Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
So feiern andere Kulturen das Weihnachtsfest
Es sind christliche Feiertag. Weihnachten spielt aber auch bei Mönchengladbachern mit einem anderen kulturellen Hintergrund eine Rolle. Sechs Beispiele.
MÖNCHENGLADBACH Weihnachten ist das Fest der Liebe. Des Zusammenhalts. Der Fürsorge. Und doch feiern viele Deutsche Weihnachten vor allem als Familienfest. Den Heiligen Abend mit Freunden zu verbringen, ist nicht die klassische Form. Doch wie sieht die eigentlich aus an diesem christlichen Fest? Und wie begehen Mönchengladbacher, die in dem Land ihrer Geburt andere Traditionen kennengelernt haben, diese Feiertage – wenn nicht gerade die Corona-Beschränkungen manches unmöglich machen?
Kauthami Sinnathurays Eltern kommen aus Sri Lanka. „Ich bin auch hinduistisch aufgezogen worden“, sagt die 30-Jährige. „Weihnachten gab es bei uns trotzdem immer einen Tannenbaum, den haben wir mit Lichterketten dekoriert, auch einen Adventskranz hatten wir immer.“Besonders erinnert sie sich an den tamilischen Chor, dessen Mitglieder für gewöhnlich auch in ihrer Muttersprache singen. „Das Publikum bestand zwar nur aus Tamilen, wir haben aber christliche Lieder gesungen“, sagt Sinnathuray. Für sie ist Weihnachten vor allem eine Zeit, in der die Familie zusammenkommt. „Wir beschenken uns auch, aber über ein Zufallssystem – wir würfeln, wer welches Geschenk bekommt“, erklärt sie. „Man kann hinterher auch tauschen.“Zu den Feiertagen gebe es ein indisches Reisgericht mit Garnelen. „Das ist ähnlich wie Risotto“, sagt sie.
Ekaterina Mozhaeva ist gebürtig sowjetische Russin. „Wir waren Atheisten, haben aber Silvester, Nikolaus und Weihnachten immer zusammen gefeiert, quasi in einer großen Party über mehrere Tage“, sagt die 66-Jährige. Über eine Freundin, die sie über ihre Tätigkeit als Clownin kannte, entdeckte sie Weihnachten als Familienfest. „Ich finde es sehr schön, wenn alle zusammenkommen.“Sie selbst sei aber Weihnachten und Silvester nur selten zu Hause gewesen. „Meistens war ich arbeiten – aber in diesem Jahr fällt das ja aus.“Dafür hat ihre Clown-Figur Antoschka den Weihnachtsmann getroffen. „Darüber haben wir einen Film aufgenommen.“Ihren Ficus hat Mozhaeva wie einen Tannenbaum dekoriert. In diesem Jahr feiere sie Weihnachten eher ruhig: Die Enkelkinder sind zu Besuch. „Ansonsten genieße ich den Tag für mich und die Stille, vielleicht mit einem Champagner in der Badewanne.“
Für Yasar Alak aus der Türkei ist Weihnachten ein ganz normaler Tag.
Anders aber für seine Kinder. „Meine Töchter sind Heiligabend bei Freundinnen eingeladen. Schon seit einigen Jahren feiern sie dort abends mit. Aber für mich ist es sonst ein ganz normaler Tag“, erklärt er. Silvester allerdings werde auch bei den Alaks gefeiert.
Ähnlich sieht es bei Sedik Salimi aus. Der 39-Jährige hat afghanische Wurzeln, ist in Solingen aufgewachsen. „Wir feiern die islamischen Feiertage, dann bekommen die Kinder auch Geschenke“, sagt er. Allerdings bedeutet Weihnachten für ihn Familienzeit. „Wir verbringen die Feiertage gemeinsam, entpannen etwas vom Stress, genießen die Besinnlichkeit der Zeit.“Er selbst schmücke zwar nicht, mag aber die Dekoration – und Bratäpfel.
Ezzaldin Alazzeh aus Palästina hat Weihnachten normalerweise auch Geselligkeit auf dem Plan. „Es gibt immer ein Treffen von der palästinensischen Gemeinde Mönchengladbach“, sagt er. Die Kinder bekämen kleine Geschenke, man sitze zusammen, jeder bringe etwas zu essen mit. „In Palästina feiern Christen und Muslime gemeinsam Weihnachten und Zuckerfest, da fragt man gar nicht nach der Religion“, sagt er. „Das fände ich hier auch schön. Es ist ja wichtig, offen zu bleiben.“
Said Issa stammt aus Eritrea. Er kam vor fast 40 Jahren als Jugendlicher nach Mönchengladbach, kannte als Muslim Weihnachten von den katholisch geprägten Gegenden seines Heimatlandes. „Das erste Mal habe ich es im Kinderheim gefeiert“, erinnert er sich. „Ich habe noch kein Wort Deutsch verstanden und bekam ein Wörterbuch geschenkt.“Inzwischen habe das Fest auch in seiner Familie und durch Freunde bei ihm Einzug gehalten. „Wir sind immer bei einer Freundin, die auch einen Christbaum und Geschenke für die Kinder hat“, sagt er. Eine besondere Tradition: „Wir rösten rohe Kaffeebohnen selbst und machen mit einer speziellen Maschine eine Zeremonie von eineinhalb bis zwei Stunden daraus“, sagt er. Auch etwas Besonderes zu essen gebe es: eine Art zerteiltes Suppenhähnchen mit dünnen Brotfladen, Eiern und gekochtem Gemüse.