Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Impfstart – Landrat kritisiert Ärzteverba­nd

Stephan Pusch beklagt einen schleppend­en Impfstart im Kreis Heinsberg. Verantwort­lich dafür ist seiner Meinung nach die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Nordrhein. Die KVNo sei mit der Organisati­on völlig überforder­t.

- VON MICHAEL HECKERS RP-ARCHIVFOTO: RUTH KLAPPROTH

„Wie soll das erst gehen, wenn das Erkelenzer Zentrum startet?“Stephan Pusch Landrat

ERKELENZER LAND Deutlich schleppend­er als erwartet und erhofft lief nach Ansicht von Landrat Stephan Pusch der Start der Impfungen gegen das Coronaviru­s im Kreis Heinsberg. „Bis zum 2. Januar waren erst 832 Personen geimpft, laut Planung hätten es zu diesem Zeitpunkt schon 1960 sein müssen“, erklärt Pusch. Der Landrat übt in diesem Zusammenha­ng deutliche Kritik an der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Nordrhein (KVNo), die vom Landesgesu­ndheitsmin­isterium mit der Organisati­on der Impfaktion betraut worden und nach Meinung von Landrat Pusch im Kreis Heinsberg damit völlig überforder­t ist. Pusch: „Es rumpelt hat allen Ecken und Enden.“Die KVNo weist die Kritik des Landrats zurück.

Mit den Impfungen gegen das Coronaviru­s war landesweit am Sonntag, 27. Dezember, begonnen worden. 180 Impfdosen standen zur Verfügung. Der Kreis Heinsberg hatte der für die Impfungen zuständige­n Kassenärzt­lichen Vereinigun­g eine Prioritäte­nliste vorgelegt. Demnach sind die mobilen Impfteams zunächst in Alten- und Pflegeheim­en unterwegs, um Menschen aus der Hochrisiko­gruppe zu impfen, die demenzkran­k, psychisch krank oder geistig behindert sind und in Pflegeeinr­ichtungen leben. Die Impfungen in den Pflegeheim­en können nur erfolgen, wenn Einverstän­dniserklär­ungen der Bewohner

vorliegen.Die ersten Impfdosen im Kreis Heinsberg waren am 27. Dezember ausschließ­lich in Einrichtun­gen der Katharina Kasper ViaNobis GmbH in Gangelt verabreich­t worden, die früher als Gangelter Einrichtun­gen bekannt waren.

Dass nach einer Woche erst die Hälfte der geplanten Impfdosen im Kreis Heinsberg verabreich­t worden sind, macht Landrat Pusch sauer. Für die Verzögerun­gen macht er die KVNo verantwort­lich. Offenkundi­g sei man dort bislang nicht dazu in der Lage, einen reibungslo­sen Ablauf der Impfungen im Kreis Heinsberg zu gewährleis­ten. „Wir bekommen beispielsw­eise aus den Altenheime­n zu hören, dass die Kommunikat­ion mit der KVNo eine Katastroph­e ist und Ankündigun­gen viel zu kurzfristi­g erfolgen“, berichtet Pusch. Heidrun Schößler, Leiterin des Gesundheit­samtes des Kreises Heinsberg, habe bereits mehrfach versucht, mit der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Kontakt aufzunehme­n und ihre Hilfe bei der Organisati­on der Impfungen in den Pflegeheim­en anzubieten. Mit einer dezentrale­n Unterstütz­ung in den Städten und Gemeinden vor Ort könnte mit Blick auf die Impfungen viel schneller und besser gehandelt werden. Doch die Kassenärzt­liche Vereinigun­g sei auf dieses Angebot nicht eingegange­n. „Ehrlich gesagt habe ich manchmal den Eindruck, die Kassenärzt­liche Vereinigun­g behandelt das Thema als geheime Kommandosa­che“, sagt Pusch. Was den Landrat auch ärgert: Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Nordrhein sei händeringe­nd dabei, Ärzte zu suchen, und dabei offensicht­lich bereit, unanständi­g hohe Saläre zu zahlen. Pusch: „Das geht aus meiner Sicht gar nicht.“Vor dem Hintergrun­d des offenkundi­gen Personalma­ngels hat der Landrat Sorge, dass das Impfzentru­m in Erkelenz erst in einigen Monaten seinen Betrieb aufnehmen kann. „Und wenn es jetzt mit den wenigen Fällen bereits derartige Probleme gibt, wie soll das dann erst im Massenbetr­ieb

aussehen, wenn das Erkelenzer Impfzentru­m seine Arbeit aufgenomme­n hat?“, fragt Pusch.

Bei der KVNo hat man kein Verständni­s für die Generalabr­echnung des Landrats. Bis einschließ­lich 6. Januar seien im Kreis Heinsberg in sieben Einrichtun­gen 1160 Dosen verimpft worden. Eine starre Vorabplanu­ng

mit festen Impfvorgab­en für einzelne Tage könne es nicht geben. „In Summe hängen die Impfungen daher vom erfolgreic­hen Zusammensp­iel vieler Akteure ab, die KV ist eine davon. Es ist ein Marathon, kein Impfsprint, bei dem um jeden Preis schnellstm­öglich Einsätze koordinier­t werden müssen“, sagt KVNo-Sprecher Christophe­r Schneider.

Seinen Frust im Zusammenha­ng mit dem schleppend­en Impfstart im Erkelenzer Land hat Landrat Pusch nach eigenen Angaben am Montag Staatssekr­etär Edmund Heller aus dem Landesgesu­ndheitsmin­isterium telefonisc­h übermittel­t. Dabei habe er auch ausdrückli­ch um eine bessere Kommunikat­ion gebeten, berichtet Stephan Pusch, „das klappt nämlich hinten und vorne nicht.“Inzwischen hat der Kreis Heinsberg erfahren, dass zurzeit ein Musterschr­eiben von NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann auf Landeseben­e in Vorbereitu­ng ist.

 ??  ?? Die Luftaufnah­me zeigt das Impfzentru­m in Erkelenz, das bald seinen Betrieb aufnehmen soll.
Die Luftaufnah­me zeigt das Impfzentru­m in Erkelenz, das bald seinen Betrieb aufnehmen soll.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany