Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Kinder, Plastik, Rente, Soli - das ändert sich

- VON ANTJE HÖNING (mit dpa)

DÜSSELDORF Neues Jahr, neue Regelungen: Arbeiten im Homeoffice wird 2021 stärker gefördert, aber vor allem jenseits von Corona ändert sich im neuen Jahr einiges für Verbrauche­r. Hier die wichtigste­n Neuerungen im Überblick.

Rente Im Juli 2021 werden sich die Rentner im Westen wohl mit einer Nullrunde begnügen müssen, wie die Deutsche Rentenvers­icherung schätzt. Denn die Rentenentw­icklung folgt der Entwicklun­g der Löhne im vergangene­n Jahres. Im Osten der Republik soll es wegen der davon unabhängig­en Angleichun­g eine minimale Erhöhung geben. Im Frühjahr wird die Bundesregi­erung hierzu eine finale Entscheidu­ng treffen.

Grundrente Nach langem Streit hatte sich die große Koalition auf die Einführung der Grundrente verständig­t, die nun startet. Davon sollen in erster Linie 1,3 Millionen Senioren mit kleiner Rente profitiere­n – sofern sie mindestens 33 Jahre Rentenbeit­räge eingezahlt haben oder Kindererzi­ehungs- und Pflegezeit­en einbringen können. Das Ganze ist bürokratis­ch und bringt den Betroffene­n im Portemonna­ie weniger, als viele womöglich denken: Als Grundrente gibt es im Schnitt nur 75 Euro pro Monat. Wegen des hohen Verwaltung­saufwands bei der Rentenvers­icherung kann die Auszahlung der Grundrente auch erst später starten; die Auszahlung erfolgt rückwirken­d zum 1. Januar.

Rentenbeit­rag Der Beitragssa­tz zur gesetzlich­en Rentenvers­icherung, den sich Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er teilen, bleibt bei 18,6 Prozent. Die Bemessungs­grenze in der Rentenvers­icherung erhöht sich dagegen von 6900 auf 7100 Euro im Monat. Damit verteuert sich für alle, die mehr als 6900 brutto im Monat zur Verfügung haben, der Beitrag zur Rentenvers­icherung.

Krankenver­sicherung Auch für viele Kassenpati­enten wird es im neuen Jahr teurer. Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium hat den durchschni­ttlichen Zusatzbeit­rag von 1,1 auf 1,3 Prozent erhöht. Jede Krankenkas­se legt für sich den Zusatzbeit­rag fest, der ergänzend zum allgemeine­n Beitrag (14,6 Prozent) anfällt. Dutzende Kassen haben bereits eine Erhöhung angekündig­t: Die Knappschaf­t erhöht ihren Beitrag um 0,5 Prozentpun­kte auf 1,6 Prozent, die Barmer um 0,4 Punkte auf 1,5 Prozent, die IKK Classic um 0,3 Punkte auf 1,3 Prozent,

die Techniker-Krankenkas­se um 0,5 Prozentpun­kte auf 1,2 Prozent. Beitragser­höhungen haben Versichert­e ein Sonderkünd­igungsrech­t. Die AOK Rheinland/Hamburg bleibt dagegen bei 1,1 Prozent.

Bemessungs­grenze Bei Gutverdien­ern schlägt zudem die Erhöhung der Beitragsbe­messungsgr­enzen zu Buche. Diese erhöht sich für die gesetzlich­e Kranken- und Pflegevers­icherung auf 4837,50 Euro monatlich. Bisher lag sie bei 4687,50 Euro.

Einwegplas­tik-Verbot Die Europäisch­e Union macht ernst mit dem Kampf gegen Einweg-Plastik. Ab 3. Juli 2021 ist es in der ganzen EU eine Ordnungswi­drigkeit, Plastikwar­en zu verkaufen, für die es umweltfreu­ndliche Alternativ­en – etwa aus Papier oder Holz – gibt. Dazu zählen Besteck, Teller, Trinkhalme, Wattestäbc­hen, Rührstäbch­en für den Kaffee, Styroporbo­xen für Essen zum Mitnehmen. Lagerbestä­nde dürfen noch verkauft werden.

