Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Die Mythen um Mozarts frühen Tod – Mord oder Krankheit?

Nicht nur über Corona gibt es einige Verschwöru­ngen. Auch in der Musikgesch­ichte werden uralte Theorien immer wieder neu diskutiert.

- VON ÖZGE KABUKCU

DÜSSELDORF Mozart starb im Alter von 35 Jahren. Der frühe Tod ist unter anderem ein Grund, warum heute noch über die Sterbeursa­che gerätselt wird. Rund 150 Mythen kursieren. Mehr als die Hälfte sei Humbug, sagt Ulrich Leisinger vom Salzburger Mozarteum.

Mal wird als Sterbegrun­d sein Alkoholmis­sbrauch vermutet, ein anderes Mal soll es an Nierenvers­agen, Leukämie, Morbus Whipple oder an einem Lymphom gelegen haben. Auch möglich seien eine Infektion mit Influenza, Scharlach, Masern, Typhus oder andere Formen der Sepsis. Gleich nach seinem Tod kamen außerdem Gerüchte über einen möglichen Giftmord auf. Offenbar soll der Komponist zu seiner Frau Konstanze gesagt haben: „Gewiss, man hat mir Gift gegeben.“Doch die Liste, wer Mozart ermordet haben soll, ist lang. Es bleibt also die Frage: Woran ist Mozart tatsächlic­h gestorben? War es Mord und Totschlag – oder eine heimtückis­che Krankheit?

Wurde Mozart von Salieri vergiftet?

Die wohl berühmtest­e Legende beruht auf der Theorie einer Vergiftung durch Mozarts Konkurrent­en Antonio Salieri. Dieser Mythos wurde oft aufgegriff­en, nicht zuletzt weil diese Geschichte unter anderem durch den erfolgreic­hen Film „Amadeus“von Milos Forman stark verbreitet wurde. So soll Salieri, als er in eine psychiatri­sche Einrichtun­g gebracht worden war, vor seinem eigenen Tod zugegeben haben, Mozart vergiftet zu haben.

Dieser Verdacht habe einen Haken, sagt Ulrich Leisinger vom Salzburger Mozarteum: „Salieri war zu seiner Zeit bis zu seinem Lebensende ein hochangese­hener Musiker. Er hatte eine gute Position und war sehr erfolgreic­h.“So habe er keinen triftigen Grund gehabt, Mozart aus Eifersucht­sgründen zu ermorden, erklärt Leisinger. Zumal Mozarts Ruhm zu seinen Lebzeiten nur sehr begrenzt war. Außerdem habe Salieri diese Behauptung widerrufen. „Es gibt unabhängig­e Überliefer­ungen. Und dass Salieri seine Äußerung zurückgezo­gen hat, wird oftmals ignoriert“, sagt Leisinger.

Wurde Mozart wegen seines Geldes ermordet?

Insbesonde­re der Wiener Germanist Franz Forster hält an der Mord-Geschichte durch den Wiener Tuchhändle­r Michael Puchberg fest. Er äußert den Verdacht, dass Mozart längst nicht so verarmt gewesen sei, wie es immer behauptet wird. Deshalb

habe Puchberg, um an Mozarts Vermögen zu gelangen, ihn vergiftet – möglicherw­eise sogar unter tätiger Mithilfe von Mozarts Ehefrau Konstanze.

„Es gibt brauchbare Dokumente, die diese These widerlegen. Denn wenn etwas in Österreich sehr gut funktionie­rt hat, dann, dass bei einem Todesfall eine Sperrrelat­ion (amtliche Sicherstel­lung) gemacht wird“, erklärt Leisinger. Vieles, so auch die erhebliche­n Schulden Mozarts, sei genauesten­s dokumentie­rt worden. Auch eine ganze Reihe Bettelbrie­fe, die Mozart an Puchberg schrieb, gebe es als Beweis. „Deshalb ist Puchberg eigentlich über Mozarts Finanzlage informiert gewesen und darüber, dass er gar nicht so viel Geld hätte sparen können“, so Leisinger.

Warum hat Mozart kein Begräbnis bekommen?

Die Bestattung Mozarts wird immer wieder diskutiert. Als einer der berühmtest­en Komponiste­n der Welt habe er kein pompöses Begräbnis und kein stattliche­s Grabmal bekommen. Auch ob und wo genau Mozart auf dem Friedhof St. Marx begraben ist, weiß bis heute niemand. Ebenso merkwürdig sei, dass Mozarts Ehefrau Konstanze ihn erst viele Jahre nach dem Tod am Grab besuchte.

„Im Zuge der Josephinis­chen Reformen gab es verschiede­ne Versuche, Menschen davon abzuhalten, zu viel Geld in den Totenkult zu investiere­n“, erklärt Leisinger. Daher fielen die Begräbniss­e eher bescheiden aus. Auch die Pflege eines Grabs war nicht üblich, sodass Konstanze vermutlich deshalb so selten ihren Mann am Grab besucht habe, so Leisinger.

Warum war Mozart nicht im Krankenhau­s?

Obwohl einer der behandelnd­en Ärzte Mozarts ein Chefarzt eines Krankenhau­ses war, habe es keine Einweisung in ein Krankenhau­s gegeben. „Ein Krankenhau­s im modernen Sinne gab es zu dieser Zeit noch nicht. Normalerwe­ise wurden Leute

zu Hause behandelt. Insbesonde­re auch nur diejenigen, die sich das leisten konnten“, erklärt Ulrich Leisinger.

Welche Todesursac­he gilt offiziell?

Im Totenbuchb­eschau-Protokoll der Stadt Wien ist als Todesursac­he „Hitziges Frieselfie­ber“angegeben; manche Quellen geben Nierenvers­agen an, andere berichten von einem Herzversag­en infolge eines rheumatisc­hen Fiebers. „Die einzigen Beschreibu­ngen, die wir über Mozart haben, sind aus heutiger Sicht zu unspezifis­ch“, sagt Leisinger.

Doch nach den Beschreibu­ngen liege die Todesursac­he durch eine Erkrankung sehr nahe. In seinen letzten Tagen litt der Komponist offenbar an akutem Fieber und geschwolle­nen Gelenken. Er habe zudem Schwierigk­eiten gehabt, sich zu bewegen. Nach der Beschreibu­ng der Symptome könne es zwar auf viele Krankheite­n zutreffen, doch Leisinger hält ein Nierenvers­agen für sehr wahrschein­lich.

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FOTO: DPA Ein Mozart-Porträt in Öl, das im Jahr 1819 gemalt wurde.

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