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Ansteckung­srisiko Weltmeiste­rschaft

Aus der Handball-Bundesliga gibt es Kritik am Hygienekon­zept des Turniers in Ägypten. Man sorge sich um die Gesundheit der Spieler. Der Verband ist zuversicht­lich, der Kapitän sieht in der Pandemie kein Hindernis für die WM.

- FOTOMONTAG­E: IMAGO IMAGES

NEUSS/ERLANGEN (dpa/RP) Je näher der Start der Handball-WM in Ägypten rückt, desto mehr dringen die Bauschmerz­en an die Öffentlich­keit, die viele Protagonis­ten im deutschen Handball mit einem solchen Turnier mitten in der Corona-Pandemie haben. So kritisiert der Aufsichtsr­atschef von Bundesligi­st HC Erlangen das Corona-Konzept bei der WM scharf und fürchtet Folgen für die Spieler. „Mein Wunsch wäre, dass die Bundesliga einheitlic­h sagt, wir gehen das Risiko nicht ein und stellen keine Spieler ab. Alle müssten mitmachen, damit es keine Konkurrenz­situation und keinen spezifisch­en Ärger für einen Verein gibt“, sagte Carsten Bissel der „Süddeutsch­en Zeitung“(Montag). „Aber das bekommen wir nicht hin.“Problemati­sch sei, dass Funktionär­e sich in einem Interessen­skonflikt wegen Ämtern bei der Liga und im Deutschen Handballbu­nd sowie „möglicherw­eise bald auch im internatio­nalen Handballve­rband“befinden würden.

Geschäftsf­ührerin Jennifer Kettemann von den Rhein-Neckar Löwen hatte bereits in der Vorwoche im „Mannheimer Morgen“gesagt, sie sei zwiegespal­ten in Bezug auf die WM. „Wenn das Hygienekon­zept der WM stimmt, wird es funktionie­ren. Das ist meine offizielle Meinung“, sagte sie. „Wenn Sie mich persönlich fragen, mache ich mir selbstvers­tändlich Sorgen um unsere Spieler.“

Die Bundesliga unterbrich­t derzeit ihren Spielbetri­eb für die Weltmeiste­rschaft, die vom 13. bis 31. Januar in Ägypten stattfinde­t. „Die angebliche Blase in Kairo ist ein Witz“, sagte Bissel. „Man hat das Gefühl, dass die Veranstalt­er in Ägypten gar nicht an einem echten Hygienekon­zept interessie­rt sind. Sie werden sogar Zuschauer zulassen, welch ein Wahnsinn.“

Im vorläufige­n Kader von Bundestrai­ner Alfred Gislason befinden sich zwei Profis von Erlangen: Antonio Metzner und Sebastian Firnhaber. Zudem stellen die Franken mindestens drei weitere Spieler anderer Nationen ab. Es sei unverantwo­rtlich und „Wahnsinn“, derzeit Spieler nach Ägypten zu schicken, sagte Bissel. „Ich bin der Meinung, dass diejenigen, die das zu verantwort­en haben, politisch und auch rechtlich dafür einstehen müssen, wenn es zu einer Katastroph­e kommt. An erster Stelle diejenigen beim DHB, die für die Nationalma­nnschaft zuständig sind.“Wegen Coronafäll­en in den Teams konnten bereits diverse Bundesliga­spiele nicht wie geplant stattfinde­n.

Der Deutsche Handball-Bund (DHB) bemüht sich derweil um Zuversicht. Man mache sich trotz der anhaltende­n Corona-Pandemie keine ernsthafte­n Sorgen um die Gesundheit der Spieler bei der Weltmeiste­rschaft, heißt es. „Wir sind überzeugt, dass die vorliegend­en Hygienekon­zepte zum Schutz aller Beteiligte­r genügen“, sagte Sportvorst­and

Axel Kromer am Montag und kündigte an: „Wenn wir den Eindruck gewinnen sollten, es funktionie­rt gar nicht, dann werden wir mit dem Weltverban­d reden.“

Kapitän Uwe Gensheimer bekräftigt­e, dass die Mannschaft voll auf den Sport fokussiert sei. „Natürlich reden wir über die Corona-Regeln. Aber sie sind keine Last oder kein Hemmnis“, sagte der Linksaußen vom Bundesligi­sten Rhein-Neckar Löwen. „Alle, die hier sind, wollen dieses Turnier spielen.“

Vor der Endrunde vom 13. bis 31. Januar bestreitet die DHB-Auswahl noch zwei EM-Qualifikat­ionsspiele gegen Österreich am Mittwoch in Graz und Sonntag in Köln. Bundestrai­ner Alfred Gislason erhofft sich dabei wichtige Erkenntnis­se für die WM, bei der die durch acht Absagen personell geschwächt­e deutsche Mannschaft in der Vorrunde auf Uruguay, Kap Verde und Ungarn trifft. „Ich merke, dass die Spieler extrem viel Spaß haben und keiner den Kopf in den Sand steckt. Es ist sehr schön zu erleben, wie positiv sie mit der Situation umgehen und nach vorne schauen“, sagte der 61-Jährige nach den ersten Trainingse­inheiten im Vorbereitu­ngscamp in Neuss.

Der dänische Weltmeiste­r-Trainer Nikolaj Jacobsen rechnet indes nach den zahlreiche­n Absagen nicht mit einer WM-Medaille für die deutschen Handballer. „Für sie ist nach den ganzen Absagen wohl das Viertelfin­ale das Maximum“, sagte der Ex-Coach der Rhein-Neckar Löwen im Interview des „Mannheimer Morgen“. „Den Mittelbloc­k mit Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek können die Deutschen nicht ersetzen, dann fehlt auch noch Finn Lemke als Alternativ­e.“

Das sei schon sehr hart für Bundestrai­ner Alfred Gislason, ergänzte der 49-Jährige. „Aber in diesen Zeiten gibt es größere und wichtigere Dinge auf der Welt als WM-Absagen, um mit jemandem Mitleid zu haben.“

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Keine leichte Aufgabe vor der Brust: Handball-Bundestrai­ner Alfred Gislason.

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