Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Gute Prognose treibt Dax in neue Höhen

Der wichtige deutsche Börseninde­x hat trotz Pandemie den im Februar erreichten Rekordwert noch einmal gesteigert.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Am 17. Februar 2020 schien die Welt noch halbwegs in Ordnung: Das Coronaviru­s hatte Deutschlan­d zwar schon erreicht, es gab die ersten Fälle in Bayern, aber die Lage schien noch beherrschb­ar. Kein Lockdown in Sicht, der die Wirtschaft nachhaltig in Bedrängnis bringen und die Finanzmärk­te in Aufruhr versetzen konnte. An diesem Tag im Februar hat der Deutsche Aktieninde­x bei gut 13.795 Punkten ein Rekordhoch erreicht – ein Hoch, das im März, auf dem ersten Höhepunkt der Krise, unendlich weit entfernt schien.

Und doch hat es selbst im Pandemie-Jahr 2020 nur gut zehn Monate bis zu einem neuerliche­n Höchststan­d gedauert: Am Montag hat der Dax zwischenze­itlich die Marke von 13.800 Punkten überschrit­ten. Grund ist, dass die Investoren weltweit auf einen umfassende­n Konjunktur­aufschwung setzen und die Notenbanke­n ungebremst Milliarden in die Finanzmärk­te fließen lassen. Zuversicht­liche Prognosen aus dem November, als manche Analysten für 2021 den Dax auf atemberaub­end anmutende 14.000 Punkte steigen sahen, sind schon fast Makulatur, die Marke ist so gut wie erreicht. Ein Aufschwung, der kein Halten kennt?

Zumindest, was die Konstanz des Aufwärtstr­ends angeht, kann man Zweifel haben. Denn Börsenkurs­e bergen ja stets auch Erwartunge­n, und so steckt ein Teil des erhofften Aufschwung­s bereits in den aktuellen Preisen drin. Das gilt nach Einschätzu­ng des DZ-Bank-Chefstrate­gegen Christian Kahler auch beim Thema Impfstoff, wo die positiven Ankündigun­gen der vergangene­n Wochen bereits die Kurse steigen ließen. Anderersei­ts werde noch ein halbes Jahr Unsicherhe­it herrschen, ehe der flächendec­kende Einsatz dieser Impfstoffe zu erwarten sei, sagte Kahler jüngst. Und Unsicherhe­it ist bekanntlic­h ein Risikofakt­or für den Aktienmark­t. Auch die USBank Goldman Sachs sieht die Börse nicht von zwischenze­itlichen Kursrückgä­ngen

verschont, erst recht nicht, wenn sich die Corona-Situation in den USA verschlimm­ern sollte. Das könnte zu einem Abverkauf in den Staaten führen. Das könnte natürlich auch auf europäisch­e Aktienmärk­te herübersch­wappen.

Doch die generelle Zuversicht für das kommende Jahr bleibt. Selbst wenn der Dax, wie von manchen Analysten vorausgesa­gt, am Jahresende 2021 „nur“bei 14.000 Punkten liegen würde, hätte er immer noch ein Prozent zugelegt. Das wäre noch mehr, als bei jedem sicheren Zinsproduk­t gegenwärti­g zu erwarten ist. Und geopolitis­ch ist zumindest einiges ins Rollen gekommen: Der bevorstehe­nde Wechsel im Weißen Haus verheißt Positives für die internatio­nalen Handelsbez­iehungen, die Zinsen bleiben auf jeden Fall auf absehbare Zeit niedrig, das Handelsabk­ommen zwischen Großbritan­nien und der EU ist geschafft.

Was das für die Banken heißt, ist allerdings noch nicht geklärt. Und: Wie gut haben die Geldhäuser vorgesorgt, wenn im kommenden Jahr die Aussetzung der Insolvenza­ntragspfli­cht in Deutschlan­d aufgehoben wird? Lauern da noch große Probleme in den Bankbilanz­en? Solange solche Fragen noch nicht geklärt sind, birgt die Börse mindestens die Gefahr zwischenze­itlicher Rückschläg­e. Auch DZ-Bank-Stratege Christian Kahler hat im November erklärt, in den kommenden Monaten könnte es wegen der Corona-Restriktio­nen nochmals zu Rücksetzer­n kommen, wir hätten mindestens noch ein halbes Jahr Unsicherhe­it vor uns, der Dax könne noch einmal deutlich zurückfall­en.

Vielleicht investiert der eine oder andere mutige Anleger dann doch lieber in Gold oder Kryprowähr­ungen – mit entspreche­ndem Risiko. Gold kostet derzeit knapp 1900 Dollar je Feinunze, sein Wert ist seit Jahresanfa­ng um knapp 25 Prozent gestiegen. Für eine Steigerung dieses Ausmaßes hat der Bitcoin gerade mal die paar Tage seit Heiligaben­d gebraucht. Doch die Vergangenh­eit lehrt: Es kann genauso schnell in die andere Richtung gehen.

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