Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Nächster Impfstoff kommt am 8. Januar
Die Länder hatten zuvor den Bund kritisiert. Verwirrung gibt es auch um die sechste Dosis, die sich aus manchem Fläschchen gewinnen lässt. Noch immer wissen Ältere nicht, wann sie sich in NRW zur Impfung anmelden können.
DÜSSELDORF/BERLIN Nach Beschwerden mehrerer Bundesländer über das Ausbleiben von Impfstoff-Lieferungen in der ersten Januarwoche hat das Bundesgesundheitsministerium nun weitere Lieferungen zugesagt. „Wir haben mit Biontech vereinbaren können, dass die nächste Lieferung – wie ursprünglich geplant – doch bereits nächste Woche, am 8. Januar, erfolgen wird“, erklärte das Ministerium. In einer Rundmail aus Berlin hatte es zunächst geheißen, dass es in der ersten Kalenderwoche keine Lieferungen gebe, sondern erst wieder ab dem 11. Januar, wie es in NRW hieß. Auch Bayern hatte das scharf kritisiert.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bat um Geduld bei Anlaufschwierigkeiten, der Start sei aber insgesamt gelungen. Er versicherte, dass im Januar jede Woche reguläre Lieferungen geplant seien, idealerweise stets am selben Wochentag. Spahn räumte ein, dass es an manchen Stellen ruckele. „Aber die größte Impfkampagne in der Geschichte Deutschlands ist erfolgreich angelaufen.“Der Impfstoff sei zu Beginn weltweit knapp. Man solle nicht vergessen, dass es schon so schnell in der Pandemie einen Impfstoff gebe.
Doch die Kritik an Spahn wächst. „Das Chaos rund um den Impfstart finde ich sehr ärgerlich“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil unserer Redaktion. „Der Minister selbst hatte Monate Zeit, den geplanten Impfstart vorzubereiten. Hierzu hat er ausreichende Kompetenzen bekommen.“Der Start des Impfens sollte ein Wendepunkt sein. „Wenn jetzt der Eindruck entsteht, der Staat habe diese Aufgabe nicht im Griff, steigert das nicht gerade das Vertrauen in das Impfen.“Es sei die Aufgabe des Bundesgesundheitsministers, für eine reibungslose Organisation zu sorgen, so Klingbeil. „Wir waren schon im Sommer mit der Teststrategie für Reiserückkehrer zu spät dran. Das Impfen muss jetzt ein Erfolg werden.“
Auch gibt es Ärger um die Dosierungen. Der Impfstoff wird in Durchstech-Fläschchen, sogenannten Vials, geliefert. Aus einem Vial können fünf Dosen entnommen werden. Teilweise enthalten sie aber mehr Impfstoff, sodass es auch für eine sechste Dosis reicht. So sind in den Alten- und Pflegeeinrichtungen des Duisburger Christophoruswerks am Dienstag rund 80 Dosen übriggeblieben. Im Laufe des Tages habe man kurzfristig weitere Bewohner und Mitarbeiter der umliegenden Heime geimpft. „Es gab einen Überschuss, und der musste verbraucht werden, weil der Impfstoff nicht lange hält“, sagte Tim Liedmann, Vorstand des Christophoruswerks. Auch Notärzte und
Feuerwehrleute wurden geimpft.
Das NRW-Gesundheitsministerium unterstützt das pragmatische Vorgehen. „Sofern nach der Entnahme der fünf Dosen aus dem Vial der überschüssige Rest eine volle sechste Dosis ergibt, steht der Verimpfung
des ,Restes’ nichts entgegen“, erklärte der Sprecher. Wichtig sei aber, dass auch die sechste Dosis vollständig sei. „Es obliegt dem Arzt, im Einzelfall sicherzustellen, dass das verabreichte Volumen tatsächlich 0,3 Milliliter beträgt.“Biontech garantiert fünf Dosen, mit speziellen Spritzen könnten auch sechs entnommen werden, so die Firma.
Hinzu kommt der Ärger über die Anmeldung. So gibt es noch immer keinen fixen Starttermin für die Impfzentren, auch können die Bürger weiterhin keine Termine unter der Hotline 116 117 ausmachen, wie die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein bestätigte. Eine Online-Anmeldung ist nicht möglich.
Die Stiftung Patientenschutz wiederum kritisierte die Priorisierung. „In der ersten Impfgruppe sind viel zu viele Menschen. Acht Millionen, die bereits jetzt auf eine Impfung warten – das kann nur zu Frustrationen
und sinkender Impfbereitschaft führen, weil der Impfstoff knapp ist und die Logistik aufwendig“, sagte Vorstand Eugen Brysch. „So, wie es jetzt geplant ist, haben vor allem über 80-jährige immobile Patienten das Nachsehen, die zu Hause wohnen. Wo sind die mobilen Teams, um diese Menschen aufzusuchen?“, so Brysch.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach betonte dagegen, dass der Impfstoff in den kommenden Monaten ohnehin noch nicht in der Breite helfen werde. „Wir sollten die Bevölkerung sehr klar informieren, dass es bis Ende März durch die geringe Menge Impfstoff, die wir haben, keinen nennenswerten Einfluss auf die Infektionszahlen geben wird“, sagte Lauterbach. „Nur der konsequente und verlängerte Lockdown bestimmt das Schicksal der nächsten Monate und führt zu geringeren Infektionszahlen.“