Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Auf der Spur des Bibers in Mönchengladbach
Im Knippertzbachtal hat sich eine ganze Familie der Nagetiere häuslich eingerichtet. Sie fühlt sich pudelwohl und hat die Natur gehörig umgekrempelt. Das freut die Stadt und Umweltschützer. Ein Besuch vor Ort.
RHEINDAHLEN-LAND Er zeigt sich selten. Ist er zu sehen, fällt er mit seinen langen Zähnen, seinem beschuppten Schwanz und dem dichten Pelz direkt auf. An Land oft plump und unbeholfen, im Wasser dagegen flink und geschickt. So oder so ähnlich würde der Gesuchte auf einem Steckbrief beschrieben werden. Doch der Biber ist nicht mehr als vermisst gemeldet. Er hat sich wieder in Mönchengladbach niedergelassen – im Knippertzbachtal.
„In diesem Revier lebt ein Pärchen mit bisher zwei bestätigten Jungtiere“, sagt Stefan Neumeier von der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt. „Es können aber auch drei oder vier sein.“Dass sich die Biber am Knippertzbach fortpflanzen, ist ein gutes Zeichen dafür, dass sie sich in ihrem Zuhause wohlfühlen. „Nur ein Tier, das gute Lebensbedingungen vor Ort vorfindet, reproduziert sich auch“, so Neumeier. Der Standort eignet sich gut für eine Biberfamilie, weil er abgelegen ist und die Tiere ihre Ruhe haben. Zudem gibt es keine Fressfeinde.
Die Umgebung haben sich die Nagetiere ganz nach ihrem Geschmack eingerichtet. Sie haben einen knapp einen Meter hohen Damm im Knippertzbach gebaut und so Wasser aufgestaut. Kleinere Dämme über das gesamte Tal hinweg sorgen für den einheitlichen Pegel von rund 70 Zentimetern. Die Biber leben in mehreren Burgen am Ufer, die genau wie die Dämme aus Stöcken, Ästen und Zweigen bestehen. Schon viele Bäume – auch große und dicke – haben die Tiere gefällt. Nach getaner Arbeit nutzen sie das Holz nicht nur als Baumetrial, sondern auch als Nahrung. „Der Biber fällt den Baum und erreicht dadurch die weicheren Kronenbereiche mit frischem Pflanzengrün“, berichtet Neumeier.
Dass die Nagetiere Bäume beseitigen, sei nicht schlimm, erklärt Nabu-Vorsitzender Kurt Sasserath, der gerne im Knippertzbachtal spazieren geht und so auf den Biber aufmerksam geworden ist. „Es würde uns Kopfschmerzen bereiten, wenn er in die Randbereiche geht und dort Althölzer wie wertvolle Buchen oder Eichen fällt“, schränkt er ein. „Aber das kann man rechtzeitig unterbinden und so die Bäume schützen.“
Im Gegenteil: Die Aktivitäten des Biber und deren Folgen sind gut für die Natur. Weil der Biber das Wasser aufgestaut hat, sind nach Jahren der Trockenheit wieder die Schutzzwecke aus dem Landschaftsplan erfüllt. Der sieht für das Gebiet um den Knippertzbach einen Wald vor, der unter Wasser steht – und eben keine trockengelegte Grünfläche, wie es vorher war. „Der Biber hat uns einen großen Dienst erwiesen“, sagt Neumeier. Ursprünglich seien Maßnahmen für viel Geld geplant worden, um das Gewässer wiederherzustellen. Das ist nun nicht mehr nötig. Sasserath fügt an, dass mit dem Wasser die ökologische Funktion des Waldes nun nicht mehr stark eingeschränkt ist. Uns es sei Potenzial da, dass sich dort neue Tier- und Pflanzenarten nun ansiedeln.
Woher die Biber kommen, die sich im Knippertzbachtal heimisch fühlen, ist nicht ganz klar. „Um das wirklich zu bestätigen, ist eine DNA-Analyse nötig“, erklärt Neumeier. Er vermutet, dass die Tiere Nachkommen von Bibern aus dem Naturpark Schwalm-Nette an der Grenze zu den Niederlanden sind, die vom Kreis Heinsberg aus bis nach Mönchengladbach eingewandert sind. Der Nachwuchs, der am Knippertzbach zur Welt kommt, verlässt das Revier dann bald ebenfalls. Bis dahin können Spaziergänger die Biber höchstens in der Dämmerung, am Abend oder tagsüber bei der Essenssuche für den Nachwuchs beobachten.