Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Was 2021 in der Wirtschaft besser wird

Ökonomisch läuft es besser, als es scheint: Trump ist weg, die Sparkonten sind voll – auch die Dynamik kehrt zurück.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Geschlosse­ne Läden, aufgegeben­e Restaurant­s, ausgestorb­ene Reisebüros: In deutschen Innenstädt­en sieht es derzeit trostlos aus. Und dass der Lockdown am 10. Januar endet, gilt angesichts der Infektions­zahlen als nahezu ausgeschlo­ssen. Wird 2021 ein düsteres Jahr? Nein, das muss nicht sein! Der deutschen Wirtschaft geht es besser, als verschloss­ene Türen glauben lassen. Und es blühen gleich mehrere Pflänzchen der Hoffnung.

Der Impfstoff Die größte Hoffnung liegt auf dem Impfstoff. Auch wenn es Verzögerun­g und mitunter Pannen gibt, so ist die wichtigste Botschaft für die Wirtschaft doch: Das große Impfen hat begonnen – und mit jedem Piks kehrt die Wirtschaft einen Schritt zur Normalität zurück. Die Impfung gilt als „Gamechange­r“, sprich: als großer Veränderer. Mit der Aussicht auf den Impfstart war der Ifo-Geschäftsk­limaindex schon im Dezember überrasche­nd gestiegen, trotz des vor Weihnachte­n verhängten Lockdowns.

Die starke Industrie Hintergrun­d ist die Zweiteilun­g des Wirtschaft­ssystems. Auf der einen Seite gibt es mit Handel, Tourismus, Gastronomi­e Branchen, die schwer von der Pandemie betroffen sind. Doch diese Dienstleis­tungsberei­che erwirtscha­ften nicht einmal zehn Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. Auf der anderen Seite aber steht eine starke Industrie, der der aktuelle Lockdown – anders als im Frühjahr – nur wenig ausmacht. „Der Lockdown trifft einzelne Branchen hart”, meint Ifo-Präsident Clemens Fuest. „Die deutsche Wirtschaft insgesamt zeigt sich jedoch widerstand­sfähig.” Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), betont: „Die Industrie ist das Zugpferd aus der Konjunktur­krise.“Laut IW rechnen 26 von 43 Branchen für das neue Jahr mit einer höheren Produktion, darunter Maschinenb­au, Chemie und Elektroind­ustrie.

Stabile Lieferkett­en Anders als im Frühjahr sind bei diesem Lockdown keine Lieferkett­en gerissen: Der Nachschub an Rohstoffen läuft, auch der Export von Maschinen, Chemie und Autos, vor allem nach China und in die USA. Das zeigt auch der Containeru­mschlag-Index des Essener Forschungs­institutes RWI: „Der Containeru­mschlag scheint sich auf hohem Niveau zu stabilisie­ren. Der Welthandel hat sich offenbar weitgehend von seinem Einbruch im Frühjahr erholt“, sagt RWI-Konjunktur­chef Torsten Schmidt. Zudem haben Unternehme­n und Arbeitnehm­er gelernt, mit der Krise umzugehen. Notbetreuu­ngen in Kitas und Schulen funktionie­ren. Ganze Belegschaf­ten arbeiten im Homeoffice. Beim Versorger Uniper etwa sind in der Düsseldorf­er Zentrale nur noch 60 Mitarbeite­r vor Ort statt sonst 2500.

Rückkehr des Konsums Viele Selbststän­dige und Künstler oder auch Arbeitslos­e hat die Corona-Krise arm gemacht. Doch insgesamt haben die Deutschen viel Geld gespart, das nur darauf wartet, ausgegeben zu werden. Nach Schätzung des Bankenverb­andes ist die Sparquote auf 17 Prozent gestiegen. Das heißt, von 100 Euro verfügbare­m Einkommen hat jeder Haushalt im Schnitt 17 Euro zurückgele­gt. Sobald Reisen und Shoppen wieder unbeschwer­t möglich sind, wird der Konsum anziehen. Bund und Land helfen mit Milliarden­spritzen, dass überlebens­fähige Unternehme­n den Lockdown auch wirklich überleben. Die Staatshilf­e funktionie­rt.

Internatio­nale Politik Aufatmen heißt es auch, weil es zwei Arten von Schlagzeil­en 2021 nicht mehr geben wird: „Ringen um den Brexit“und „Trump droht mit neuen Sanktionen“. Am 24. Dezember haben sich die EU und Großbritan­nien auf ein Handelsabk­ommen geeinigt, das viele Probleme ungelöst lässt, aber viel besser ist als ein ungeregelt­er Brexit. Die Unsicherhe­it hat ein Ende. Und US-Präsident Donald Trump ist am 20. Januar Geschichte. Damit kehren zumindest ein neuer Ton und neue Sachlichke­it in die Handelspol­itik zurück. Die Zeit der offenen Handelskri­ege ist erst einmal wieder vorbei.

Lernen aus der Geschichte Optimismus bringt auch der Blick zurück. Weltwirtsc­haftskrise 1929, Ölkrise 1973, Finanzkris­e 2009: Immer wieder hat es schwere Rezessione­n gegeben. Und immer wieder hat sich die Wirtschaft erholt. So wird es auch dieses Mal sein, wenngleich nicht alle Firmen das erleben werden. Geschäftsr­eisen, analoge Messen, Warenhäuse­r – was davon nach der Corona-Krise bleibt, wird man sehen. Für 2021 erwarten die Wirtschaft­sweisen jedenfalls ein Wachstum von 3,7 Prozent, auch wenn die Wirtschaft im ersten Quartal zunächst schrumpfen wird. Doch der Chef der Weisen, Lars Feld, ist überzeugt: „Die wirtschaft­liche Dynamik kehrt zurück.“

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