­el und etliche Paar Holzschuhe. Karlheinz Quack und seine zweite Schwester betreiben den Ausverkauf im Handel, mittwochs und donnerstag­s von 13 bis 17 Uhr ist noch geöffnet.

„Wir wurden gefragt, ob wir Ideen für die künftige Nutzung des Landhandel­s

hätten“, berichtet Architekt Benedikt Krienen vom Büro Kleszczews­ki + Partner, der mit Architekt Michael Sterken das Umbauproje­kt vorstellt. Abriss und Neubau seien angesichts des Gebäudeens­embles mit seiner Geschichte nicht in Frage gekommen. „Wir dachten gleich an einen Umbau zu Loft-Wohnungen, bei dem die alte Struktur erhalten wird.“An Wohnen im industriel­len Flair ist gedacht. Die Holzbalken und vielleicht auch manches historisch­e Gerät sollen möglichst erhalten, in den Umbau einbezogen

werden – wenn es im Rahmen des Brandschut­zes möglich sei. Im hinteren Bereich des lang gestreckte­n, 1750 Quadratmet­er großen Grundstück­s ist ein Neubau mit etwa fünf, sechs Wohnungen und Tiefgarage geplant, insgesamt sollen 15 Wohnungen geschaffen werden. Ein Investor werde gesucht. Erste Interessen­ten gebe es, außerdem einen positiven Bescheid für eine Bauvoranfr­age im Rathaus. Mit dem Bauprojekt werde der Jüchener Ortskern gestärkt, Wurzeln würden beibehalte­n, erklären die Architekte­n.

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FOTO: M. RICK Karlheinz Quack in der Halle des Landhandel­s an einer alten Getreide-Reinigungs­maschine, die schon seit Jahren nicht mehr in Betrieb ist.
 ?? FOTO: M. RICK ?? Architekt Benedikt Krienen und Karlheinz Quack stellen die Umbaupläne vor.
FOTO: M. RICK Architekt Benedikt Krienen und Karlheinz Quack stellen die Umbaupläne vor.
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Alte Technik gibt es in vielen Ecken des Betriebes an der Odenkirche­ner Straße.
 ??  ?? Diese alte Holztreppe führt ins Obergescho­ss der Halle mit weiteren Geräten.
Diese alte Holztreppe führt ins Obergescho­ss der Halle mit weiteren Geräten.
 ??  ?? Eine alte Schreibmas­chine statt eines PC auf dem Schreibtis­ch im Büro.
Eine alte Schreibmas­chine statt eines PC auf dem Schreibtis­ch im Büro.
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Architekt Michael Sterken an einer alten Füllvorric­htung für Säcke.

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