Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Von Bhutan lernen
Die Marktlücke der Zukunft heißt: Digitalisierung und Demokratie versöhnen.
Mit der Digitalisierung verhält es sich wie mit vielen revolutionären Neuerungen, ob Dampfmaschine, Auto oder Atomkraft: Eines Tages verfliegt die Begeisterung, Nebenwirkungen werden sichtbar, Menschen verlangen Schutz und Regeln. Hier kommt Deutschland ins Spiel. Schutz und Regeln können wir gut. Die Marktlücke der Zukunft: Digitalisierung mit Demokratie zu versöhnen, die soziale Marktwirtschaft um das Ökologische und das Digitale erweitern. Kluge neue Bildung erfinden, Grundgesetz und Überwachungsdrang harmonisieren. Der kleine Himalaya-Staat Bhutan ist bekannt für seine eigene Weise, den Erfolg von Politik zu bestimmen. Die Qualität des monarchischen Regierens bemisst sich am Wohlbefinden der Bürger. Geht es dir 2021 besser als 2020? Das Statistisch-Ökonomische ist ein Baustein, aber nicht Zentralwert. Meine Vision: Deutschland verständigt sich auf seine eigene Bhutan-Strategie. Bei jeder politischen Entscheidung wird fortan gefragt: Wird das Wohlbefinden des Einzelnen und der Gemeinschaft gefördert? Welche digitale Lösung ist hilfreich, welche führt in die Irre? Sollten sich Hinweise verdichten, dass massenhafter Konsum sozialer Medien die Menschen dumm und wirr macht, dann muss der Gebrauch, wie bei anderen Sucht- und Genussstoffen auch, limitiert werden. Diese Bhutan-Strategie dreht sich nicht nur um Kennzahlen, sondern hat fundamentale Fragen im Blick: Sind unsere Errungenschaften bedroht? Wo wachsen Monopole heran? Wie erhalten wir unsere Stärken, etwa Vielfalt, ob in der Kultur, in den Fußgängerzonen oder in den Köpfen? Welche Bildung bietet eine schlaue Mischung aus Analogem und Digitalem? Und wie soll ein unabhängiges Mediensystem aussehen, das dem Zusammenhalt dient und nicht als Bühne für Hass und Manipulation? Ist Tempo ein Wert an sich? Sind Menschen wirklich nur Konsumenten? Wie wollen wir wirklich leben?