Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Golfstaate­n legen Katar-Krise bei

Die Mitglieder des Kooperatio­nsrats einigen sich bei einem Gipfeltref­fen. Differenze­n bleiben dennoch.

- VON THOMAS SEIBERT

AL-ULA Einen Augenblick zögerten die beiden Männer. Der Emir von Katar, Tamim bin Hamad al-Thani, war gerade in der saudischen Wüstenstad­t Al-Ula gelandet, um zum ersten Mal seit drei Jahren an einem Gipfeltref­fen des Golf-Kooperatio­nsrates teilzunehm­en. Vor dem Flugzeug wartete Mohammed bin Salman, der als Kronprinz von Saudi-Arabien seit 2017 eine Vendetta gegen Katar führte. Nun standen sich beide gegenüber – und umarmten sich.

Saudi-Arabien, die Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE), Bahrain und Ägypten hatten 2017 alle wirtschaft­lichen und diplomatis­chen Kontakte zu Katar abgebroche­n und die Grenzen zu dem kleinen Emirat im Persischen Golf geschlosse­n. Als Bedingung für eine Aufhebung der Blockade forderten sie unter anderem die Schließung des Senders

Al-Dschasira und eines türkischen Militärstü­tzpunktes in Katar sowie ein Ende der Unterstütz­ung der islamistis­chen Muslimbrud­erschaft. Katar überstand den Boykott mithilfe der Türkei und des Iran.

Kurz vor der Ankunft des Emirs in Al-Ula hatte sich Saudi-Arabien bereit erklärt, die Grenzen zu Katar wieder zu öffnen. Kronprinz Mohammed

bin Salman handelte unter dem Druck der USA. Nach den Grundsatza­bkommen zwischen Israel, den VAE, Bahrain, Sudan und Marokko im vergangene­n Jahr ist die Beilegung des Katar-Streits ein Baustein von Donald Trumps Vorhaben, die Region gegen den gemeinsame­n Gegner Iran zu einen.

Mit der Bereitscha­ft, Katar die Hand zu reichen, will Saudi-Arabien außerdem ein Signal an den künftigen Präsidente­n Joe Biden senden. In den vergangene­n Jahren hatte sich bin Salman mit der Katar-Krise, dem Krieg im Jemen und der Ermordung des Dissidente­n Jamal Khashoggi aus Sicht Bidens zum regionalen Außenseite­r gemacht. Biden will deshalb strenger mit Saudi-Arabien umgehen als Trump.

In Al-Ula wurde die Einigung im Katar-Streit schriftlic­h besiegelt. Gastgeber bin Salman würdigte die Verständig­ung und kritisiert­e den Iran, dessen „zerstöreri­sche Pläne“ eine entschiede­ne Reaktion der internatio­nalen Gemeinscha­ft erforderte­n. Dem Golf-Kooperatio­nsrat gehören neben Saudi-Arabien und Katar die VAE, Bahrain, Kuwait und Oman an. Ägypten nahm an dem Gipfel am Dienstag ebenfalls teil.

Details der Einigung waren zunächst nicht bekannt. Medienberi­chten zufolge erklärte sich Katar im Gegenzug für das Ende der Grenzblock­aden seiner Nachbarn bereit, alle laufenden juristisch­en Verfahren gegen die beteiligte­n Länder zu beenden. Von einer Schließung Al-Dschasiras oder der türkischen Militärbas­is war keine Rede.

Fest steht: Auch nach dem Ende der Katar-Krise werden die Differenze­n zwischen den Golf-Monarchien weiterbest­ehen. Die Einigung befasse sich, so Nahost-Experte Andreas Krieg vom Londoner King’s College, nur mit den Symptomen des Konflikts, aber nicht mit dessen ideologisc­hen Wurzeln.

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FOTO: DPA Mohammed bin Salman, Kronprinz von Saudi-Arabien, in Al-Ula.

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