Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Viel Gleichschritt, wenig Opposition
Im September wurde in Korschenbroich ein neuer Stadtrat gewählt. Es gibt eine neue Fraktion, die Sitzverteilung hat sich verändert, aber die Mehrheiten sind gleich geblieben. Erste Eindrücke aus den Monaten seit der Kommunalwahl.
Im September wurde ein neuer Rat gewählt. Es gibt eine neue Fraktion, die Sitzverteilung hat sich verändert, aber die Mehrheiten sind gleich geblieben.
KORSCHENBROICH Es war ein mühsamer Start in die neue Wahlperiode. 115 Tage sind seit der Kommunalwahl am 13. September vergangen. Neunmal kamen seitdem die neu gewählten Gremien der Stadt zusammen, einmal der Wahlausschuss in alter Besetzung. Manche Ausschüsse fanden Corona-bedingt gar nicht statt. Andere Zusammenkünfte wurden abgekürzt, darunter auch die drei bisherigen Ratssitzungen. Viel ist seit der Wahl noch nicht geschehen in der Korschenbroicher Kommunalpolitik. Aber genug, um erste Rückschlüsse zu ziehen.
Zunächst einmal die Erkenntnis, dass Wahlergebnisse nicht immer etwas verändern. Ja, die SPD hat große Einbußen erleiden müssen. Ja, die Grünen sind jetzt die mit deutlichem Abstand zweitstärkste Kraft im Rat. Die Mehrheit stellen jedoch weiterhin CDU und SPD. Mit nur noch 26 statt zuvor 29 von 42 Mandaten. Aber immer noch souverän. Und wie in der vergangenen Wahlperiode deutet sich an, dass auch in den kommenden fünf Jahren kein Blatt Papier zwischen CDU und SPD passen wird. Unterschiedliche Detailauffassungen wird es sicherlich mal geben. Den großen Krach nicht.
Es ist nicht alles gleich geblieben, das wäre verkürzt dargestellt. Manches ist auch schlechter geworden. Zumindest bei der Diversität der Spitzenposten. Bürgermeister, Stellvertreter, Beigeordnete – das waren bis zum Herbst 2019 alles Männer. Dann wurde Monika Stevens von der SPD als erste stellvertretende Bürgermeisterin nominiert. Sie übernahm die Aufgabe, trat sogar als Bürgermeister-Kandidatin an. Und wurde nach der Wahl wieder abgesetzt. Albert Richter kehrte für die SPD auf den Stellvertreter-Posten zurück. Die Männer waren wieder unter sich.
In der Fraktion bewies die SPD hingegen Erneuerungsmut. Mit dem 28-jährigen Marcel Knuppertz und der 30-jährigen Lena Meyer wählten die Sozialdemokraten gleich zwei junge Politiker an die Spitze. Knuppertz und Meyer, die beide als Lehrer arbeiten, werden verstärkt auf das Thema Bildung setzen. Das zeigten bereits die Eindrücke aus den ersten Sitzungen. Ansonsten ist Neu-Fraktionschef Knuppertz
sehr um Kontinuität bemüht. CDU-Fraktionschef Thomas Siegers und er scheinen auch persönlich gut miteinander auszukommen.
Wenig Möglichkeiten also, um für die „Opposition“im Rat dazwischenzugrätschen. Wenn sie denn wollen würden. So wirkliche Oppositionslust haben bislang allerdings erst zwei von vier Fraktionen gezeigt. Das ist zum einen Die Aktive, für die Hanns-Lothar Endell die angriffslustigste aller Haushaltsreden vorbereitet hatte. Das zeigt zumindest sein Entwurf. Gehalten wurde sie wegen der Corona-Pandemie im Rat ja nicht. Mit nur noch zwei statt fünf Sitzen hat sich der Einfluss der Wählergemeinschaft durch die Kommunalwahl jedoch noch einmal deutlich verringert.
Anders die Grünen. Die Fraktion hat sich von zwei auf neun Mitglieder mehr als vervierfacht. Dem Selbstbewusstsein hat es nicht geschadet. Die Möglichkeiten sind gestiegen. Mehr als auf Themen hinweisen und Debatten anstoßen, können die Grünen allerdings auch in der neuen Wahlperiode nicht. Außer Schwarz-Rot erleidet doch noch eine überraschende Bruchlandung. Beim Klimaschutz dürften die Grünen allerdings über Umwege erfolgreich sein. Schon weit vor der Wahl brachte die CDU ihr eigenes Klimaschutzkonzept auf den Weg, der Wahlerfolg der Grünen dürfte den Lösungsdruck bei den Mehrheitsfraktionen noch erhöht haben.
Die personell neu aufgestellte FDP präsentierte sich in den ersten Sitzungen hingegen eher als eine Art dritte Mehrheitsfraktion. Fraktionschef Thomas Betz scheint sich, wie in den Haushaltsberatungen erlebt, eher als Ideengeber für CDU und SPD, denn als Konfliktsuchenden zu verstehen. Das war unter seiner Vorgängerin Hanne Wolf-Kluthausen noch anders. Und auch die neu formierte Zwei-Mann-Fraktion aus Zentrum und Linke hat noch nicht so wirklich ihre Oppositionslust gepackt. Im Hauptausschuss stimmte Wolfgang Hübgens (Zentrum) sogar für den Haushaltsentwurf, bevor ihn Heiner Bäther (Linke) im Rat ablehnte. Eine Haushaltsrede veröffentlichte keiner von beiden.
Das alles sind erste Eindrücke. Noch bleiben den Fraktionen mehr als viereinhalb Jahre, um sie zu bestätigen oder zu widerlegen.