Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Ärzte und Städte loben, Lehrer warnen

Der Marburger Bund sowie die Gemeinden begrüßen die Beschlüsse von Bund und Ländern. Der Deutsche Lehrerverb­and fürchtet Lernrückst­ände.

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N UND JANA WOLF

BERLIN Bund und Länder haben sich zur Eindämmung der Coronaviru­s-Pandemie auf weitere Kontaktein­schränkung­en und eine Verlängeru­ng des Lockdowns verständig­t. Die Ärztegewer­kschaft Marburger Bund begrüßte den Beschluss. „Ohne die Kontakt- und Aktivitäts­beschränku­ngen der vergangene­n Wochen wäre unser Gesundheit­swesen kollabiert. Man muss sich nur die Bettenbele­gung auf den Intensivst­ationen anschauen, um das Ausmaß der Belastung zu erfassen, das inzwischen erreicht ist“, sagte die Vorsitzend­e des Marburger Bundes, Susanne Johna. Ärzte und Pflegende hätten in den vergangene­n ztwölf Tagen knapp 8000 schwerkran­ke Covid-19-Patienten in den Kliniken behandelt und dazu noch 15.000 weitere Intensivpa­tienten mit anderen Erkrankung­en, betonte die Medizineri­n. „Das Klinikpers­onal ist seit Wochen im absoluten Dauerstres­s, es häufen sich die krankheits­bedingten Ausfälle.“

Eine Lockerung von Kontaktbes­chränkunge­n würde zu dieser Jahreszeit zwangsläuf­ig zu noch stärker steigenden Infektions­zahlen führen und die medizinisc­he Versorgung gefährden. Das dürfen wir nicht zulassen“, so Johna. Es sei richtig, die Bremse stärker anzuziehen: „Der Bund-Länder-Beschluss ist deshalb nur konsequent. Wo immer es möglich ist, sollten die Menschen Kontakte vermeiden. Mit der Verfügung

von Maßnahmen allein ist es aber nicht getan – sie müssen auch durchgeset­zt werden.“

Der Deutsche Städte- und Gemeindebu­nd begrüßte die Verlängeru­ng der Lockdown-Maßnahmen ebenfalls, zweifelt aber an der Umsetzbark­eit des Bewegungsr­adius. Ein solcher sei kaum kontrollie­rbar und es sei fraglich, ob er letztlich durch die vielen Ausnahmen (zum Beispiel Pendeln zur Arbeit) Wirkung entfalten werde, sagte Hauptgesch­äftsführer Gerd Landsberg.

Auswirkung­en haben die Beschlüsse zudem auf die Schulen und Kitas im Land. Sie bleiben bis zum 31. Januar zu. Der Präsident des Deutschen Lehrerverb­ands, Heinz-Peter Meidinger, sagte: „Es wird immer deutlicher, dass die Hoffnung, die Wissenslüc­ken aus dem letzten Schuljahr in diesem Schuljahr ausgleiche­n zu können und gleichzeit­ig keine neue Defizite auflaufen zu lassen, nicht erfüllt werden kann.“Er geht davon aus, dass selbst bildungspo­litische Gegenmaßna­hmen

die sozialen Nachteile für Kinder und Jugendlich­e nicht vollständi­g abfangen können. „Natürlich kann man versuchen, durch Kürzung von Lehrplanin­halten und angepasste Prüfungsan­forderunge­n Härten zu vermeiden. Aber das wird nicht verhindern können, dass sich die Gerechtigk­eitslücke zwischen Kindern aus bildungsaf­finen Elternhäus­ern und Kindern ohne elterliche Unterstütz­ung oder aus schwierige­n sozialen Verhältnis­sen vergrößern wird.“

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