Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Es war einmal ein Brexit-Beauftragter
Friedrich Merz war zwar kein Phantom, aber Spuren hinterließ er auch nicht.
Er ging so unbemerkt, wie er gekommen war: Friedrich Merz dankte schon Anfang 2020 als Brexit-Beauftragter der Landesregierung ab, aber es ist niemandem aufgefallen. Erst eine Kleine Anfrage brachte jetzt ans Licht, dass der Posten ausgerechnet in den entscheidenden Monaten vor dem tatsächlichen EU-Austritt der Briten planmäßig nicht mehr besetzt war. Offiziell war Merz als Brexit-Beauftragter dazu da, die Folgen des Ausscheidens Großbritanniens für Nordrhein-Westfalen möglichst gering zu halten. Zum Beispiel sollte er möglichst viele britische Unternehmen ins Land bringen. Kaum zu sagen, ob er dazu nennenswert beitragen konnte. Erfolge vermeldete Merz jedenfalls nicht. Und auch die Landesregierung tat sich schwer damit, sein Wirken genau zu beschreiben.
Mal habe er den Ministerpräsidenten, mal diverse Landesminister oder Staatssekretäre beraten, hieß es in einem Bericht für den Wirtschaftsausschuss des Landtages. Dann wieder nahm Merz an einem Workshop des Wirtschaftsministeriums teil oder traf sich mit Vertretern der Industrie- und Handelskammern. Auch in Europa und in London wurde Merz auf einschlägigen Konferenzen gesehen. Ein Phantom war er also nicht, wie die Opposition es nahelegte.
Immerhin: Merz wurde für seinen Beraterjob nicht bezahlt. Es handelte sich um eine ehrenamtliche Aufgabe. Bleibt die Frage, warum er dann nicht einfach verlängerte – schließlich gibt es ja in Sachen Brexit noch genug zu tun. Zwei Antworten bieten sich an. Erstens: Merz wollte nicht mehr, weil er sich auf seine Kandidatur als CDU-Vorsitzender konzentrieren will. Zweitens: Parteifreund und Ministerpräsident Armin Laschet wollte nicht mehr mit Merz, weil er seinen Konkurrenten um den CDU-Parteivorsitz lieber auf Distanz hält.
Oder weil der Ministerpräsident erkannt hat, dass der Brexit-Beauftragte schlicht verzichtbar ist.