Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Ärzte und Städte loben, Lehrer warnen
Der Marburger Bund sowie die Gemeinden begrüßen die Beschlüsse von Bund und Ländern. Der Deutsche Lehrerverband fürchtet Lernrückstände.
BERLIN Bund und Länder haben sich zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie auf weitere Kontakteinschränkungen und eine Verlängerung des Lockdowns verständigt. Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund begrüßte den Beschluss. „Ohne die Kontakt- und Aktivitätsbeschränkungen der vergangenen Wochen wäre unser Gesundheitswesen kollabiert. Man muss sich nur die Bettenbelegung auf den Intensivstationen anschauen, um das Ausmaß der Belastung zu erfassen, das inzwischen erreicht ist“, sagte die Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna. Ärzte und Pflegende hätten in den vergangenen ztwölf Tagen knapp 8000 schwerkranke Covid-19-Patienten in den Kliniken behandelt und dazu noch 15.000 weitere Intensivpatienten mit anderen Erkrankungen, betonte die Medizinerin. „Das Klinikpersonal ist seit Wochen im absoluten Dauerstress, es häufen sich die krankheitsbedingten Ausfälle.“
Eine Lockerung von Kontaktbeschränkungen würde zu dieser Jahreszeit zwangsläufig zu noch stärker steigenden Infektionszahlen führen und die medizinische Versorgung gefährden. Das dürfen wir nicht zulassen“, so Johna. Es sei richtig, die Bremse stärker anzuziehen: „Der Bund-Länder-Beschluss ist deshalb nur konsequent. Wo immer es möglich ist, sollten die Menschen Kontakte vermeiden. Mit der Verfügung
von Maßnahmen allein ist es aber nicht getan – sie müssen auch durchgesetzt werden.“
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte die Verlängerung der Lockdown-Maßnahmen ebenfalls, zweifelt aber an der Umsetzbarkeit des Bewegungsradius. Ein solcher sei kaum kontrollierbar und es sei fraglich, ob er letztlich durch die vielen Ausnahmen (zum Beispiel Pendeln zur Arbeit) Wirkung entfalten werde, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg.
Auswirkungen haben die Beschlüsse zudem auf die Schulen und Kitas im Land. Sie bleiben bis zum 31. Januar zu. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, sagte: „Es wird immer deutlicher, dass die Hoffnung, die Wissenslücken aus dem letzten Schuljahr in diesem Schuljahr ausgleichen zu können und gleichzeitig keine neue Defizite auflaufen zu lassen, nicht erfüllt werden kann.“Er geht davon aus, dass selbst bildungspolitische Gegenmaßnahmen
die sozialen Nachteile für Kinder und Jugendliche nicht vollständig abfangen können. „Natürlich kann man versuchen, durch Kürzung von Lehrplaninhalten und angepasste Prüfungsanforderungen Härten zu vermeiden. Aber das wird nicht verhindern können, dass sich die Gerechtigkeitslücke zwischen Kindern aus bildungsaffinen Elternhäusern und Kindern ohne elterliche Unterstützung oder aus schwierigen sozialen Verhältnissen vergrößern wird.“