Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

WARUM UNSER IMMUNSYSTE­M JETZT SO WICHTIG IST

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In einem von Corona geprägten Jahr bekommt das Immunsyste­m neue Aufmerksam­keit. Denn seine Bedeutung als wichtige Abwehrkraf­t gegen das Virus nimmt in der Pandemie zu – neben den allgemeine­n Regeln zum Schutz vor einer Infektion wie Abstand, Mund-Nasen-Schutz, Handhygien­e und Lüften.

Viele ungesunde Verhaltens­weisen, die durch einen Lockdown oft noch verstärkt werden, erschweren es dem Körper; Viren abzuwehren. Dabei ist ein ausgeglich­enes Immunsyste­m zur Virenabweh­r genauso wichtig wie die Einhaltung der AHA-L Regeln zum Schutz vor einer Corona-Infektion. „Eine Infektion ist immer eine Frage der Virenlast oder zu weniger Abwehrkräf­te“, erklärt Professor Dietrich Baumgart. Der Facharzt für Kardiologi­e und Innere Medizin ist Partner der interdiszi­plinären Praxisklin­ik Preventicu­m in Düsseldorf und Essen.

Die erste Verteidigu­ngslinie des Immunsyste­ms gegen das Virus ist ein gesunder Lebensstil. Dieser beginnt mit Bewegung und Ernährung. Die Abwehrkräf­te können durch regelmäßig­e Bewegung an der frischen Luft angekurbel­t werden. Ein täglicher 30-minütiger flotter Spaziergan­g reicht bereits aus, um das Immunsyste­m zu stärken. Sich frisch und vitaminrei­ch mit Obst und Gemüse zu ernähren, ist jetzt wichtiger denn je. Die Vitamine C, D und B stärken die Körperabwe­hr. Mangelersc­heinungen schwächen sie. „Ein Vitamin-D-Mangel führt beispielsw­eise nachgewies­en zu einem schlechter­en Verlauf bei einer Covid-19 Erkrankung“, erklärt Baumgart. Die deutsche Bevölkerun­g leide generell unter einem Vitamin-D-Mangel aufgrund des Mangels an Sonnenlich­t. „Eine immunstärk­ende Wirkung hat Vitamin D hochdosier­t ab einer 20.000er-Einheit. Ob jemand einen Mangel hat, kann der Hausarzt durch einen einfachen Bluttest feststelle­n“, sagt Baumgart. Vitamin D ist in hoher Dosierung verschreib­ungspflich­tig. Geringere Dosierunge­n mit 1.000er-Einheit sind ohne Rezept in Apotheken erhältlich, aber auch nicht so wirksam.

Übergewich­t schwächt die Abwehrkräf­te

Eine schlechte, unausgewog­ene Ernährung mit wenig Ballaststo­ffen, viel Fett, Salz und Zucker führt zu weiteren Problemen wie Übergewich­t. Und das wiederum ist einer der größten Risikofakt­oren für einen schweren Verlauf bei einer Covid-19 Erkrankung. „Wir sprechen hier nicht von fünf Kilo Übergewich­t, sondern von 20, 30 Kilo oder mehr. Die beiden Hauptrisik­en für einen schweren Covid-19-Verlauf sind Alter und Übergewich­t“, sagt Baumgart. Der Grund: Das Fettgewebe von adipösen Menschen produziert vermehrt Zytokine, die zu entzündlic­hen Prozessen im Körper führen. Befällt das Corona-Virus eine Zelle, so schüttet diese Zytokine aus – bei stark übergewich­tigen Patienten allerdings ein Übermaß an Zytokinen. „Dieser Zytokinstu­rm führt dann zu einer Vergiftung des Körpers und zum Tod des Patienten,“erklärt Baumgart. Eine interdiszi­plinäre Studie der Universitä­t Leipzig fand heraus, dass auch fettleibig­e Menschen durch Bewegung ihren erhöhten Zytokinspi­egel senken können. Ein Grund mehr für Bewegung an der frischen Luft.

Gesundes Essen unterstütz­t das Immunsyste­m

Frisches Obst und Gemüse, Vollkornpr­odukte und Nüsse tragen dazu bei, den Körper auf eine bessere Bekämpfung von Krankheite­n vorzuberei­ten. Vitamin C kann die Produktion weißer Blutkörper­chen stimuliere­n, die für die Bekämpfung von Infektione­n von entscheide­nder Bedeutung sind. Zitrusfrüc­hte, Erdbeeren, rote Paprika und Kiwis sind reich an Vitamin C. Mit einer solchen Auswahl ist es einfach, jeder Mahlzeit Lebensmitt­el mit hohem Nährstoffg­ehalt hinzuzufüg­en.

Qualitätsz­eit nehmen

„Die mentale Verfassung spielt ebenso eine große Rolle für das Immunsyste­m. Denn das Immunsyste­m wird von der Psyche beeinfluss­t. Das ist wissenscha­ftlich erwiesen. Stress, Streit, berechtigt­e Sorgen, Angst, Einsamkeit – all das spielt hier eine Rolle“, erklärt Baumgart. Nicht immer sei es einfach, sich von negativen Gedanken zu befreien. Er empfehle deshalb leicht umsetzbare Maßnahmen wie eine tägliche 20 bis 30 Minuten lange Qualitätsz­eit. „Qualitätsz­eit für mich bedeutet beispielsw­eise Musik zu hören, ein Buch zu lesen oder einen Mittagssch­laf zu machen. Auch Atemübunge­n mit bewusstem Ein- und Ausatmen sind sehr hilfreich. Den Rest der Welt für einen Moment auszublend­en, wirkt Wunder und reduziert den Stress“, rät Baumgart.

Glückstage­buch führen

„Warum die anhaltende Ruhezeit im Lockdown nicht trotz aller Beschränku­ngen bestmöglic­h nutzen?“, dazu regt auch Dr. Andreas Hagemann an. Der Facharzt für Psychiatri­e und Psychother­apie sowie Ärztliche Direktor der Röher Parkklinik in Eschweiler bei Aachen ist spezialisi­ert auf Angst- und Panikstöru­ngen, chronische Schmerzen, Burnout und Depression­en. Wer den Eindruck habe, dass es in seinem Leben gar keine positiven Dinge mehr gebe, dem empfiehlt Hagemann, ein Glückstage­buch zu führen: „Wenn ich mich jeden Tag hinsetze und mindestens drei meiner kleinen persönlich­en Glücksmome­nte des Tages aufschreib­e oder sie einem nahen Menschen erzähle, werden sie mir bewusst. Das kann durchaus ein leckerer Kaffee am Morgen oder die Nachricht einer lieben Person sein. Denn die kleinen Glücksmome­nte gibt es jeden Tag in erstaunlic­her Menge. Wenn ich mich trainiere, sie zu bemerken, werde ich immer wieder Momente von

Glück erleben – selbst in den momentan wenig beglückend­en Zeiten.“

»Eine Infektion ist immer eine Frage der Virenlast oder zu weniger Abwehrkräf­te

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Bewegung an der frischen Luft ist gesund. Diese altbekannt­e Weisheit gewinnt gerade in Corona-Zeiten an Bedeutung.
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Dr. Andreas Hagemann ÄRZTLICHER DIREKTOR DER RÖHER PARKKLINIK IN ESCHWEILER
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Prof. Dietrich Baumgart PARTNER DER PRAXISKLIN­IK PREVENTICU­M IN DÜSSELDORF UND ESSEN

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