Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
MUT FUR DIE STADT DER ZUKUNFT
Eine Stadt ist nie fertig. Architektur, ein ganzheitliches Verkehrskonzept, mehr Grün und neue Ansätze der Energiewende entwickeln sich Hand in Hand. Dr. Johann Werner Fliescher, Vorstand des Vermieterverbands Haus & Grund Düsseldorf und Umgebung, fordert deshalb eine mutige Weiterentwicklung der Düsseldorfer Innenstadt.
Die Coronakrise hat viele Veränderungen angestoßen. „Der Trend zu mehr Home-Office wird auch danach nicht weggehen“, ist Johann Werner Fliescher überzeugt. Das wirkt sich auf die Verkehrsdichte aus. Weniger Autos auf den Straßen geben Raum für Radwege und ermöglichen neue Verkehrskonzepte. „Eine attraktive Innenstadt ist leicht zu erreichen, aber die Autos sollten nicht allzu sichtbar und spürbar sein, denn sie sorgen für Lärm und Abgase“, schildert Fliescher. „Selbst E-Fahrzeuge brauchen Platz, nicht zuletzt zum Parken.“
Dieser Platz könnte beispielsweise in Straßengrün „besser angelegt“werden. Denn eine grüne Innenstadt bedeute eine höhere Lebensqualität – insbesondere angesichts des Klimawandels mit zunehmend heißeren sommerlichen Temperaturen. Bäume am Straßenrand absorbieren die Hitze ebenso wie begrünte Dächer oder Fassaden. „Wenn sich erst gar keine Hitzeinseln bilden, haben die Bewohner der Innenstadt ebenso Vorteile wie die Geschäfte und Gastronomiebetriebe, denn die Aufenthaltsqualität ist an heißen Tagen höher.“Immobilien mit attraktiver Lebensqualität seien dauerhaft besser zu vermieten und erzielen höhere Mieteinnahmen. „Vermieter denken über die eigene Immobilie hinaus“, weiß Fliescher.
Als Vorstand von Haus & Grund vertritt er die Interessen von rund 18.000 privaten Immobilien-Eigentümern und Vermietern in Düsseldorf. Damit ist sein Verein der drittgrößte in Düsseldorf – nach dem Mieterverein und Fortuna 1895. Im Jahr 2021 feiert Haus & Grund sein 125-jähriges Bestehen und ist damit nur ein Jahr jünger als Fortuna.
„Unsere Mitglieder können mittel- und langfristig nur in einer attraktiven Stadt gut vermieten – egal ob Wohnraum, Gewerbe oder Büros“, sagt Fliescher. In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt werden mehr als 70 Prozent aller Wohnungen, Büro- und Gewerberäume von privaten Eigentümern vermietet.
Auch bei Wohnimmobilien
steht und fällt die Attraktivität mit dem geschäftlichen Umfeld. „Die Stadtteilzentren könnten sich nach Corona sehr verändern. Schon bislang stehen abseits von 1A-Lagen wie der Kö Einzelhandels-Immobilien durchaus auch jahrelang leer. Ich bin gespannt, wie die Situation in einem Jahr aussieht, wenn wir wissen, wie viele Restaurants und Einzelhändler die Pandemie mit ihren Lockdowns überlebt haben“, gibt Fliescher zu bedenken.
Weil die absolute Mehrzahl der privaten Vermieter emotional mit Düsseldorf verbunden ist, liege ihnen die Stadtentwicklung am Herzen. „Private Vermieter verzichten in der Krise vermutlich eher auf ein paar Mieten, weil ihnen die Existenz des kleinen Buchladens oder des Restaurants als langfristiger Mieter wichtiger ist als kurzfristige Gewinnmaximierung“, ist der Haus & Grund-Vorstand überzeugt.
Gerade die Coronakrise hat jedoch nicht nur die Qualität der Nahversorgung in den Fokus gerückt, sondern auch die Lebensqualität in der eigenen Wohnung. Hier agiert Haus & Grund als Dienstleister seiner Mitglieder. Jurist Fliescher betont: „Insbesondere das Mietrecht wird immer komplizierter. Viele Immobilieneigentümer kennen nicht alle für sie relevanten Vorschriften. Dazu beraten wir unsere Mitglieder.“
Damit die „Leuchtturmstadt Düsseldorf“auf Dauer attraktiv bleibt, hofft Fliescher nicht nur auf weitere außergewöhnliche Architektur. „Der Kaufhof an der Schadowstraße kann ein architektonisches Highlight werden“, ist er sicher. Er wünscht sich auch eine übergreifende „Düsseldorf-App“, die nicht nur Veranstaltungen ankündigt, sondern auch freie Parkplätze und Ladesäulen für E-Autos anzeigt. Werde der dazu benötigte Strom dann noch direkt vor Ort beispielsweise als Solarstrom auf einem Dach produziert, entstehe ein lokaler Kreislauf. So bleibe die Wertschöpfung in der Stadt, was die Steuereinnahmen der Kommune steigere, was wiederum deren Investitionsspielraum vergrößere.
Auch eine Überarbeitung und Modernisierung rechtlicher Rahmenbedingungen sei nötig: Wolle die Politik tatsächlich die Klimawende, müsse sie beispielsweise das Thema „Mieterstrom“ermöglichen. „Nur so können wir die vielen ungenutzten Dächer für Solarstrom-Erzeugung gewinnen und müssen keine Naturflächen im ländlichen Raum mit Solarparks versiegeln“, sagt Fliescher. „Viele würden gerne investieren, wenn es denn einfach und erlaubt wäre.“Es gebe viele Stellschrauben. „Die Politik muss mutiger sein und eine Aufbruchstimmung zulassen, die bei den Immobilieneigentümern bereits vorhanden ist.“