Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
„Die Bayern sind derzeit eine Macht“
Der 28-Jährige erklärt, wie Borussia den Meister trotzdem ärgern kann und wie ihn das DFB-Debüt noch besser gemacht hat.
Jonas Hofmann erklärt, wie Borussia den Meister trotzdem ärgern kann und wie ihn das DFB-Debüt noch besser gemacht hat.
Jonas Hofmann, Sie sind wieder da nach einem Muskelbündelriss. Wie nah sind Sie den 100 Prozent?
HOFMANN Das Spiel in Bielefeld hat mir sehr gut getan. Ich habe gemerkt, dass ich die Meter wieder machen, die Sprints anziehen kann und Vertrauen in den Oberschenkel habe. Generell war es ein gelungenes Bundesliga-Comeback, auch aufgrund der drei Punkte. Da geht man gleich mit einem ganz anderen Gefühl ins neue Jahr und nimmt Selbstvertrauen mit, was mit Blick auf das Spiel gegen den FC Bayern nur von Vorteil sein kann.
In Bielefeld sind sie 12,66 Kilometer gelaufen, nur Frankfurts Djibril Sow legte am vergangenen Spieltag mehr zurück. Hat Sie das selbst überrascht nach der Verletzung?
HOFMANN Der Trainer hat mich so um die 70. Minute mal gefragt, ob alles gut ist bei mir. Da habe ich nur genickt und den Daumen hoch gezeigt. Wie gesagt, ich habe mich sehr, sehr gut gefühlt. Bis zum Pokalspiel vor Weihnachten waren es knapp sechs Wochen Pause. Das ist noch ein Zeitrahmen, in dem man nicht so viel verliert. Dementsprechend war mir relativ klar, dass ich nicht so lange brauchen werde, um mein Pensum wieder zu erreichen.
Wie bitter war es im November, dass Sie mal wieder eine Verletzung aus einer Top-Form gerissen hat?
HOFMANN Die Antwort kann nur lauten: extrem bitter. Mich trifft es leider öfter, und dann noch in Phasen, in denen man es gar nicht gebrauchen kann. Aber ich bin ein positiver Typ und immer gut gelaunt. Nach ein paar Verletzungen kann man damit umgehen. Deshalb bringt es nichts, sich einen Kopf zu machen. Unmittelbar nach der Diagnose ärgert man sich vielleicht ein paar Tage, dann wandelt es sich schnell bei mir und ich blicke nach vorne.
In Ihrer Abwesenheit hat die Mannschaft nur zwei von neun Spielen gewonnen, die Phase war kompliziert. Was war Ihr Eindruck von außen in der Zeit?
HOFMANN Der Trainer hat schon gesagt, dass wir viele ordentliche Spiele hatten, in denen Kleinigkeiten gefehlt haben. Hoffenheim war das beste Beispiel. Beim Stand von 1:0 gab es eine Szene, in der man gemerkt hat, dass der Gegner eigentlich weg ist und keine großen Gedanken daran verschwendet, das Spiel noch zu gewinnen. In solchen Situationen haben wir es in einigen Spielen nicht geschafft, auf Ergebnis zu spielen. Wir waren ein bisschen zu naiv, was mich angesichts unserer Entwicklung wundert. Wir waren eigentlich auf dem Weg, eine reifere Mannschaft zu werden. Wieder
effektiver zu werden, daran müssen wir arbeiten.
Der FC Bayern hat zuletzt gegen Mainz 5:2 nach 0:2-Rückstand gewonnen. Was fängt man als nächster Gegner mit so einer Partie an?
HOFMANN Dass Bayern immer vier, fünf, vielleicht sogar sechs Tore schießen kann, ist bekannt. Wir brauchen einen Tag, an dem alles ineinander greift, defensiv wie offensiv, die Einstellung muss von Beginn an passen. Die Bayern sind momentan eine Macht und rufen das immer wieder ab. Aber wir haben in der Vergangenheit oft gezeigt, dass wir ihnen Paroli bieten können. Ein Flutlichtspiel am Freitagabend – wenn auch ohne Zuschauer – sollte uns einen Push geben, um sie wieder zu ärgern.
Das Flutlicht war auch am 7. Dezember 2019 angeschaltet, beim 2:1-Sieg gegen die Bayern. Was können Sie aus diesem Spiel ziehen? Die Leistung bei der Niederlage in der Rückrunde war runder.
HOFMANN An die zwei Tore von Ramy Bensebaini, beide nach Standards, kann ich mich natürlich gut erinnern. Wir müssen wieder dahin kommen, dass wir 90 Minuten durchziehen, besonders beim Verteidigen. Da ist das 1:2 in München natürlich ein Beispiel, wie es nicht laufen soll, als der Ball unbehelligt durch die Reihen rollte und drin war. Solche einfachen Dinge gilt es mit Überzeugung zu verhindern. Wir müssen dazu unsere eigenen Stärken einbringen, Standards zum Beispiel. Und es ist extrem wichtig, Ballbesitz zu haben und nicht nur hinterherzulaufen. Denn das ist genau das, was die Bayern wollen: den Gegner im Kopf müde machen und dann im richtigen Moment zuschlagen.
Einige Bayern-Spieler haben Sie im Herbst bei der Nationalmannschaft getroffen. Was haben diese Nominierungen mit Ihnen gemacht?
HOFMANN Noch mehr Selbstvertrauen haben sie auf jeden Fall gegeben, das war noch mal ein i-Tüpfelchen auf der Karriere, weil ich schon als Kind davon geträumt habe. Mit vielen Weltklassespielern auf dem Platz zu stehen, gibt dir auf jeden Fall einen Push. Ich habe auch das Gefühl, dass mir das Erlebnis noch mehr Konstanz gibt. Den Punkt habe ich in den letzten Jahren ja selbst an mir kritisiert. Zu meiner Verteidigung könnte ich die Verletzungen zu ungünstigen Zeitpunkten anführen. Aber mir haben die Nominierungen auch bei der Persönlichkeitsentwicklung geholfen.
Wenn wir in unseren Artikeln häufig Ihren Nachnamen verwendet haben, schreiben wir „der 28-Jährige“oder „der Ex-Dortmunder“. Sollten wir „der Nationalspieler“fest ins Repertoire aufnehmen?
HOFMANN (lacht) Hört sich auf jeden Fall geil an! Es ist das Ziel, weiter dabei zu sein. Wenn man die Luft einmal schnuppern durfte, will man das immer wieder. Ich habe ehrlich gesagt auch ein sehr gutes Gefühl. Für mich läuft es gut, ich zeige konstant gute Leistungen. Dementsprechend bin ich momentan eine gute Alternative für den Bundestrainer.
Das Thema DFB kommt erst Ende März wieder auf. Davor ist auf der großen Bühne das Achtelfinale der Champions League angesagt. Wie froh sind Sie, da noch einmal ran zu dürfen?
HOFMANN Extrem froh! Ein K.o.Spiel in der Champions League ist etwas ganz Besonderes. City wird eine riesige Herausforderung, es ist auch eine Top-Mannschaft in Europa mit Weltklasse-Fußballern. Wir haben vor der Gruppenphase gesagt, dass wir weiterkommen wollen, trotz der drei großen Namen. Klar ist, dass wir auch jetzt weiterkommen wollen, obwohl der Gegner Manchester City heißt. Das Ziel ist das Viertelfinale.
Wie und wo haben Sie die Entscheidung am letzten Spieltag erlebt?
HOFMANN Ich saß mit pochendem Herz zu Hause vor dem Fernseher. Ab der 75. Minute habe ich beide Spiele, unseres gegen Real sowie Inter gegen Donezk, gleichzeitig laufen lassen. Das war das aufregendste und emotionalste Spiel, an dem ich nicht direkt beteiligt war. Da ist auch der eine oder andere Freudenschrei zu hören gewesen bei mir.
DFB-Team, Königsklasse – das Tagesgeschäft ist aber die Bundesliga. Wie sehen Sie Borussias Ausgangslage, um nächstes Jahr wieder international dabei zu sein?
HOFMANN Wir wollten alle vor Weihnachten besser dastehen und wissen, dass uns einfach ein paar Punkte fehlen. In den Pokalwettbewerben wollten wir überwintern und in der Liga in Schlagdistanz sein. Das sind wir, deshalb haben wir alle Möglichkeiten, noch Ähnliches wie letzte Saison zu erreichen. Es war wichtig, mit drei Punkten ins Jahr zu starten, das gibt gleich ein gutes Gefühl. Man hat letzte Saison gesehen, dass wir, wenn wir einmal einen Lauf haben, auch viele Spiele hintereinander gewinnen können. Den Rückstand auf die Spitzengruppe versuchen wir jetzt Woche für Woche zu verringern.
Die Gerüchte um Marco Rose und Borussia Dortmund schwirren weiter herum. Ihr Kollege Matthias Ginter hat berichtet, dass er den Trainer darauf mal angesprochen hat. Welcher Typ sind Sie im Umgang mit solch einer Situation?
HOFMANN Natürlich nimmt man das wahr, aber ich muss gestehen, dass ich mich ungern zu diesen Angelegenheiten äußere. Wir schätzen uns sehr, sehr glücklich, so einen Trainer zu haben. Nichtsdestotrotz ist das am Ende seine Sache. Er muss wissen, was für ihn das Richtige ist – falls es überhaupt um eine Entscheidung gehen sollte, die er treffen muss. Ich habe aber in keiner Weise gemerkt, dass er sich uns gegenüber anders verhält oder, wie dann ja oft geschrieben wird, in irgendeiner Form nachlässt. Er ist einer, der sich immer voll reinhaut.
Vor anderthalb Jahren hat ein ambitioniertes Projekt mit Rose und Borussia begonnen. Da wäre es doch besonders wünschenswert, wenn es mindestens in ein drittes Jahr ginge, oder?
HOFMANN Einen Trainer zu haben, der so große Ziele hat, ist wunderbar. Marco ist genau der Richtige, Max Eberl hat da super Arbeit geleistet, dass wir ihn gewinnen konnten. Ich würde aber mal prophezeien, dass Marco nicht 30 Jahre hier Trainer bleibt. Er hat natürlich persönliche Ziele, die er noch erreichen will, das ist nur verständlich. Ich kann allerdings nur betonen, dass wir glücklich und zufrieden sind mit ihm. Schauen wir mal, wie es weitergeht.