Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
„Wir werden nicht alles schaffen“
Die Fraktionschefs von SPD und CDU über die Corona-Krise, ihre Zukunftspläne und neue alte Mehrheiten im Korschenbroicher Rat.
Die Fraktionschefs von SPD und CDU über die Corona-Krise, ihre Zukunftspläne und neue alte Mehrheiten im Korschenbroicher Rat.
2020 war auch politisch ein eher schwieriges Jahr. Wie steht Korschenbroich aus Ihrer Sicht zum Jahresende da?
THOMAS SIEGERS Es war in der Tat ein sehr bewegendes Jahr. Am Anfang dachten wir, dass der Wahlkampf im Mittelpunkt steht. Jetzt hat man das Gefühl, man hat die Kommunalwahl so am Rande mitgenommen. Im Mittelpunkt stand Corona mit all seinen Beeinträchtigungen. Die politische Arbeit war schwierig. Ich glaube, bisher sind wir aber noch ganz gut durch die Krise gekommen. Das zeigt sich beispielsweise bei den Gewerbesteuererträgen. Wir wissen aber natürlich nicht, was noch in der Zukunft passiert.
MARCEL KNUPPERTZ Dieses Jahr war für alle verrückt. Vieles, wie zum Beispiel die Gewerbesteuer, wird uns im nächsten Jahr noch beschäftigen. Die Auswirkungen der Krise haben sich bislang noch nicht so sehr gezeigt, wie das viele befürchtet haben. Aber natürlich sehen wir erste Anzeichen.
Sie haben es erwähnt. 2020 war Wahljahr. Die SPD musste deutliche Einbußen erleiden. Warum war es trotzdem die richtige Entscheidung, weiterhin als CDU und SPD die Ratsmehrheit zu stellen?
SIEGERS Eine Kommunalwahl wird immer auch von bundespolitischen Entwicklungen beeinflusst. Ich glaube nicht, dass die SPD Verluste hinnehmen musste, weil man ihr kommunalpolitisch etwas ankreidet. Nach meiner Wahrnehmung sind die Leute im Großen und Ganzen mit unserer Politik zufrieden. Natürlich sind auch neue Themen in den Mittelpunkt gerückt, wie der Klimaschutz. Das wurde erst einmal nicht als Kernkompetenz von CDU und SPD gesehen. Den Grünen räumt man da einen Vorsprung ein.
Ich gehe aber davon aus, dass dieser Eindruck in den nächsten Jahren widerlegt werden kann. KNUPPERTZ Der Bundestrend spielte sicherlich eine Rolle. Auch in anderen Kommunen im Rhein-Kreis hat die SPD nicht gut abgeschnitten. Gerade da, wo es keinen Bürgermeister-Amtsbonus gab. Ich glaube, dass wir in Korschenbroich in den letzten Jahren eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der CDU hatten. Jetzt bin ich in der Rolle als Fraktionsvorsitzender erst neu. Ich glaube aber, dass Thomas und ich bisher einen sehr guten Start hatten und die vertrauensvolle Arbeit fortsetzen können.
Was sind Kernthemen, bei denen CDU und SPD auf einer Linie sind?
SIEGERS Beiden Parteien ist daran gelegen, die Stadt auf eine solide finanzielle Basis zu stellen. Auch bei den Grundsatzthemen der Stadtentwicklung setzen wir beide darauf, dass die Ortsteile ihren eigenen Charme behalten. Dass wir den Innenbereich verdichten, anstatt weitere neue Baugebiete auszuweisen. Bei Klimaschutz, Digitalisierung und Verkehrswende geht es noch an die Detailarbeit. Da kann es an dem ein oder anderen Punkt auch unterschiedliche Auffassungen geben, mit denen wir uns in der Tagesarbeit noch auseinandersetzen müssen.
KNUPPERTZ Ich glaube, dass wir mit unseren diesjährigen Haushaltsanträgen einen guten Grundstein für die nächsten Jahre gelegt haben. Wir haben jetzt viele Dinge angestoßen, wie das Mobilitäts- und das Digitalisierungskonzept.
Sie haben viele große Themen genannt, die sie gemeinsam anpacken wollen. Nun gibt es durch Corona viele finanzielle Fragezeichen. Wie passt das zusammen?
KNUPPERTZ Im ersten Moment klingt das erst einmal paradox. Das ist richtig. Aber ich glaube, dass wir einen gangbaren Weg gefunden haben. Wir gehen in das letzte Jahr als Stärkungspakt-Kommune. Wir mussten jetzt noch einmal den ausgeglichenen Haushalt schaffen. In den nächsten Jahren werden wir etwas mehr finanziellen Spielraum haben. Aber absolut niemand kann derzeit sagen, wie sich die Pandemie auf den städtischen Haushalt auswirken wird. Es ist wichtig, dass wir jetzt erst einmal Konzepte erstellen und dass wir dann Jahr für Jahr gucken, was wir umsetzen können. SIEGERS Das Grundsatzproblem in der Politik ist, dass man leider nicht in die Zukunft sehen kann, aber Entscheidungen treffen muss, von denen
man glaubt, dass sie für die Zukunft passen. Wir erstellen jetzt Konzepte für die großen Themen. Und egal wie der Haushalt einmal aussieht, wir werden nicht umherkommen, uns diesen Themen, beispielsweise dem Klimaschutz, zu widmen.
Wenn in den kommenden fünf Jahren alles so funktioniert, wie Sie sich das jetzt vorstellen. Was ist Ihre Wunschidee, was sich bis dahin in Korschenbroich noch verbessert hat?
SIEGERS Wir sind dann in Korschenbroich so digital, wie es möglich und notwendig ist. Vor allem an den Schulen. Wir haben beim Klimaschutz sicherlich noch nicht das Ziel erreicht, aber wir sind schon ein großes Stück des Wegs gegangen. Die Corona-Krise hat uns sicherlich Belastungen hinterlassen, die aber überschaubar sind. Das würde ich mir wünschen. KNUPPERTZ Politik ist ein Dauerlauf. Wir werden in fünf Jahren nicht alle Probleme gelöst haben, die diese Stadt hat. Es werden neue Herausforderungen auf uns zukommen. Ich glaube, dass wir gute Grundsteine legen können, um in fünf Jahren sagen zu können: Wir haben gut und hart für diese Stadt gearbeitet und sind bei vielen Themen konkret weitergekommen. Hier haben wir etwas für die Bürgerinnen und Bürger erreicht.
SIEGERS Mir ist wichtig, dass wir auch die kleinen Themen nicht vergessen. Dass wir die Jugendkonferenz weiterentwickeln, Kleinspielfelder bauen, die Außenanlagen des Schwimmbads sanieren. Dass wir die Vereine weiter unterstützen und ein bisschen dazu beitragen, Korschenbroich lebenswert zu machen.
Was macht Ihnen denn persönlich Hoffnung, dass 2021 ein gutes Jahr wird für Korschenbroich?
KNUPPERTZ Ich habe die letzten Monate als unglaublich offen und ehrlich, auch mit anderen Parteien, empfunden. Ich glaube, dass wir alle das Beste für unsere Stadt wollen. Mit dieser Grundhaltung können wir viele Herausforderungen meistern.
SIEGERS Wir haben ein Jahr hinter uns, dass uns alle viele Entbehrungen gekostet hat. Das wird auch noch ein Stück weit anhalten. Aber ich habe die Hoffnung, dass im Laufe des Jahres wieder mehr persönliche Begegnungen, vielleicht auch irgendwann Schützenfeste und andere Feierlichkeiten möglich sind. Und dass wir diese Normalität mehr als vorher zu schätzen wissen.