Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Golfstaaten legen Katar-Krise bei
Die Mitglieder des Kooperationsrats einigen sich bei einem Gipfeltreffen. Differenzen bleiben dennoch.
AL-ULA Einen Augenblick zögerten die beiden Männer. Der Emir von Katar, Tamim bin Hamad al-Thani, war gerade in der saudischen Wüstenstadt Al-Ula gelandet, um zum ersten Mal seit drei Jahren an einem Gipfeltreffen des Golf-Kooperationsrates teilzunehmen. Vor dem Flugzeug wartete Mohammed bin Salman, der als Kronprinz von Saudi-Arabien seit 2017 eine Vendetta gegen Katar führte. Nun standen sich beide gegenüber – und umarmten sich.
Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Bahrain und Ägypten hatten 2017 alle wirtschaftlichen und diplomatischen Kontakte zu Katar abgebrochen und die Grenzen zu dem kleinen Emirat im Persischen Golf geschlossen. Als Bedingung für eine Aufhebung der Blockade forderten sie unter anderem die Schließung des Senders
Al-Dschasira und eines türkischen Militärstützpunktes in Katar sowie ein Ende der Unterstützung der islamistischen Muslimbruderschaft. Katar überstand den Boykott mithilfe der Türkei und des Iran.
Kurz vor der Ankunft des Emirs in Al-Ula hatte sich Saudi-Arabien bereit erklärt, die Grenzen zu Katar wieder zu öffnen. Kronprinz Mohammed
bin Salman handelte unter dem Druck der USA. Nach den Grundsatzabkommen zwischen Israel, den VAE, Bahrain, Sudan und Marokko im vergangenen Jahr ist die Beilegung des Katar-Streits ein Baustein von Donald Trumps Vorhaben, die Region gegen den gemeinsamen Gegner Iran zu einen.
Mit der Bereitschaft, Katar die Hand zu reichen, will Saudi-Arabien außerdem ein Signal an den künftigen Präsidenten Joe Biden senden. In den vergangenen Jahren hatte sich bin Salman mit der Katar-Krise, dem Krieg im Jemen und der Ermordung des Dissidenten Jamal Khashoggi aus Sicht Bidens zum regionalen Außenseiter gemacht. Biden will deshalb strenger mit Saudi-Arabien umgehen als Trump.
In Al-Ula wurde die Einigung im Katar-Streit schriftlich besiegelt. Gastgeber bin Salman würdigte die Verständigung und kritisierte den Iran, dessen „zerstörerische Pläne“ eine entschiedene Reaktion der internationalen Gemeinschaft erforderten. Dem Golf-Kooperationsrat gehören neben Saudi-Arabien und Katar die VAE, Bahrain, Kuwait und Oman an. Ägypten nahm an dem Gipfel am Dienstag ebenfalls teil.
Details der Einigung waren zunächst nicht bekannt. Medienberichten zufolge erklärte sich Katar im Gegenzug für das Ende der Grenzblockaden seiner Nachbarn bereit, alle laufenden juristischen Verfahren gegen die beteiligten Länder zu beenden. Von einer Schließung Al-Dschasiras oder der türkischen Militärbasis war keine Rede.
Fest steht: Auch nach dem Ende der Katar-Krise werden die Differenzen zwischen den Golf-Monarchien weiterbestehen. Die Einigung befasse sich, so Nahost-Experte Andreas Krieg vom Londoner King’s College, nur mit den Symptomen des Konflikts, aber nicht mit dessen ideologischen Wurzeln.