Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Wo es beim Impfen ruckelt und hakt
Nur in einer Handvoll der 43 Alten- und Pflegeheime in der Stadt wurde bisher gegen das Coronavirus geimpft. Es kommt nur wenig Impfstoff an und es hagelt Kritik an der Organisation der Impfungen. Auch OB Felix Heinrichs wünscht sich klarere Informationen
Nur in wenigen der 43 Altenund Pflegeheime wurde bisher geimpft. Es kommt wenig Impfstoff an und hagelt Kritik an der Impf-Organisation.
MÖNCHENGLADBACH Altenheime, medizinisches Personal und Senioren über 80 Jahre sind die Gruppen, die in der ersten Phase Vorrang beim Impfen haben sollen. So ist die Lage:
Pflegeheime 2471 Bewohner und 2789 Beschäftigte in stadtweit 43 Alten- und Pflegeeinrichtungen – „macht bei dem Bion-Tech-Impfstoff, der zwei Mal im Abstand von mindestens 21 Tagen geimpft werden soll, also 10.520 Impfdosen“, hat die Stadt ausgerechnet. So viele Dosen wären also nötig, wenn sich alle Bewohner der Einrichtungen und das komplette Personal impfen ließen. Seit 27. Dezember wurde gerade mal in einer Handvoll Heimen geimpft. Für den Zeitraum vom Start bis zum 21. Januar sind der Stadt insgesamt nur rund 4000 Dosen avisiert.
Der Informationsfluss sei nicht optimal gewesen, kritisiert Oberbürgermeister Felix Heinrichs: „Ich wünsche mir klarere Vorgaben und Aussagen zu Terminen und Abläufen vom Gesundheitsministerium und der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein.“Das sieht Arno Theilmeier, Vorsitzender der Mönchengladbacher Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung (KV ), ähnlich. Das Land und die KV Nordrhein (KVNO), die die Impfungen in den Kommunen der Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln organisieren sollen, hätten sich offensichtlich überfordert gezeigt. „Das liegt an der zentralistischen Struktur. Die Zentrale kennt die Situation vor Ort nicht und müsste mehr Kompetenz in unserer Hände vor Ort legen“, sagt Theilmeier. Beim Impfstart am 27. Dezember sei alles „holterdipolter gegangen“. Er habe in Mönchengladbach nur funktioniert, weil die örtlichen Impfärzte trotz mangelhafter Informationen während der Weihnachtstage die Ärmel hochgekrempelt „und das Heft in die Hand genommen“hätten. „Ich habe den Eindruck, die Politik wollte mit diesem Termin unbedingt ein medienwirksames Fanal setzen“, sagt Theilmeier.
Die KV Nordrhein weist Kritik zurück. „Die Heime sind alle von uns angeschrieben worden, sie haben die Voraussetzungen für einen Impftermin vor Ort mitgeteilt bekommen (Lagerung und Aufbereitung Impfstoff etc.). Entscheidend für den Impftermin ist, dass sich die Heime ,impfbereit’ melden, also die Voraussetzungen erfüllen und angeben, wie viele Impfdosen benötigt werden“, erklärte ein Sprecher. „Es gibt keine weiteren Kriterien für die Reihenfolge der Heime.“
Termine für weitere Impfungen gibt es bereits für einige Gladbacher Altenheime. Am heutigen Mittwoch etwa wird laut Stadt in Rheindahlen geimpft, am Donnerstag in Odenkirchen und am Freitag in Hardterbroich. Bernd Randerath, Leitender Impfarzt und in einem mobilen Impfteam unterwegs, hat auch für die kommende Woche sieben Termine auf seiner Liste. Einbezogen werden Hausärzte, die gewöhnlich in dem jeweiligen Heim tätig sind. Solche Einsätze seien freiwillig, sagt die KVNO. Ob ein mit dem Heim vereinbarter Impftermin immer günstig für den Hausarzt liegt, ist eine andere Frage. Bislang hätten bei seinen Einsätzen die Hausärzte der Heime aber mitgezogen, berichtet Randerath. Geimpft werde auch an Samstagen. Wenn denn Impfstoff vorhanden ist. Klar sei aber, so Randerath, dass die Dosen für eine erforderliche zweite Impfung nach drei Wochen für diesen Tag parat liegen.
Senioren 80+ Die Menschen dieser Altersgruppe, die nicht in Pflegeheimen leben, müssen sich mindestens bis zum Start der Impfzentren gedulden. Den hat das Land für Februar angekündigt. Impftermine sollen in NRW unter der Rufnummer 116117 zu vereinbaren sein. Daran wird laut KVNO ein Call Center angedockt, in dem rund 800 Mitarbeiter für ganz NRW Termine verteilen. Noch ist keine Terminvergabe möglich. Diese werde „mit entsprechendem Vorlauf starten, wir werden darüber breit informieren“, verspricht die KVNO. Senioren über 80 Jahren würden vom Land vorher angeschrieben.
Medizinisches Personal Ab 18. Januar soll auch medizinisches Personal, das häufigen Kontakt mit Covid-Patienten hat, geimpft werden. Die jetzt von Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann verkündete Botschaft hat Jonathan Schmidt wohl gehört. Gleichwohl klingt Skepsis durch, wenn der Arzt, der im Krankenhaus Bethesda seit März immer wieder Covid-Patienten intensivmedizinisch betreut, das kommentiert: „Ich würde mich freuen, wenn es wirklich so kommt.“„Unverständnis“, „Frustration“– so beschreibt Schmidt die Stimmung der Kollegen in den Tagen vor Laumanns Ankündigung. Zumal die Krankenhäuser in der Stadt die Vorbereitungen zur Impfung des eigenen Personals bereits getroffen haben.
Arno Theilmeier hätte sich ebenfalls gewünscht, dass mit Covid-Patienten umgehendes medizinisches Personal an erster Stelle geimpft worden wäre. „Oder zumindest parallel mit den Senioren in den Pflegeheimen“, sagt er. Dass die Prioritäten anders gesetzt wurden, sei „eine rein politische Entscheidung des Landes NRW, die angesichts der verfügbaren Impfstoffmengen kurz vor Weihnachten gefällt wurde“, sagt ein KVNO-Sprecher. Die Vereinigung habe vergebens eine höhere Priorisierung für medizinisches Praxispersonal gefordert.