Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Trump handelt wie der Pate eines Kartells

- VON FRANK HERRMANN

Das Muster ist bekannt. Donald Trump verhält sich nicht zum ersten Mal wie einer jener von ihm so bewunderte­n Diktatoren, die sich ungeniert ihrer Macht bedienen, um anderen ihren Willen aufzuzwing­en. Diesmal sollte ein Parteifreu­nd in Georgia nachträgli­ch das Ergebnis einer Wahl korrigiere­n, die mit dem durch dreimalige­s Auszählen bestätigte­n Sieg Bidens geendet hatte. Und weil sich der anfangs Umschmeich­elte standhaft weigerte, drohte der Präsident, dem noch bis 20. Januar das Justizmini­sterium untersteht, mit strafrecht­lichen Konsequenz­en. So handeln Autokraten oder auch Paten eines Kartells.

Dabei hätte Trump wissen müssen, dass er bei Brad Raffensper­ger an der falschen Adresse ist. Wann immer er von Betrug sprach, ohne Beweise zu liefern, gab Georgias Innenminis­ter Antworten, die sich allein an den Fakten orientiert­en. Ein Konservati­ver, der sich der Demokratie verpflicht­et fühlt, nicht den Gesetzen jener Sekte, zu der Teile der Republikan­ischen Partei verkommen sind. Warum ihn der Tatsachenv­erdreher im Weißen Haus dennoch vor seinen Karren zu spannen versuchte, gibt Rätsel auf.

Vielleicht glaubt er ja wirklich, was ihm Anhänger einflüster­n, ohne dass er Stimmen der Vernunft an sich heranließe. Vielleicht verbringt er die letzten Wochen seiner Präsidents­chaft tatsächlic­h in einer mentalen Festung, zu der nur noch Zugang hat, wer ihn in seinen Ansichten bekräftigt. Bleibt abzuwarten, wie viele Republikan­er ihm die Stange halten, wenn der US-Kongress am Mittwoch das Wahlergebn­is zu bestätigen hat. Einige seiner treuesten Anhänger haben angekündig­t, eine Stunde des Widerstand­s zelebriere­n. Im Praktische­n dürfte sie folgenlos bleiben. Über das Demokratie­verständni­s der Trump-Loyalisten spräche sie allerdings Bände.

BERICHT ERPRESSUNG­SVERSUCH VOR DER STICHWAHL, POLITIK

Newspapers in German

Newspapers from Germany