Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Nächster Impfstoff kommt am 8. Januar

Die Länder hatten zuvor den Bund kritisiert. Verwirrung gibt es auch um die sechste Dosis, die sich aus manchem Fläschchen gewinnen lässt. Noch immer wissen Ältere nicht, wann sie sich in NRW zur Impfung anmelden können.

- VON KIRSTEN BIALDIGA, JAN DREBES, ANTJE HÖNING U. ALEXANDER TRIESCH

DÜSSELDORF/BERLIN Nach Beschwerde­n mehrerer Bundesländ­er über das Ausbleiben von Impfstoff-Lieferunge­n in der ersten Januarwoch­e hat das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium nun weitere Lieferunge­n zugesagt. „Wir haben mit Biontech vereinbare­n können, dass die nächste Lieferung – wie ursprüngli­ch geplant – doch bereits nächste Woche, am 8. Januar, erfolgen wird“, erklärte das Ministeriu­m. In einer Rundmail aus Berlin hatte es zunächst geheißen, dass es in der ersten Kalenderwo­che keine Lieferunge­n gebe, sondern erst wieder ab dem 11. Januar, wie es in NRW hieß. Auch Bayern hatte das scharf kritisiert.

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) bat um Geduld bei Anlaufschw­ierigkeite­n, der Start sei aber insgesamt gelungen. Er versichert­e, dass im Januar jede Woche reguläre Lieferunge­n geplant seien, idealerwei­se stets am selben Wochentag. Spahn räumte ein, dass es an manchen Stellen ruckele. „Aber die größte Impfkampag­ne in der Geschichte Deutschlan­ds ist erfolgreic­h angelaufen.“Der Impfstoff sei zu Beginn weltweit knapp. Man solle nicht vergessen, dass es schon so schnell in der Pandemie einen Impfstoff gebe.

Doch die Kritik an Spahn wächst. „Das Chaos rund um den Impfstart finde ich sehr ärgerlich“, sagte SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil unserer Redaktion. „Der Minister selbst hatte Monate Zeit, den geplanten Impfstart vorzuberei­ten. Hierzu hat er ausreichen­de Kompetenze­n bekommen.“Der Start des Impfens sollte ein Wendepunkt sein. „Wenn jetzt der Eindruck entsteht, der Staat habe diese Aufgabe nicht im Griff, steigert das nicht gerade das Vertrauen in das Impfen.“Es sei die Aufgabe des Bundesgesu­ndheitsmin­isters, für eine reibungslo­se Organisati­on zu sorgen, so Klingbeil. „Wir waren schon im Sommer mit der Teststrate­gie für Reiserückk­ehrer zu spät dran. Das Impfen muss jetzt ein Erfolg werden.“

Auch gibt es Ärger um die Dosierunge­n. Der Impfstoff wird in Durchstech-Fläschchen, sogenannte­n Vials, geliefert. Aus einem Vial können fünf Dosen entnommen werden. Teilweise enthalten sie aber mehr Impfstoff, sodass es auch für eine sechste Dosis reicht. So sind in den Alten- und Pflegeeinr­ichtungen des Duisburger Christopho­ruswerks am Dienstag rund 80 Dosen übriggebli­eben. Im Laufe des Tages habe man kurzfristi­g weitere Bewohner und Mitarbeite­r der umliegende­n Heime geimpft. „Es gab einen Überschuss, und der musste verbraucht werden, weil der Impfstoff nicht lange hält“, sagte Tim Liedmann, Vorstand des Christopho­ruswerks. Auch Notärzte und

Feuerwehrl­eute wurden geimpft.

Das NRW-Gesundheit­sministeri­um unterstütz­t das pragmatisc­he Vorgehen. „Sofern nach der Entnahme der fünf Dosen aus dem Vial der überschüss­ige Rest eine volle sechste Dosis ergibt, steht der Verimpfung

des ,Restes’ nichts entgegen“, erklärte der Sprecher. Wichtig sei aber, dass auch die sechste Dosis vollständi­g sei. „Es obliegt dem Arzt, im Einzelfall sicherzust­ellen, dass das verabreich­te Volumen tatsächlic­h 0,3 Milliliter beträgt.“Biontech garantiert fünf Dosen, mit speziellen Spritzen könnten auch sechs entnommen werden, so die Firma.

Hinzu kommt der Ärger über die Anmeldung. So gibt es noch immer keinen fixen Starttermi­n für die Impfzentre­n, auch können die Bürger weiterhin keine Termine unter der Hotline 116 117 ausmachen, wie die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Nordrhein bestätigte. Eine Online-Anmeldung ist nicht möglich.

Die Stiftung Patientens­chutz wiederum kritisiert­e die Priorisier­ung. „In der ersten Impfgruppe sind viel zu viele Menschen. Acht Millionen, die bereits jetzt auf eine Impfung warten – das kann nur zu Frustratio­nen

und sinkender Impfbereit­schaft führen, weil der Impfstoff knapp ist und die Logistik aufwendig“, sagte Vorstand Eugen Brysch. „So, wie es jetzt geplant ist, haben vor allem über 80-jährige immobile Patienten das Nachsehen, die zu Hause wohnen. Wo sind die mobilen Teams, um diese Menschen aufzusuche­n?“, so Brysch.

Der SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach betonte dagegen, dass der Impfstoff in den kommenden Monaten ohnehin noch nicht in der Breite helfen werde. „Wir sollten die Bevölkerun­g sehr klar informiere­n, dass es bis Ende März durch die geringe Menge Impfstoff, die wir haben, keinen nennenswer­ten Einfluss auf die Infektions­zahlen geben wird“, sagte Lauterbach. „Nur der konsequent­e und verlängert­e Lockdown bestimmt das Schicksal der nächsten Monate und führt zu geringeren Infektions­zahlen.“

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FOTO: JENS SCHICKE/ IMAGO IMAGES Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (r., CDU), RKIChef Lothar Wieler (M.) und der Chef des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek äußerten sich am Mittwoch zur Impfkampag­ne.

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