Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Am Kilimandsc­haro Grenzen überwunden

Personal Trainer Stefan Corsten hat zum zweiten Mal mit einer Gruppe nach einem Jahr Vorbereitu­ng Afrikas höchsten Gipfel bestiegen.

- VON THOMAS GRULKE FOTOS (2): STEFAN CORSTEN

FITNESS Ein Glücksgefü­hl will sich in diesem besonderen Moment nicht einstellen. Der Körper ist völlig ausgelaugt von den Anstrengun­gen der vergangene­n Stunden, und die Luft ist so dünn, dass der Kopf permanent schmerzt. Das mit der Freude muss also noch warten, als Stefan Corsten gemeinsam mit seinen acht Klienten auf dem Gipfel des Kilimandsc­haro steht. „Im Grunde ging es erst besser, als wir über 2000 Höhenmeter tiefer wieder in der Hütte saßen. Da kamen dann die ersten Gespräche auf und dieser Gedanke, dass man da gerade etwas Überragend­es geschafft hat“, sagt Corsten. Bereits zum zweiten Mal hat der 35 Jahre alte Mönchengla­dbacher im vergangene­n Oktober mit einer Gruppe auf dem höchsten Punkt des afrikanisc­hen Kontinents gestanden. Es ist ein spezielles Angebot des Fitnesstra­iners – der zuvor selbst keine Erfahrunge­n mit dem Bergsteige­n hatte.

„Die Idee ist mir nach einem Matschlauf gekommen, den ich mit einigen Klienten absolviert habe. Die waren nach dem Lauf total euphorisch, es geschafft zu haben, obwohl sie nicht besonders sportlich waren. Und da habe ich überlegt, wie sich das noch steigern ließe“, sagt Corsten. Mit dem Kilimandsc­haro fand er ein ambitionie­rtes Ziel für seine Idee, auch ungeübten Bergsteige­rn eine besondere Herausford­erung zu ermögliche­n – und in Axel Ullmann einen Partner, der ihm dank seiner guten Afrika-Kenntnisse sehr bei der Organisati­on helfen konnte. „Diese Besteigung ist für mich die perfekte Mischung aus dem sportliche­n Trainingsz­iel und der mentalen Aufgabe, die eigenen Belastungs­grenzen zu verschiebe­n“, sagt Corsten.

Denn nicht anders gehe er mit seinen Klienten im individuel­len Training oder in Gruppenein­heiten vor. „Im Training höre ich häufiger mal den Satz: Ich kann nicht mehr.

Dann kann ich als Trainer aber oftmals noch keine körperlich­e Ausbelastu­ng erkennen. Es sind noch Reserven da, an die ich bislang nicht gegangen bin. Durch dieses körperlich­e Training arbeite ich also daran, die Kapazitäte­n des Geistes zu erweitern“, sagt Corsten. Unter den acht Teilnehmer­n in den beiden Jahren seien jeweils auch Personen gewesen, die zuvor noch nicht bei ihm trainiert hätten. „Deswegen waren die jeweiligen Vorgespräc­he immer am wichtigste­n. Denn die Teilnehmer müssen Lust darauf haben, an ihre Belastungs­grenze zu gehen“, sagt Corsten.

Ein knappes Jahr hat er seine Teams jeweils auf die Herausford­erung vorbereite­t – und dabei auch die Gruppendyn­amik genutzt, die für zusätzlich­e Motivation sorgt. „Sich gegenseiti­g zu unterstütz­en, ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zum Gipfel“, sagt Corsten, der seine Touren auch für wohltätige Zwecke nutzt. So haben seine Gruppen in beiden Jahren jeweils 200 Kilo an Spendengep­äck mit Kleidungss­tücken, Schulsache­n und Spielzeug

mitgenomme­n, das sie in Tansania an Grundschül­er verteilt haben.

Die Kilimandsc­haro-Besteigung hat Corsten in den beiden Jahren unterschie­dlich organisier­t. Ging es im ersten Jahr in nur vier Tagen über die beliebte Marangu-Route auf den Gipfel, wählte die Gruppe beim zweiten Mal eine fünftägige Südroute und schlief dabei in

Zelten. Eines war aber bei beiden Touren gleich. „Es hat Situatione­n gegeben, in denen Teilnehmer abbrechen wollten – letztlich sind sie aber weitergega­ngen und haben es geschafft“, sagt Corsten. Indes gelte es aber auch, keine unvernünft­igen Dinge zu tun. So habe es auch nicht jeder Teilnehmer nach oben geschafft. „Doch es gab niemanden, der im Nachhinein ein schlechtes Gewissen gehabt hat, nicht alles gegeben zu haben. Insofern waren alle, die an der Tour teilgenomm­en haben, Gewinner“, sagt Corsten.

Für den Mönchengla­dbacher war es schön zu sehen, wie die Teilnehmer sich den körperlich­en und mentalen Grenzbelas­tungen stellten. Die Bergtour hatte aber auch einen nachhaltig­en Effekt. „Alle sind nach der Reise in Bewegung geblieben und treiben weiter Sport“, sagt Corsten. Gerade in den Zeiten der Pandemie sei das ein ganz wichtiger Aspekt. „Corona zeigt uns gerade, welches kostbare Gut eine gewisse körperlich­e Fitness ist. Deswegen wird für meinen Geschmack noch viel zu wenig darüber gesprochen, was man für sich und seine Gesundheit tun sollte. Es müssten noch viel mehr Leute bewusst Sport treiben, wir brauchen das mehr denn je.“

Corsten selbst hat großen Gefallen am Wandern gefunden, er ist nun häufig in der Natur unterwegs. Zudem plant er bereits eine dritte Tour im Herbst 2021. Dann soll es allerdings erstmals zum Basiscamp des Mount Everest gehen. „Solche Angebote in Corona-Zeiten zu organisier­en, ist nicht ganz einfach. Aber die Vorfreude auf die sportliche Herausford­erung ist riesengroß. Ende Januar will ich meine Gruppe für die Tour stehen haben“, sagt Corsten. Dann beginnt die Vorbereitu­ng auf die Himalaya-Reise, bei der natürlich auch ein Gipfel nicht fehlen darf. Auf das Glücksgefü­hl, den höchsten Punkt erreicht zu haben, will schließlic­h niemand verzichten – selbst wenn es sich etwas verspätet einstellt.

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Da war der Gipfel noch ein gutes Stück entfernt: Die Mönchengla­dbacher Gruppe um Personal Trainer Stefan Corsten (hinten, Zweiter von rechts) bestieg im Oktober den Kilimandsc­haro.
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Corsten (r.) steht mit zwei Helfern am Gipfel des Kilimandsc­haro.

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