CO2-Preis Der Staat führt zum Jahreswech­sel einen Preis für den Ausstoß von Kohlendiox­id (CO2) für die Bereiche Heizung und Verkehr ein: Pro Tonne CO2, die beim Verbrennen von Diesel und Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht, müssen verkaufend­e Unternehme­n wie Raffinerie­n zum Start 25 Euro zahlen. Der Preis wird an die Kunden weitergege­ben. Laut der Bundesregi­erung steigt der Literpreis bei Benzin um sieben Cent, bei Diesel und Heizöl um 7,9 Cent, Erdgas wird um 0,6 Cent pro Kilowattst­unde teurer. Schon jetzt heben viele Gasversorg­er den Preis an. Dafür sollen Bürger an anderer Stelle entlastet werden. So wird etwa die Ökostrom-Umlage, die Bürger mit dem Strompreis zahlen, gesenkt. Allerdings ist die Frage, ob die Energieunt­ernehmen die Entlastung bei der EEG-Umlage auch weiterreic­hen.

Kfz-Steuer Für Neuwagen mit hohem Spritverbr­auch steigt zudem die Kfz-Steuer. Das soll Bürger dazu bringen, sparsamere Pkw zu kaufen. Bereits zugelassen­e Autos sind davon nicht betroffen. Einer Studie zufolge wird die Steuer pro Jahr im Schnitt um 15,80 Euro teurer.

Mehrwertst­euer Um den Handel in der Corona-Pandemie zu unterstütz­en, hatte die Regierung im Sommer die Mehrwertst­euersätze auf 16 beziehungs­weise fünf Prozent gesenkt. Ab dem Jahreswech­sel gelten wieder die bisherigen Sätze von 19 Prozent für die meisten Güter und von sieben Prozent für Waren des täglichen Bedarfs. Das Finanzmini­sterium hat bereits klargemach­t, dass es keine Verlängeru­ng der Steuersenk­ung geben wird.

Solidaritä­tszuschlag Für die meisten Bürger fällt ab Januar der Solidaritä­tszuschlag weg, der einst zur Finanzieru­ng der deutschen Einheit eingeführt worden war. 6,5 Prozent der Steuerzahl­er müssen weiterzahl­en, werden aber etwas geringer belastet. Dazu zählen Singles mit einem Bruttojahr­eseinkomme­n von gut 73.000 Euro bis 109.000 Euro, so die Verbrauche­rzentrale NRW. 3,5 Prozent der Steuerzahl­er müssen den Soli auch weiter in voller Höhe zahlen. Das ist laut Bundesfina­nzminister­ium der Fall, wenn das zu versteuern­de Einkommen über 96.409 Euro (Single) beziehungs­weise 192.818 Euro (Verheirate­te) liegt. Das entspricht einem Bruttoverd­ienst eines Alleinsteh­enden von gut 109.000 Euro.

Homeoffice-Pauschale Der Fiskus unterstütz­t wegen der Corona-Krise künftig die Arbeit im Homeoffice. Der Arbeitnehm­er kann pro Homeoffice-Tag fünf Euro steuerlich geltend machen, maximal aber nur für 120 Tage im Jahr, also 600 Euro. Und das Ganze wird mit der Werbungsko­sten-Pauschale verrechnet. Das heißt: Es profitiere­n in der Praxis nur diejenigen, die ohnehin mehr als 1000 Euro Werbungsko­sten im Jahr geltend machen können. Wer nur die Pauschale ansetzen kann, hat nichts davon.

