Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Das Warten auf die Impfung hat ein Ende
Maria Stefes und Katharina Lüpertz gehören zu den Senioren, die beim zweiten Impftermin in Gladbacher Altenheimen an der Reihe sind. Stefes hat eine Corona-Infektion überstanden. Beide hoffen, dass die Impfung die Chance für einen normaleren Alltag und für mehr Kontakte bietet.
MÖNCHENGLADBACH Wie der Alltag in einem Seniorenheim unter Pandemie-Bedingungen aussieht? Maria Stefes fasst das kurz und bündig zusammen: „Eine Katastrophe.“Maske tragen, Abstands- und Hygieneregeln einhalten, keine Treffen in größeren Runden in der Caféteria – kaum etwas ist noch wie früher. „Die Beziehungen sind gestört, viele bekommen keinen Besuch mehr“, sagt Stefes.
Am heutigen Mittwoch soll in dem Haus der städtischen Sozial-Holding, in dem die 71-Jährige wohnt, ein wichtiger Schritt getan werden, damit in naher Zukunft das Leben im Seniorenheim wieder in normaleren Bahnen verläuft. Ein Impfteam werde um 9 Uhr erwartet, sagt Heimleiterin Sabine Baro, „und dann werden die Bewohner in ihren Zimmern geimpft“. Und auch die Mitarbeiter werden zu den ersten Menschen in der Stadt gehören, die den Impfstoff gegen das Coronavirus verabreicht bekommen. „Ich freue mich, denn die lange Warterei darauf ist nicht besonders schön“, sagt Bewohnerin Katharina Lüpertz (93).
Stefes und Lüpertz gehören zu den 117 Personen, die sich in dem Heim zur Impfung gemeldet haben. Derzeit hat das Haus 78 Bewohner und 50 Mitarbeiter. Dass ein Corona-Ausbruch Ende Mai in dem Haus wieder eingedämmt worden sei, habe man den konsequenten Gegenmaßnahmen der Heimleitung zu verdanken, sagt Maria Stefes. Auch sie infizierte sich mit dem Virus, ebenso ihr Mann. „Er lag im Krankenhaus, bei mir war es eigentlich nicht so schlimm, ich habe nicht so viel davon gemerkt“, berichtet sie. Eine Zeit in Quarantäne verbringen musste sie gleichwohl. Ihr Mann konnte das Krankenhaus verlassen, es gehe ihm den Umständen entsprechend, sagt Stefes. Zehn Bewohner und zwei Kollegen seien damals infiziert gewesen, berichtet Baro, zwei Todesfälle waren zu beklagen.
Seitdem ist das Haus von Corona-Ausbrüchen verschont geblieben. Die Sozial-Holding setzte schon früh – und lange bevor Corona-Schnelltests verfügbar waren – auf ein Konzept, das Besucher und Personal dazu verpflichtete, vor Betreten eines Heims Auskunft über mögliche Krankheitssymptome zu geben und am Eingang die Körpertemperatur messen zu lassen.
Überdies hat in dem Heim womöglich geholfen, dass die Bewohner den Kreis ihrer hausinternen Kontakte einschränken müssen. Die Zimmer sind auf mehrere separate Wohnbereiche verteilt. Wegen der Pandemie können sich nur jeweils Bewohner eines Bereichs untereinander treffen. Gemeinschaftsveranstaltungen, bei denen Männer und Frauen aus allen Wohngruppen zusammenkommen können, finden derzeit nicht statt. Die Impfung soll dazu beitragen, dass sich auch das so bald wie möglich ändern kann. Als ehemalige Krankenschwester könne sie sich mit dem Impfen „identifizieren“, sagt Maria Stefes. „Gemischte Gefühle“hege sie jedoch, weil über die Impfung allgemein nicht gut genug aufgeklärt werde: „Darüber wird viel geredet und auch negativ gesprochen. Manche Leute haben Angst davor.“Eine Alternative sieht die 71-Jährige nicht. „Ohne Impfstoff können wir nicht gewinnen, denn es gibt sonst keine Medikamente gegen die Krankheit.“
Für Katharina Lüpertz wird es nicht die erste Impfung ihres Lebens sein, sie hat sich auch schon gegen Grippe impfen lassen. Die Corona-Impfung, wünscht sie sich am Tag davor, soll beitragen, dass sich eine schwere Zeit dem Ende zuneigt. „Ich hoffe, dass es gutgeht“, sagt die 93-Jährige, „und dass ich noch lange hier im Haus bleiben kann.“
„Ohne Impfstoff können wir nicht gewinnen, denn es gibt sonst keine Medikamente“Maria Stefes Altenheimbewohnerin