Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Das plant Fridays for Future am Tagebau
Die Corona-Pandemie hat den Widerstand nicht gebrochen. Vor der Bundestagswahl formieren sich erneut die Aktiven.
ERKELENZER LAND Christina Schliesky lässt sich nicht beirren. Auch der Umstand, dass es in der Stadt Erkelenz derzeit keine Gruppe der Fridays-for-Future-Bewegung gibt, ist für die 16-Jährige aus Odenkirchen, die zu einem Gesicht der Bewegung in der Region geworden ist, kein Grund, von einem Erlahmen des Widerstands gegen den Klimawandel zu reden. Im Gegenteil: „Mit ‚Alle Dörfer bleiben‘ gibt es in Erkelenz eine starke und aktive Gruppe, die mit uns an einem Strang zieht gegen den weiteren Braunkohleabbau und für den Erhalt der Dörfer im Erkelenzer Osten.“
Die früheren Sprecherinnen von Fridays for Future wären nach dem Abitur aus Erkelenz weggezogen, eine neue Leitung müsse sich etablieren. Hier sei sicherlich die Corona-Pandemie und die geänderte Unterrichtstruktur nicht förderlich gewesen. Grundsätzlich gelte aber,
„Wir wollen, dass das Kohleausstiegsgesetz noch einmal neu verhandelt wird“Christina Schliesky Fridays for Future
dass die Corona-Pandemie der Fridays-for-Future-Bewegung nicht geschadet oder sie im Kampf gegen die zunehmende Erderwärmung beeinträchtigt habe.
„Wir haben auch 2020 unsere Ziele zum Schutz des Klimas weiterverfolgt und Erfolge verbucht“, sagt Christina Schliesky. Es habe unzählige Protestaktionen gegeben, in vielen Koalitionsvereinbarungen seien Klimaaspekte aufgenommen worden. Die Aktionen rund um den Tagebau Garzweiler II mit mehreren Tausend Teilnehmern sind in Erinnerung geblieben. In Keyenberg und in Lützerath sei Fridays for Future an der Seite von „Alle Dörfer bleiben“tätig gewesen. „Und wir haben den größten Online-Streik Deutschlands organisiert, 270.000 Menschen waren bei einem Livestream vom Tagebaurand Garzweiler II dabei.“
Sie habe nicht das Gefühl, dass der Widerstand weggebrochen sei, ergänzt ihre Mitstreiterin Anne Kubat, mit der sie sich am Tagebaurand von Garzweiler II getroffen hat. Sicherlich würden sich wieder mehr Menschen auf die Straße trauen, wenn der Schutz vor dem Virus dank einer Impfung möglich ist. „Wir haben es trotz der Pandemie geschafft, auf die Straße zu gehen und funktionieren als Bewegung“, sagt sie. In diesem Jahr soll es mehr Aktionen geben, unter anderem wöchentliche
Streiks von Schülern und anderen jeweils freitags. „Wir werden größer, weil es bald weniger Angst vor der Covid-Erkrankung gibt“, ist sich Kubat sicher. Außerdem arbeite Friday for Future an neuen Formaten. Konkreter
wollte Kubat nicht werden.
Schliesky sieht zwei Stoßrichtungen für die anstehende Arbeit. „Zum einem unterstützen wir den Kampf von ‚Alle Dörfer bleiben‘ in Erkelenz.“Hier seien zum Teil gemeinsame Aktionen geplant im Bereich des Tagebaus Garzweiler II, vornehmlich in Lützerath und in Keyenberg. In Lützerath gelte es, solidarisch mit der Mahnwache zu sein, in Keyenberg gehe die Unterstützung der Bewohner in den Baumhäusern weiter und müsse für den Erhalt einer lebenswerten Ortschaft gekämpft werden. „Zum anderen wollen wir, dass sich die Politik noch einmal mit dem Kohleausstiegsgesetz befasst und es neu verhandelt wird.“
Auch im Hinblick auf die anstehende Bundestagswahl will Fridays for Future insbesondere Wirtschaftsminister Peter Altmaier an den Pranger stellen. „Er hat bewusst die Kohlekommission getäuscht und dem Parlament vor der Gesetzgebung ein Gutachten verschwiegen, das den Erhalt der fünf Dörfer in Erkelenz ermöglicht.“Das Verschweigen des Gutachtens zeige, wie groß die Angst der Politik vor der Klimabewegung geworden sei, „sonst hätte Altmaier nicht zu diesen schäbigen Methoden greifen müssen.“Die Politik sei unglaubwürdig geworden. „Es ist lächerlich, wenn uns Politiker für unseren Einsatz für das Klima loben und sie gleichzeitig alles dafür tun, dass der Braunkohle-Abbau unterstützt und die Energiekonzerne mit Milliarden gefördert werden.“
Bei allem Engagement soll die schulische Ausbildung nicht zu kurz kommen. Schliesky braucht inzwischen nicht mehr mit Lehrern zu diskutieren, wenn sie wegen einer Aktion dem Unterricht fernbleibt. Gelegentlich bekommt sie sogar eine offizielle Freistellung, wenn sie etwa als Bundessprecherin von Fridays for Future bei einer Aktion auftritt. „Meine Noten sind trotz meiner Fehlstunden sogar besser geworden“, sagt Schliesky, „und ich habe das Gefühl, dass alle Lehrer mein Engagement akzeptieren.“Sie achtet darauf, dass das außerschulische Engagement nicht zu viel wird. „Ich konzentriere mich mehr auf die Dinge, die ich tue, in der Schule ebenso wie in meiner Freizeit.“