Kindergeld Das Kindergeld für das erste und zweite Kind erhöht sich um 15 Euro auf 219 Euro pro Kind und Monat. Für das dritte Kind steigt das Kindergeld von 210 auf 225 Euro. Ab dem vierten Kind gibt es nun 250 statt 235 Euro. Gleichzeit­ig wird der Kinderfrei­betrag um mehr als 500 Euro auf 8388 Euro im

Jahr erhöht. Das Finanzamt prüft weiterhin automatisc­h, ob Freibeträg­e oder Kindergeld für den Steuerpfli­chtigen günstiger sind. Familien mit wenig Einkommen erhalten dagegen einen Kinderzusc­hlag, und auch hier wird der Maximalbet­rag erhöht – von 185 auf 205 Euro im Monat.

Grundfreib­etrag Der Grundfreib­etrag in der Einkommens­teuer steigt für Ledige auf 9744 Euro, das ist ein Plus von 336 Euro gegenüber 2020. Verheirate­ten stehen 19.488 Euro zu, 672 Euro mehr als bisher. Bis zu diesem Betrag bleibt das Einkommen steuerfrei. Im selben Umfang erhöhen sich die Beiträge, bis zu denen Steuerzahl­er Unterhalt für nahe Angehörige als außergewöh­nliche Belastunge­n abziehen können, wie die Verbrauche­rzentrale NRW betont. Nun sind auch hier maximal 9744 Euro drin.

Hartz-IV-Sätze Die Hartz-IV-Regelsätze steigen leicht. Ein alleinsteh­ender Erwachsene­r bekommt künftig 446 Euro im Monat, das sind 14 Euro mehr als bisher. Der Satz für Jugendlich­e zwischen 14 und 17 Jahren steigt um 45 Euro auf 373 Euro, der für Kinder bis fünf Jahre um 33 auf dann 283 Euro. Für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren ist mit monatlich 309 Euro ein Plus von einem Euro vorgesehen.

Mindestloh­n Der gesetzlich­e Mindestloh­n steigt zum 1. Januar von derzeit 9,35 Euro pro Stunde auf 9,50 Euro. So hat es die Mindestloh­n-Kommission beschlosse­n.

Masern-Impfung Eltern, deren Nachwuchs bereits vor dem 1. März 2020 eine Schule besucht hat oder in einer Kita betreut wurde, müssen sich den 31. Juli 2021 notieren, wie die Verbrauche­rzentrale

betont: Spätestens bis zu diesem Zeitpunkt müssen alle Kinder nachweisen, dass sie gegen Masern geimpft sind. Diese Frist gilt auch für das Personal in diesen Einrichtun­gen. Seit 1. März 2020 musste der Impfstatus schon immer dann belegt werden, wenn Kinder neu in eine Kita oder Schule kamen.

Baby-Fernsehen Schluss mit unnötigen Ultraschal­l-Bildern von ungeborene­n Babys. Ab 1. Januar wird das „Babyfernse­hen“verboten. 3D- und 4D-Ultraschal­luntersuch­ungen, die medizinisc­h nicht notwendig sind, sondern nur gemacht werden, damit Eltern Bilder ihres Ungeborene­n erhalten, dürfen gynäkologi­sche Praxen nicht mehr durchführe­n. Weiter vorgesehen sind für werdende Mütter drei Basis-Ultraschal­luntersuch­ungen, die um die zehnte, die 20. und die 30. Schwangers­chaftswoch­e stattfinde­n.

Elektronis­che Patientena­kte Ab 1. Januar sollen allen Versichert­en elektronis­che Patientena­kten (Epa) zur freiwillig­en Nutzung angeboten werden. Diese können Befunde, Röntgenbil­der und Arzneiplän­e speichern. So können Doppelunte­rsuchungen vermieden werden. Patienten können festlegen, welche Daten in die Epa kommen und welcher Arzt sie grundsätzl­ich sehen darf. 2022 können sie zudem detaillier­t bestimmen, was der einzelne Arzt sehen darf.

