Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
EIN NEUES VERLANGEN NACH KUNST
»Es könnte eine ganz besondere Epoche der Kunst, die Corona-Art-Phase, werden, in der sehr intensiv erarbeitete Werke stehen »Wer in seiner Galerie auf Sammler wartet, wird es nicht schaffen
Die Kunst hat in der Pandemie eine Bedeutung, die über die einer Wertanlage weit hinausgeht, sagt Dirk Geuer, Geschäftsführer von Geuer & Geuer Art. Gemeinsam mit ntv-Kunstexperte Wolfram Kons erfüllt der Düsseldorfer Galerist in der Doku-Reihe ntv Inside Art die Sehnsucht der Menschen nach Kunst.
Als das öffentliche Leben in Deutschland aufgrund der Corona-Pandemie erst im Frühjahr und im Dezember des Jahres 2020 erneut heruntergefahren wurde, traf dieser Lockdown auch Kunst und Kultur. Das bedeutete: Auch Kunstgalerien mussten zeitweise geschlossen bleiben, Ausstellungen konnten nicht wie gewohnt öffnen. So erging es auch Dirk Geuer und seiner Galerie Geuer & Geuer Art an der Heinrich-Heine-Allee in Düsseldorf. Für den Galeristen, Ausstellungsmacher und Verleger boten sich durch die Krise aber neue Möglichkeiten. „Das Gute an solchen Zeiten wie diesen ist, dass jede Veränderung eine Chance bedeutet“, sagt Dirk Geuer. „Wer in seiner Galerie auf Sammler wartet, wird es nicht schaffen“, betont Geuer. „Zeitenwenden zu erkennen und kreativ darauf zu reagieren, das war schon immer etwas, was mich angetrieben und herausgefordert hat.“
Das Interesse an Kunst war bei den Menschen weiter hoch – nur ließ sich das nicht anhand von Besucherzahlen ablesen. Mehr noch: Viele Menschen verstehen, was ihnen ohne die Kunst fehlt. „Vor der Pandemie wurden Kunst und Kunstausstellungen von vielen Menschen nur noch konsumiert, es war ganz normal“, erklärt Geuer. Es entstand eine neue Sichtweise und ein neues Verlangen nach Kunst. „Wenn man quarantäne-bedingt viel Zeit innerhalb der eigenen Wände verbringen muss, dann entdeckt man sein Zuhause plötzlich ganz anders“, sagt Geuer. Viele Kunden und Sammler seien in diesem Jahr sehr glücklich darüber gewesen, ein neues Kunstwerk erworben zu haben. Viele hätten Werke bedeutender Künstler aber auch als Vermögensanlage für sich entdeckt, da Gold oder andere Anlagen einfach zu teuer geworden seien. „In erster Linie vermittle ich jedoch Kunstwerke als Kunst und keine Anlagen“, betont Geuer. „Die wichtigste Aufgabe einer Galerie ist es, das Vertrauen der Kunden und Sammler zu vertiefen.“
Ein Weg, um die Lust auf Kunst zu den Menschen zu bringen, bestand und besteht bei Dirk Geuer auch darin, mit seinem internationalen Netzwerk den preisgekrönten TV-Journalisten und Filmemacher Wolfram Kons zu unterstützen. In den erfolgreichen, gemeinsamen Kunst-Dokumentationen „ntv Inside Art“nahmen Kons und Geuer die Zuschauer mit dorthin, wo die Kunst entsteht: in die Ateliers und Studios der Künstler. „Die Reaktionen auf ntv Inside Art waren noch nie so intensiv wie in diesem Jahr. So viele Zuschauer wie nie haben sich gemeldet und waren glücklich und dankbar, einfach mal in eine andere Welt eintauchen zu können“, berichtet Wolfram Kons. Bei einem so einzigartigen Schöpfungsprozess hautnah dabei sein zu dürfen, „das haben viele Zuschauer als ein exklusives Privileg empfunden“, so Kons. „Der Entzug, den wir gerade erleben, schafft etwas Wunderbares für die Kunst“, ergänzt Geuer. Zu den Sendungen, die bei ntv gezeigt werden, legt Dirk Geuer eigene Kunst-Editionen auf mit Künstlern wie Tony Cragg, Günther Uecker oder Julian Schnabel. „Gerade in Zeiten geschlossener Museen haben wir gemerkt, dass die Sehnsucht nach Nähe zur Kunst besonders groß ist“, sagt Kons.
Geuer als Galerist und Kons als Kunstexperte pflegen bei ihrer Arbeit den direkten, den menschlichen Kontakt zu den Kunstschaffenden. So erhielten die beiden einen Einblick dort hinein, wie die Pandemie die Künstler und die Kunst beeinflusst. Sie sprachen mit den Künstlern über genau diese spezielle Phase ihres Lebens und ihres Schaffens während der Pandemie. „Die meisten sagen: Ich hatte noch nie so viel Zeit für meine künstlerische Arbeit, konnte mich noch nie so sehr auf meine Malerei oder Fotografie oder Bildhauerei konzentrieren. Es gib keine Ablenkungen – wunderbar. Es könnte eine ganz besondere Epoche der Kunst, die Corona-Art-Phase werden, in der sehr intensiv erarbeitete Werke stehen“, erläutert Wolfram Kons. „Die Kunst hat schon so viele Kriege, Krankheiten, Umweltkatastrophen und Börsencrashs überstanden und wird auch Corona überstehen“, ist sich Dirk Geuer sicher.
Auch die globalen Reiseeinschränkungen haben auch Künstlern die Arbeit erschwert. Denn Kunst braucht Inspiration, braucht Eindrücke, die dann in den Werken der Kunstschaffenden verarbeitet werden. Für neue Motive braucht es Motivation. „Viele von ihnen sagen jetzt: Ich muss mal wieder raus, will reisen, brauche Inspiration, will Menschen treffen. Sonst fällt mir die Atelier-Decke auf den Kopf“, erzählt Kons. Auch die Produktion erfolgte in diesem Jahr unter erschwerten Bedingungen. „Wir sind eine international aufgestellte Produktion. Da war dieses Jahr eine echte Herausforderung. Inden USA konnten wir die meiste Zeit des Jahres zum Beispiel nicht drehen. Wir haben aber dieses Jahr noch mit Covid-Testes vorab in Irland mit Gottfried Helnwein und in Frankreich mit Stefan Szczesny drehen können – eine Woche, bevor in St. Tropez alles dicht gemacht wurde“, erzählt Kons. Und es ist natürlich wunderbar, dass wir hier in Düsseldorf so viele herausragende Künstler haben. Die Produktion mit den Atelier-Partnern Stephan Kaluza und Dieter Nuhr war ein sehr inspirierendes und erfolgreiches Heimspiel“, betont Kons.
Für Verleger und Galerist Geuer ist die Kunstszene auch für die Zeit nach der Pandemie auf einem guten Weg. Zeitenwende bedeutet nicht Schaffenskrise: „Die wahren Künstler und Kunstschaffenden machen einfach weiter. Denn die Kunst zu erschaffen bedeutet die Kunst unbedingt leben zu wollen. Das wird auch eine Pandemie nicht ändern können.“