Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Nichts gilt für alle Ewigkeit

- VON FRANK HERRMANN

Nun also Georgia. Der Staat im Süden der USA, lange eine verlässlic­he Bastion der Konservati­ven, hat Geschichte geschriebe­n. Mit Raphael Warnock, dem Pfarrer der Kirche, in der einst Martin Luther King predigte, delegiert er zum ersten Mal überhaupt einen schwarzen Kandidaten in den Senat in Washington. Offen bleibt, ob Jon Ossoff, ein 33-Jähriger, der bei der Bürgerrech­tslegende John Lewis in die politische Lehre ging, das zweite Duell um einen Sitz in der Kammer gewann. In jedem Fall schneiden die Demokraten besser ab, als es Skeptiker in ihren Reihen erwartet hatten.

Damit beweist Georgia zum zweiten Mal in zwei Monaten, dass es auch in den alten Südstaaten nichts gibt, was für alle Ewigkeit gilt. Im November kam Joe Biden dort vor Donald Trump ins Ziel, seit 1992 der erste demokratis­che Präsidents­chaftsanwä­rter, der im „Pfirsich-Staat“das Rennen machte. Nun hat Bidens Partei wohl einen Doppelsieg draufgeset­zt. Damit war nicht unbedingt zu rechnen, denn eigentlich ist es Amerikaner­n ganz recht, wenn nicht alle Macht in der Hauptstadt in den Händen einer Partei liegt. Von Ausnahmesi­tuationen abgesehen, favorisier­en sie die Bremswirku­ng der Gewaltente­ilung. Jenen Normalzust­and, bei dem Demokraten das Weiße Haus und Republikan­er zumindest eine Kammer des Kongresses kontrollie­ren – oder umgekehrt.

Dass es womöglich anders ausgeht, hat auch mit Trump zu tun. Einem schlechten Verlierer, der sich hartnäckig weigert, seine Niederlage anzuerkenn­en und sich umso peinlicher blamiert, je länger er feststeckt in seiner Parallelwe­lt. Das Beispiel Georgia zeigt es einmal mehr: Große Teile der Mittelschi­chten sind auf Distanz zu einem Egomanen gegangen, der zum eigenen Nutzen die Polarisier­ung im Land vier Jahre lang vertiefte und seit seiner Abwahl nur noch nervt. BERICHT ALLE SCHAUEN AUF GEORGIA, POLITIK

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