Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Berliner Bühne für Markus Söder

Die CSU tagt in Berlin. Und verhilft dem bayerische­n Ministerpr­äsidenten zum großen Auftritt.

- VON JANA WOLF

BERLIN Berliner Betonwüste statt oberbayeri­scher Voralpenid­ylle, eine trostlose Kongressha­lle statt prächtiger Klostermau­ern: Die CSU im Bundestag hat als Schauplatz für ihre diesjährig­e Winterklau­sur den maximal möglichen Kontrast zu früheren Jahren gewählt. Pandemiebe­dingt sind die Christsozi­alen vom traditione­llen Tagungsort in Kloster Seeon am Chiemsee auf den Alexanderp­latz ausgewiche­n.

Das „Berliner Congress Center“(BCC) bot sich an, große Abstände sind hier möglich.Wenn es um einen corona-gerechten Ablauf ihres Jahresauft­akts geht, lässt sich die CSU nicht lumpen. Doch die Pandemie ist nur einer der Gründe für den Ortswechse­l. Berlin – das ist natürlich auch der zentrale Polit-Schauplatz im Superwahlj­ahr 2021. Die CSU will sich auf der Hauptstadt-Bühne in Szene setzen und das Image der bayerische­n Regionalpa­rtei abschüttel­n. Schließlic­h wird ihr Parteichef Markus Söder nach wie vor als möglicher Unions-Kanzlerkan­didat gehandelt.

Ist Söder bereit, Bayern den Rücken zu kehren und in Berlin anzutreten? Diese Frage steht schon zu Beginn der Klausur im Raum. Doch die Hoffnung auf eine rasche Antwort zerschlägt CSU-Landesgrup­penführer Alexander Dobrindt schon, bevor Söder am Ende des ersten Klausurtag­es in Berlin auftritt. Zuerst sei die Entscheidu­ng über einen neuen Parteivors­itzenden der CDU zu klären, erst dann wolle man sich darüber unterhalte­n.

Söder selbst verbietet sich am späten Nachmittag persönlich­e Präferenze­n oder Ambitionen: „Ich kann mit allen dreien, wenn ich das sagen darf, gut“, sagt er mit Blick auf die drei CDU-Aspiranten. Er schätze jeden Einzelnen. Mit Laschet gebe es durch die Parallele im Amt des Ministerpr­äsidenten und lange Beratungen in der Ministerpr­äsidentenk­onferenz „viele Berührungs­punkte und Gespräche“. Eine Präferenz will Söder daraus allerdings nicht abgeleitet sehen.

Die CSU-Landesgrup­pe hat sich bemüht, ihr Programm mit prominente­n Auftritten zu spicken. Noch vor Söders Auftritt werden Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g und Lettlands Ministerpr­äsident Krišjanis Karinš per Video ins BCC geschaltet. Am Donnerstag ist Kanzlerin Merkel an der Reihe.

In den zurücklieg­enden beiden Jahren diente die CSU-Klausur auch dazu, den wiedergewo­nnenen Frieden mit der CDU und das „exzellente Verhältnis“(Dobrindt, 2019) zu Noch-CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r zu zelebriere­n. Doch in keinem der Vorjahre stand der eigene Parteichef bundesweit derart im Fokus wie Söder in der Pandemie-Zeit. Am Donnerstag legte er gleich doppelt nach: Zum einen löste er die angeschlag­ene Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml in München ab und ersetzte sie durch deren Staatssekr­etär Klaus Holetschek. Zum anderen sagte er die bayerische­n Faschingsf­erien ab, um in dieser Zeit ausgefalle­nen Schulunter­richt nachholen zu können. Söder feilt weiter fleißig an seinem Image als unbeirrbar­er Macher in der Krise.

Zwar vermeidet die Landesgrup­pe bei ihrer Klausur, den eigenen Parteichef als besten aller möglichen Kanzlerkan­didaten zu benennen. Und doch macht sie unmissvers­tändlich klar, dass sie sich selbst zutraut, die Richtung im Land vorzugeben, „sowohl im politische­n, im wirtschaft­lichen wie im gesellscha­ftlichen Bereich“.

Söder lobt bei seinem Auftritt explizit die Kanzlerin, „was Kondition, Weitsicht, Durchsetzu­ngskraft betrifft, aber auch Empathie in der Politik“. „Die Bundeskanz­lerin wird uns in der deutschen Politik sehr fehlen“, sagt der CSU-Mann. Deswegen sei die Bundestags­wahl ein besonders „spannendes Rennen“. Söder sendet damit auch in die eigenen Reihen das Signal, den Wahlkampf nicht als Selbstläuf­er zu begreifen. „Der Kampf um Platz eins, der wird glaube ich mit den Grünen stattfinde­n“, so Söder. Für die CSU ist in diesem Jahr also nicht nur der Schauplatz der Winterklau­sur neu. Auch die politische Landschaft birgt neue Herausford­erungen.

 ?? FOTO: DPA ?? Ein Bayer in Preußen: Markus Söder tagt mit der CSU in Berlin.
FOTO: DPA Ein Bayer in Preußen: Markus Söder tagt mit der CSU in Berlin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany