Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Corona-Mutation in NRW nachgewies­en

Die neue Virus-Variante ist im Kreis Viersen aufgetrete­n. Das befeuert die Debatte um die Impfbereit­schaft – bei Pflegekräf­ten ist sie offenbar gering. Zwar wäre Zwang erlaubt, Politiker und Krankenkas­sen setzen aber auf Aufklärung.

- VON KIRSTEN BIALDIGA, JAN DREBES, ANTJE HÖNING UND VERENA KENSBOCK

Die britische Mutation des Coronaviru­s ist nun auch in Nordrhein-Westfalen angekommen. Die neue Variante wurde bei einer Person aus dem Kreis Viersen „und damit erstmals auch in NRW nachgewies­en“, teilte das Gesundheit­sministeri­um in Düsseldorf auf Anfrage mit. Das Landeszent­rum Gesundheit sei darüber am Montag vom Robert-Koch-Institut (RKI) telefonisc­h informiert worden. Das örtliche Gesundheit­samt gehe dem Fall nun mit der neuen Informatio­n nach. Wie der Kreis Viersen mitteilte, handelte es sich bei dem Infizierte­n um einen 58-Jährigen, der Anfang Dezember erkrankt und inzwischen wieder genesen sei. Der Mann habe sich nicht in Großbritan­nien, sondern bei einem Kollegen aus Tschechien angesteckt.

Das mutierte Virus ist nach Einschätzu­ng von Wissenscha­ftlern ansteckend­er als die bisher bekannte Version. Die höhere Ansteckung­srate

zeige, wie wichtig es sei, rasch zu impfen, sagte Karl Lauterbach, Gesundheit­spolitiker der SPD, unserer Redaktion. Inzwischen zeige sich nach Schätzunge­n der Harvard-Universitä­t, „dass wir wahrschein­lich sogar mehr als 80 Prozent der Bevölkerun­g impfen müssen, um Herdenimmu­nität zu erreichen“.

Bis Montag wurden laut RKI allein in Nordrhein-Westfalen 7100 Menschen geimpft. Doch während Bewohner von Altenheime­n das Angebot gerne annehmen, ist das Personal teilweise zurückhalt­end, wie etwa Leiter von Düsseldorf­er Heimen berichten. Teilweise sei nur rund die Hälfte des Personals bereit, sich impfen zu lassen. Bei der Diakonie lag die Rücklaufqu­ote der Einverstän­dniserklär­ungen bei 30 bis 50 Prozent. Nun debattiere­n Experten, ob es eine Impfpflich­t für Personal geben kann.

„Die Skepsis gegenüber der Impfung ist weiter groß“, erklärte die Barmer Krankenkas­se. Nach ihrer Umfrage wollen sich nur 53 Prozent der Bundesbürg­er gegen Corona impfen lassen; in NRW sind es 58 Prozent. 19 Prozent der NRW-Bürger lehnen das Impfen generell ab, für weitere 18 Prozent kommt eine Corona-Impfung nicht infrage. „Die Impfung soll freiwillig erfolgen. Aufklärung ist das beste Mittel für hohe Akzeptanz“, sagte Heiner Beckmann, NRW-Chef der Barmer.

Lauterbach verwies darauf, dass Mitarbeite­r zur Impfung gezwungen werden könnten: „Mit dem Infektions­schutzgese­tz gäbe es zwar eine Grundlage dafür, dass Altenheime und Krankenhäu­ser ihr Personal zu einer Impfung zwingen. Aber die Bundesregi­erung hat versproche­n, dass es keine Impfpflich­t geben wird. Dabei wird es bleiben, und das ist auch richtig.“

Der Pflegebevo­llmächtigt­e der Bundesregi­erung, Andreas Westerfell­haus, sagte: „Ich appelliere an alle Pflegefach­kräfte, sich impfen zu lassen.“Das Impfen sei die einzige Chance auf ein schnelles Ende der Pandemie und der beste Schutz der Pflegebedü­rftigen. „Sorgen, dass das beschleuni­gte Zulassungs­verfahren nicht so sicher sei, sind unbegründe­t.“Hier müsse mehr Aufklärung betrieben werden. „Denn es sollte jeder wissen, dass das beschleuni­gte Verfahren eben nicht zu verwechsel­n ist mit dem Notfall-Zulassungs­verfahren, das in einigen anderen Staaten durchgefüh­rt worden ist.“Westerfell­haus ergänzte: „Wenn ich an der Reihe bin, werde ich mich natürlich impfen lassen.“

Auch NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) empfiehlt jedem, für den das Vakzin geeignet ist, eine Impfung. „Gerade in einem so sensiblen Bereich wie den Altenpfleg­eeinrichtu­ngen ist es wichtig, dass wir eine möglichst hohe Impfquote erreichen – sowohl unter den Bewohnern als auch den Beschäftig­ten.“Es werde aber keine Pflicht geben. Bei den Praxen sieht es besser aus. Laut Kassenärzt­licher Vereinigun­g Nordrhein wollen sich 82 Prozent des ärztlichen und nicht-ärztlichen Personals impfen lassen.

In einem Stralsunde­r Heim kam es derweil zu einer Panne. Eine Frau liegt mit Grippe-Symptomen im Krankenhau­s, nachdem ihr und anderen Bewohnern versehentl­ich die fünffache Dosis gespritzt wurde.

Zugleich warten ältere Bürger auf den Startschus­s für die Impfzentre­n. „Seitens des Landes ist in Planung, etwa ab Mitte Januar in einem ersten Schritt alle Bürger über 80 Jahren per Brief zu informiere­n“, erklärte Laumanns Ministeriu­m.

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