Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Das Alter im Auge behalten

Seit 2005 war Gladbachs Startelf nicht mehr so alt wie die in Bielefeld.

- VON JANNIK SORGATZ FOTOS: DPA (4)

Die Akteure im reifen Alter: Seit der Saison im Jahr 2005 war Gladbachs Startelf nicht mehr so alt wie zuletzt die in Bielefeld.

In einer Hinsicht hat es immer einen großen Effekt, wenn Oscar Wendt vom Feld geht und Ramy Bensebaini reinkommt: Borussias Durchschni­ttsalter sinkt durch diesen Wechsel um beinahe ein Jahr. So war es auch am Samstag, als die Fohlen mit 28,7 Jahren begonnen hatten. Dann kamen Alassane Plea und Denis Zakaria für Breel Embolo und Florian Neuhaus, schon betrug der Schnitt mehr als 29 Jahre. Doch mit Bensebaini­s Hereinnahm­e fiel er wieder wie der Dax in Frankfurt nach einer schlechten Bilanznach­richt.

28,7 Jahre – älter als beim 1:0 gegen Arminia Bielefeld war Borussias Startelf in der Bundesliga zuletzt vor mehr als 15 Jahren bei einer Derby-Niederlage gegen den 1. FC Köln unter Horst Köppel. Der Rekord stammt aus dem Frühjahr 2004, als der Schnitt in einem Auswärtssp­iel beim VfL Bochum unter Holger Fach bei 29,3 Jahren lag. Im Tor stand damals der 39-jährige Claus Reitmaier, vorne stürmte der 33-jährige Arie van Lent. Nach dem Abstieg 1999 war Borussia unter Rainer Bonhof in der 2. Bundesliga anfangs sogar älter als 30.

Die aktuelle Borussia hat keine Methusalem-Fraktion, auch wenn lange kein 35-jähriger Feldspiele­r so regelmäßig zum Einsatz kam wie Wendt. In Bielefeld zählten neben dem Schweden noch Lars Stindl (32) und Yann Sommer (32) zu den Ü30-Fohlen. In Gladbachs Kader treibt eher der Mangel an echten Youngstern den Schnitt nach oben. Die Jahrgänge des neuen Jahrtausen­d sind noch nicht richtig angekommen. Neuhaus war zuletzt der jüngste Borusse auf dem Rasen, er wird im März 24. Fehlt Marcus Thuram, der im August seinen 24. Geburtstag feiert, nicht gesperrt, ist er Borussias jüngster Stammspiel­er. Auch wenn der Franzose mit seiner Spuck-Attacke noch Lernbedarf unter Beweis gestellt hat: Profi ist er in der sechsten Spielzeit.

Das Internatio­nal Centre for Sports Studies (CIES) aus der Schweiz gibt das Durchschni­ttsalter aller Erstligist­en in Europa besonders präzise an, weil es die Einsatzmin­uten der Profis gewichtet. Mit 27,5 Jahren belegt Borussia Platz vier in der Bundesliga – oder sollte lieber von Platz 15 die Rede sein, da ein zu hoher Schnitt selten als erstrebens­wert gilt? Am Freitag empfängt Gladbach den FC Bayern, der mit 27,9 auch ein wenig in die Jahre gekommen ist und sich längst intensive Gedanken um die Zeit nach Manuel Neuer, Thomas Müller und Robert Lewandowsk­i machen muss.

Auf dem Transferma­rkt hat sich Borussia in den vergangene­n Perioden um Verjüngung gemüht. 2019 kam Embolo mit 22, Bensebaini mit 24, Thuram wurde kurz nach seinem Wechsel 22, Lainer war mit knapp 27 schon ein ungewöhnli­ch alter Einkauf. Im Sommer 2020 gingen dann mit Raffael (35), Fabian Johnson (32) und Tobias Strobl (30) drei altgedient­e Profis, Hannes Wolf (21) und Valentino Lazaro (24) wurden ausgeliehe­n.

Es ist eher der stabile Kern des Kaders, der dafür sorgt, dass die Fohlen beileibe nicht mehr als junge Mannschaft durchgehen. Alarmiert müssen die Kaderplane­r um Manager

Max Eberl und Scoutingch­ef Steffen Korell noch nicht sein. Denn in einer anderen Statistik belegen die Borussen den (in diesem Fall zweifellos guten) fünften Platz in ganz Europa. 48,8 Monate stehen die eingesetzt­en Spieler im Schnitt schon im Profikader, nur der FC Barcelona, Real Madrid, Bayern München und ZSKA Moskau können noch mehr personelle Kontinuitä­t vorweisen.

Da im nächsten Sommer tendenziel­l jüngere Abgänge zu erwarten sind, sollte Borussia das Altersgefü­ge aber genau im Blick haben. Mit Tony Jantschke (30), Tobias Sippel (32) und Stindl hat der Verein bereits verlängert, Wendt hat gute Aussichten, noch einmal einen Jahresvert­rag zu bekommen, von den Langzeit-Borussen dürfte nur Ibrahima Traoré (32) gehen.

In dieser Saison war Roses Startelf immer mindestens 26,5 Jahre alt – selbst die jüngste Borussia erreichte damit schon den Liga-Schnitt. 2019/20 kam die jüngste Elf zum Einsatz, als die Verletzung­ssorgen am größten waren. Im DFB-Pokal bei Borussia Dortmund durfte Jordan Beyer (damals 19) beginnen, im Mittelfeld war neben Neuhaus (damals 22) noch Laszlo Bénes (damals 22) en vogue. Der jugendlich­e Schnitt von 24,9 war eine Ausnahme in den vergangene­n Jahren. Dass eine jüngere Fohlenelf auflief, ist eine Weile her. Im letzten Spiel 2017, im Pokal gegen Bayer Leverkusen, betrug der Schnitt 24,7 Jahre. Damals setzte Dieter Hecking neben dem 19-jährigen Reece Oxford auf den 18-jährigen Michael Cuisance. Denis Zakaria und Nico Elvedi waren erst 21, auch Matthias Ginter erst 23.

In dieser Saison tickt die Uhr erst mal ohne Widerständ­e weiter. Die

Startelf vom Samstag wäre im Mai durchschni­ttlich älter als 29. Ein zweites Mal keine Spieler zu verkaufen und zu kaufen, dürfte damit nicht nur aus finanziell­er Sicht wenig erstrebens­wert sein. Fluktuatio­n könnte Gladbach helfen, die Fohlen-Philosophi­e zu stärken.

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Kapitän Lars Stindl (32) hat bislang 191 Pflichtspi­ele absolviert.
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Routinier Tony Jantschke (30) kommt auf 280 Spiele.
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Yann Sommer (32) war 268-mal für Borussia im Einsatz.
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Oscar Wendt (35) liegt bislang bei 292 Borussia-Einsätzen.

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