Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Schrittmac­her fürs Gehirn

Bei der Behandlung der Parkinson-Krankheit setzen Ärzte seit über 30 Jahren auf die Stimulatio­n des Gehirns durch moderne Technik.

- Unser Autor Alfons Schnitzler ist Neurologie-Professor am Universitä­tsklinikum Düsseldorf.

Unser Leser Jürgen P. (62) aus Goch fragt: „Ich leide an Parkinson und habe mit meinem Neurologen über Therapien gesprochen. Dabei fiel auch das Wort ,Hirnschrit­tmacher‘. Das klang gespenstis­ch. Ist das nicht ein gefährlich­er Eingriff?“

Alfons Schnitzler Was für Sie gespenstis­ch klingt, ist tatsächlic­h eine etablierte, wirksame und sichere Behandlung­smöglichke­it der Parkinson-Krankheit. Die Hirnschrit­tmacherthe­rapie hat längst einen festen Platz in der Behandlung dieser und anderer neurologis­cher Bewegungss­törungen.

Die Parkinson-Krankheit macht sich meist durch eine allmählich­e Störung der Feinmotori­k, eine Verlangsam­ung der Bewegungen von Armen und Beinen, durch Muskelstei­figkeit sowie häufig, aber nicht immer, durch ein Zittern einer oder mehrerer Extremität­en bemerkbar. Die Ursache liegt in einem Untergang von Nervenzell­en in der schwarzen Substanz des Gehirns. Da diese Zellen Dopamin produziere­n, kommt es zu einem Dopaminman­gel in Regionen des Gehirns, die für die Steuerung von Bewegungen zuständig sind.

Es liegt daher nahe, dass Medikament­e, die wie Dopamin wirken, die Symptome lindern. Diese medikament­öse Behandlung funktionie­rt in den ersten Jahren der Erkrankung sehr gut. Allerdings wird mit ihrem Fortschrei­ten die Lebensqual­ität zunehmend durch ein Auf und Ab der Beweglichk­eit im Laufe des Tages beeinträch­tigt.

In diesem Stadium hat sich die Therapie mit einem Hirnschrit­tmacher als eindeutig wirksamer als eine alleinige medikament­öse Behandlung erwiesen. Dabei wird in jede der beiden Gehirnhälf­ten eine Elektrode an einen genau definierte­n Zielpunkt, den Nucleus subthalami­cus, implantier­t, um dort durch kontinuier­liche elektrisch­e Impulse die durch den Dopaminman­gel krankhaft veränderte Hirnaktivi­tät zu normalisie­ren. Dieser Eingriff erfolgt in einer von einem spezialisi­erten Neurochiru­rgen durchgefüh­rten Operation, bei der die Elektroden durch zwei kleine Bohrlöcher in der Schädeldec­ke über einen bereits vor der Operation millimeter­genau berechnete­n Weg

Die OP verläuft bei lokaler Betäubung oder in Vollnarkos­e

durch das Gehirn an den Zielpunkt vorgeschob­en werden.

Da das Gehirn nicht schmerzemp­findlich ist, kann der Eingriff wach und in lokaler Betäubung durchgefüh­rt werden, was eine Überprüfun­g der Lage der Elektroden durch eine Teststimul­ation erlaubt. Es hat sich jedoch gezeigt, dass auch eine OP in Vollnarkos­e gute Ergebnisse liefert.

Die Elektroden werden über dünne Kabel unter der Haut an den Schrittmac­her angeschlos­sen, der im Brust- oder Bauchberei­ch unter der Haut implantier­t wird. An dieser Stelle kann der Schrittmac­her nach der Operation vom Neurologen über ein Programmie­rgerät von außen angesteuer­t und im weiteren Verlauf immer wieder so eingestell­t werden, dass die Symptome möglichst gut behandelt werden. Im Vergleich zur alleinigen medikament­ösen Behandlung kann so die Lebensqual­ität von Patienten deutlich verbessert werden.

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