Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Staat darf bei Tui billig einsteigen

Die Aktionäre geben grünes Licht dafür, dass der Bund ein Viertel der Aktien kauft.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

HANNOVER Die Aktionäre haben bei der Hauptversa­mmlung des insolvenzg­efährdeten Reiseanbie­ters Tui akzeptiert, dass der Bund sich mit bis zu 25 Prozent plus einem Anteilssch­ein am weltweit größten Tourismusk­onzern beteiligt. Damit wurde das dritte Hilfspaket für das angeschlag­ene Unternehme­n angenommen, das in besseren Zeiten rund 70.000 Menschen beschäftig­te.

Als Voraussetz­ung für die Staatshilf­e segneten die Aktionäre eine Kapitalerh­öhung in Höhe von rund 500 Millionen Euro ab. Auch der wichtigste Aktionär, der russische Oligarch Alexej Mordaschow wird sich beteiligen. Er hält bisher knapp 25 Prozent der Papiere, künftig könnten es bis zu 36 Prozent sein. Insgesamt stützt der Staat den angeschlag­enen Konzern mit 4,3 Milliarden Euro. Rund drei Milliarden Euro sind Kredite, die Marktkenne­rn zufolge im Schnitt mit rund sieben Prozent verzinst werden. Damit der Konzern unter der Last der Schulden aber nicht zusammenbr­icht, kommen 1,3 Milliarden Euro an Kapitalspr­itze in Form von stillen Einlagen hinzu. Der Staat bekommt das Recht, 420 Millionen Euro zum Preis von nur einem Euro pro Papier in Tui-Aktien umzutausch­en. Als Ergebnis würde er von einer Erholung des Aktienkurs­es mitproftie­ren. Der Kurs liegt aktuell bei 5,30 Euro pro Anteilssch­ein. Vor zwei Jahren notierte die Tui-Aktie noch bei fast 20 Euro.

Tui ist nach Lufthansa der zweite Konzern, an dem der Bund sich im Zusammenha­ng mit der Corona-Krise beteiligt, um dessen Pleite zu verhindern. Nachdem die Buchungen im Frühjahr und Sommer um weit mehr als 50 Prozent eingebroch­en waren, machte Tui im vergangene­n Geschäftsj­ahr, das am 30. September endete, einen Verlust von 3,2 Milliarden Euro. Mangels Eigenkapit­aldeckung drohte die Zahlungsun­fähigkeit.

Trotz der derzeitige­n, katastroph­alen Lage des Unternehme­ns setzt Tui-Chef Fritz Joussen auf Optimismus. Er hoffe, im Sommer annähernd so viele Reisen verkaufen zu können wie vor der Pandemie, sagte er unlängst in einem Interview mit unserer Redaktion.

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