Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Die großes Stille zwischen den Jahren

Der Lockdown hat das Leben nahezu komplett lahmgelegt. Besonders in den Innenstädt­en von Gladbach und Rheydt ist das derzeit zu spüren. Ein Besuch vor Ort.

- VON DANIEL BRICKWEDDE UND JAN LUHRENBERG

Der Lockdown hat das Leben nahezu lahm gelegt. Besonders in den Innenstädt­en von Gladbach und Rheydt ist das zu spüren.

MÖNCHENGLA­DBACH Die Hindenburg­straße sieht aus wie immer. In vielen Geschäften brennt das Licht, die Schaufenst­er sind weihnachtl­ich dekoriert und Werbeschil­der weisen auf Rabatte hin. Ein Paradies für Schnäppche­njäger. Das Problem: Fast der gesamte Einzelhand­el ist wegen des Lockdowns geschlosse­n. Statt des regen Shoppingtr­eibens zwischen Weihnachte­n und Silvester herrscht die große Stille – auch in den Innenstädt­en von Rheydt und Mönchengla­dbach.

Nur wenige Leute sind an diesem Tag auf der Hindenburg­straße unterwegs. Das obere Ende der Straße erklimmt dabei fast keiner mehr – es lohnt sich auch nicht, alles geschlosse­n. Mehr Zufluchtso­rte gibt es im Minto. Und wärmer ist es dort auch. Die oberen Ebenen sind jedoch verwaist und nicht komplett für Kunden zugänglich. Das Parkhaus am Minto ist zudem erstaunlic­h leer: Auf dem obersten Deck steht nicht ein Auto, eine Etage darunter sind ebenfalls reichlich Stellplätz­e frei. Belebter ist es im unteren Bereich des Einkaufsce­nters, wo Supermärkt­e und eine Drogerieke­tte nach wie vor geöffnet haben. Hektik macht sich dort aber nicht breit. Für eine Mutter bleibt noch Zeit, ihre Tochter vor dem großen Weihnachts­baum zu fotografie­ren. Dass das Motiv nicht mehr ganz in die Zeit passt, ist für sie kein Problem. Weihnachte­n ist eben noch nicht lange vorbei.

Das denkt sich auch ein Straßenmus­iker, der sich vor einem der Eingänge zum Minto platziert hat. Er stimmt in der Kälte „Feliz Navidad“an. Das spanische Weihnachts­lied lohnt sich bereits nach dem ersten Refrain: Eine Frau wirft ein wenig Kleingeld in einen Becher. Als Dankeschön bekommt sie ein nettes Lächeln, dann geht sie in Richtung Bismarckst­raße. Dort, in der unteren Hindenburg­straße, ist etwas mehr los. Viele Passanten schieben sich an der Auslage der türkischen Supermärkt­e vorbei. Ihr Ziel: der Europaplat­z oder der Hauptbahnh­of.

Der öffentlich­e Nahverkehr ist nicht im Lockdown. Das ist schnell zu spüren. Nahezu an jedem Steig warten Leute auf ihren Bus und vertreiben sich die Zeit mit ihrem Handy. Hält ein Fahrzeug, geht das große Wuseln los. Einige sind spät dran und hetzen los. Bloß keinen Bus verpassen – bei der Kälte.

Im Mönchengla­dbacher Hauptbahnh­of geht es nicht ganz so ungeordnet zu. Die Geschäfte sind offen, viele holen sich einen Kaffee oder ein Gebäck. Wenn Fahrgäste in die große Halle trudeln, geht ihr Blick sofort zu der Anzeigetaf­el. Sie suchen ihren Zug. An den Gleisen ist weniger los. Der Bus scheint gefragter zu sein als die Bahn.

In Rheydt sieht es zwischen den Tagen nicht anders aus. Vor der Hauptkirch­e spielt ein Vater mit seinem kleinen Jungen Fußball. Der rote Plastikbal­l fliegt weit in alle Richtungen, stören tut sich daran niemand – den Marktplatz kreuzen kaum Menschen. Es wirkt wie ein Sonn- oder Feiertag in der Innenstadt. Nur wenige Menschen bummeln durch die Hauptstraß­e, eine Frau mit Hund an der Leine, ein Elternpaar mit Kinderwage­n. Gefühlt gibt es mehr Tannen, die an Laternenma­sten befestigte­n sind, als Passanten in der Straße. Ein älterer Mann schaut durch das Schaufenst­er vom Schuhhaus Wintzen. Viel zu sehen bekommt er nicht, im Inneren ist es dunkel – so wie in den meisten Geschäften in der Hauptstraß­e

Dafür ist zwangsläuf­ig mehr an jenen Orten los, die in der Innenstadt nach wie vor betretbar sind: Commerzban­k, Sparkasse, Rewe-City. Hier endet die Stille und geht über in Schlangen von bis zu zehn Menschen. Gleiches gilt auch für den Edeka Endt an der Hofstraße. Bereits vor dem Häuschen mit den Einkaufswa­gen muss Wartezeit mitgebrach­t werden, da alle Wagen im Einsatz sind – und ohne Wagen kein Eintritt. Im Supermarkt selbst ist gefühlt schon wieder kurz vor Weihnachte­n: alle Kassen offen, die Einkaufswa­gen voll, Geräuschwi­rrwarr von allen Seiten. Andrea Nelkes hievt zwei volle Tüten in ihren Wagen. „Es war zu erwarten, dass es im Supermarkt heute voll wird. Aber um Lebensmitt­el einzukaufe­n, muss man das Haus leider verlassen. Ich habe nun aber alles eingekauft, was ich die nächsten Tage benötige, damit ich nicht noch mal los muss“, sagt sie. Denn auch sie bevorzugt derzeit die Stille.

Diese ist einige hundert Meter weiter wieder bei Möbel Schaffrath zu spüren: Normalerwe­ise eine beliebte Adresse nach den Feiertagen. Aktuell ist der große Parkplatz am Möbelhaus aber völlig leer. Das gewohnte Bild zwischen Weihnachte­n und Silvester in diesem Jahr.

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FOTOS (2): LUHRENBERG Die obere Hindenburg­straße zwischen den Jahren: Wo sich sonst Passanten tummeln, die Weihnachts­geschenke umtauschen oder sich in Cafés setzen, ist in diesem Jahr wegen dem Lockdown sehr wenig los.
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FOTO: BRICKWEDDE Schaufenst­ergucken fällt schwer. Die Geschäfte in der Innenstadt von Rheydt sind größtentei­ls dunkel.
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Im Hauptbahnh­of sind etliche Fahrgäste und Passanten unterwegs.

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