Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Trump handelt wie der Pate eines Kartells
Das Muster ist bekannt. Donald Trump verhält sich nicht zum ersten Mal wie einer jener von ihm so bewunderten Diktatoren, die sich ungeniert ihrer Macht bedienen, um anderen ihren Willen aufzuzwingen. Diesmal sollte ein Parteifreund in Georgia nachträglich das Ergebnis einer Wahl korrigieren, die mit dem durch dreimaliges Auszählen bestätigten Sieg Bidens geendet hatte. Und weil sich der anfangs Umschmeichelte standhaft weigerte, drohte der Präsident, dem noch bis 20. Januar das Justizministerium untersteht, mit strafrechtlichen Konsequenzen. So handeln Autokraten oder auch Paten eines Kartells.
Dabei hätte Trump wissen müssen, dass er bei Brad Raffensperger an der falschen Adresse ist. Wann immer er von Betrug sprach, ohne Beweise zu liefern, gab Georgias Innenminister Antworten, die sich allein an den Fakten orientierten. Ein Konservativer, der sich der Demokratie verpflichtet fühlt, nicht den Gesetzen jener Sekte, zu der Teile der Republikanischen Partei verkommen sind. Warum ihn der Tatsachenverdreher im Weißen Haus dennoch vor seinen Karren zu spannen versuchte, gibt Rätsel auf.
Vielleicht glaubt er ja wirklich, was ihm Anhänger einflüstern, ohne dass er Stimmen der Vernunft an sich heranließe. Vielleicht verbringt er die letzten Wochen seiner Präsidentschaft tatsächlich in einer mentalen Festung, zu der nur noch Zugang hat, wer ihn in seinen Ansichten bekräftigt. Bleibt abzuwarten, wie viele Republikaner ihm die Stange halten, wenn der US-Kongress am Mittwoch das Wahlergebnis zu bestätigen hat. Einige seiner treuesten Anhänger haben angekündigt, eine Stunde des Widerstands zelebrieren. Im Praktischen dürfte sie folgenlos bleiben. Über das Demokratieverständnis der Trump-Loyalisten spräche sie allerdings Bände.
BERICHT ERPRESSUNGSVERSUCH VOR DER STICHWAHL, POLITIK