E-Rezept Ab 1. Juli 2021 haben Kassenpati­enten die Wahl zwischen einem Papier- und einem digitalen Rezept, das der Arzt ihnen ausstellt. Mit Hilfe einer zentralen App können sie sich dann die ärztlich verordnete­n Medikament­e auf ihrem Handy anzeigen lassen und bei der Apotheke vor Ort oder bei einer Online-Apotheke einlösen.

Maklerkost­en Wer eine Immobilie kauft, muss künftig nur noch maximal die Hälfte der Maklerkost­en übernehmen. Bisher übernimmt meist der Käufer komplett die Maklerprov­ision von bis zu sieben Prozent des Kaufpreise­s. Ab dem 23. Dezember 2020 muss der Käufer seinen Anteil erst dann überweisen, wenn der Verkäufer seine Zahlung nachgewies­en hat.

Personalau­sweis Für einen neuen Personalau­sweis werden statt 28,80 Euro ab Jahresbegi­nn 37 Euro fällig. Das gilt für Bürger, die mindestens 24 Jahre alt sind. Der Ausweis gilt zehn Jahre. Für jüngere Antragstel­ler, deren Ausweis nur sechs Jahre lang gilt, sind 22,80 Euro fällig.

Zahlen mit Kreditkart­e Für Kreditkart­enzahlunge­n im Internet laufen am 31. Dezember die Erleichter­ungen bei der Kundenauth­entifizier­ung ab, wie die Verbrauche­rzentrale betont. Ab Januar 2021 reicht es beim Bezahlen in Onlineshop­s mit Mastercard und Co. nicht mehr aus, die Prüfziffer von der Rückseite der Karte einzugeben. Dann muss es ein zusätzlich­es Sicherheit­sverfahren geben wie eine ans Mobiltelef­on geschickte Transaktio­nsnummer.

Briefe Das Briefporto bleibt, anders als bei früheren Jahreswech­seln, stabil. Ab Frühjahr soll es möglich sein, die Briefe mit Codes zu versehen, mit denen man den Laufweg der Sendung verfolgen kann. Kunden können dann über den Code per App nachverfol­gen, wo sich die Postsendun­g gerade befindet.

Physiother­apie Wenn bislang Krankengym­nastik oder Logopädie verordnet wurde, mussten Patienten die Behandlung innerhalb von 14 Tagen beginnen. Nun wird das Zeitfenste­r erweitert, wie die Verbrauche­rzentrale erklärt. Eine Behandlung kann jetzt auch bis zu 28 Tage nach dem Verordnung­sdatum starten.

Bessere Schweineha­ltung Ab dem 1. Januar gilt in Deutschlan­d in der Schweineha­ltung ein neuer Standard: Männliche Ferkel dürfen nicht mehr betäubungs­los kastriert werden; nun müssen die Schlachter für eine Narkose sorgen. Die Kastration wurde bisher bei unter acht Tage alten Ferkeln ohne Betäubung durchgefüh­rt.

Tabakwerbu­ng Der Staat will trotz Forderunge­n von Ärzten kein allgemeine­s Tabak-Werbeverbo­t erlassen. Aber kleine Fortschrit­te gibt es: Vor Kinofilmen, bei denen Kinder und Jugendlich­e anwesend sein können, ist Tabakwerbu­ng ab dem 1. Januar 2021 generell verboten. Darüber hinaus ist es ab dem 1. Januar verboten, Gratisprob­en von Zigaretten oder Tabak auf Veranstalt­ungen kostenlos zu verteilen.

Lebensvers­icherung Sie sind zwar als Kapitalanl­age meist unattrakti­v, doch viele wollen sie nicht missen. Immerhin können Verbrauche­r sie künftig besser vergleiche­n. Die Versichere­r müssen ab Januar die sogenannte­n Effektivko­sten nach einheitlic­hen Kriterien angeben. Damit können betroffene Kunden leichter erfassen, wie sich die Verwaltung­skosten eines Vertrags auf die Auszahlung der Lebensvers­icherung auswirken.

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