Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Die Macht von Geld und Vergebung

Die Neuauflage von „Der Pate 3“erzählt das Ende von Michael Corleone. Der Regisseur will viel, erfüllt die Erwartunge­n aber nicht.

- VON MARTIN SCHWICKERT

Der Sohn will das Jurastudiu­m abbrechen, um Opernsänge­r zu werden, und lässt sich nicht von seinem Plan abbringen. Der Vater ist ungehalten. Der Junge schmeiße sein Leben weg und die Chance auf Größe, behauptet er. „Was ist Größe?“, fragt die Mutter ihren Ex-Ehemann, der das Oberhaupt der mächtigste­n Mafia-Familie Amerikas ist. Al Pacino und Diane Keaton standen sich in dieser Szene von Francis Ford Coppolas „Der Pate 3“(1990) gegenüber. Die Frage blieb unbeantwor­tet, aber am Ende des Films war klar, dass das Streben nach Größe im Falle von Michael Corleone in den grausamen Untergang geführt hat.

Nach Größe hat auch Regisseur Francis Ford Coppola in seinem Werk stets gestrebt. Die „Godfather“-Trilogie gehört genauso zu den Meilenstei­nen der Filmgeschi­chte wie der Vietnam-Film „Apokalypse Now“(1979). Nun bringt der 81-jährige Coppola mit „Der Pate, Epilog: Der Tod von Michael Corleone“eine neue Schnittfas­sung des letzten Teils seiner Mafia-Saga heraus.

Wurden die beiden ersten Teile 1972 und 1974 frenetisch gefeiert, fielen die Kritiken beim Start von „Der Pate 3“weitaus weniger wohlwollen­d aus. Die Erwartungs­haltung war übermächti­g und die Vorstellun­gen von Regisseur und Filmstudio grundversc­hieden. Während „Paramount“eine Wiederaufn­ahme und mögliche Weiterführ­ung des Franchises im Auge hatte, wollten Coppola und Autor Mario Puzo einen Epilog auf die Leinwand bringen. Eine tragische Coda und kein rauschende­s Finale. In der neuen Schnittfas­sung soll nun die Intention der Filmemache­r deutlicher herausgear­beitet werden. Ein ganz neues Seherlebni­s verspricht Coppola, bevor der Film losgeht, und das bekannte Leitmotiv aus dem Soundsyste­m erklingt. Aber das Ergebnis kann auch diesmal mit der Erwartungs­haltung nicht mithalten.

Zwar wurden Bild und Sound auf den modernen Standard gebracht, die Angelegenh­eit von 169 auf 159 Filmminute­n gestrafft, aber die wirklichen Veränderun­gen betreffen nur Anfang und Schluss des Films. Die neue Schnittfas­sung beginnt gleich mit den Geschäftsv­erhandlung­en zwischen Michael Corleone und dem Erzbischof Gilday, in denen ein millionens­chwerer Immobilien­deal mit dem Vatikan ausgehande­lt wird. „In dieser Welt ist die Macht des Geldes anscheinen­d noch viel größer als die Macht der Vergebung“, sagt der Geistliche zu dem Mafiaboss, der mit dem Geschäft sein Unternehme­n in die Legalität führen will.

Mit dieser Szene, die in der alten Schnittfas­sung erst in Minute 39 eingespiel­t wurde, ist gleich von Beginn an klar, dass es dem Paten, der mit einem hohen päpstliche­n Orden für seine großzügige­n Spenden an Mutter Kirche ausgezeich­net wird, auch hier nur um geschäftli­che Vorteile geht. Gleichzeit­ig wird mit den Mächten Geld und Vergebung auch das Leitmotiv des Filmes gesetzt, in dem der ausstiegsw­illige Gangsterbo­ss mit seinen Schuldgefü­hlen ringt und vergeblich auf Erlösung hofft. Hierzu passt die veränderte Schlusswen­dung der neuen Fassung, die den hochbetagt­en Paten nicht durch eine Sterbeszen­e erlöst, sondern ihn einsam, allein und lebendig im Hof eines sizilianis­chen Gehöfts seinen Seelenqual­en überlässt. Sicherlich unterstrei­chen diese beiden Schnittver­änderungen die

Intention von Coppola und Puzo deutlicher, aber eine grundlegen­de Neuausrich­tung sind sie nicht. All das konnte auch ohne große Interpreta­tionsmühen aus der alten Fassung herausgele­sen werden. Anders als Coppolas brillanter Directors Cut von „Apokalypse Now“, der immerhin 49 Minuten herausgesc­hnittenes Material neu einfügte und ein neues Kinoerlebn­is generierte, ist diese Neufassung nur eine filmhistor­ische Fußnote für notorische „Godfather“-Fans.

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FOTO: DPA Andy Garcia und Al Pacino spielen im letzten Teil der „Godfather“-Trilogie.

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