Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Staatsanleihen – Fluch oder Segen?
Die einen verteufeln sie, andere halten sie für ein erfolgreiches Instrument.
Ende 2014 lag die Inflationsrate im Euroraum teilweise im negativen Bereich, das Wirtschaftswachstum war gering, die Arbeitslosigkeit hoch. Dieses Umfeld verlangte nach Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank (EZB). Doch die EZB kann nur die kurzfristigen Zinssätze direkt festlegen. Diese waren bereits null oder sogar negativ. So beschloss die EZB unter anderem, im hohen Umfang Staatsanleihen zu kaufen, um über diesen Weg die langfristigen Zinsen zu senken. Diese Käufe haben dazu beigetragen, dass bis zum Ausbruch der Pandemie die Inflationsrate gestiegen, die Wirtschaft gewachsen und die Arbeitslosigkeit gesunken ist.
Anfang 2020 führte der Ausbruch der Corona-Pandemie zu erheblichen Problemen an den Finanzmärkten. Es kam zu Kurseinbrüchen, Panik machte sich breit. Die EZB legte infolgedessen ein Programm auf, unter dem sie etwa ihre Staatsanleihekäufe massiv ausdehnte. Das Programm trug erheblich dazu bei, dass sich die Finanzmärkte beruhigten. Ferner bewirkte es, dass sich auch die Staaten in der Pandemie weiterhin günstig finanzieren konnten.
Aber genau diese günstige Finanzierung kann zum Fluch werden. Sehr umfangreiche, über einen langen Zeitraum vorgenommene Staatsanleihekäufe durch die Zentralbank können Anreize für Regierungen bewirken, die in einer hohen, problematischen Staatsverschuldung münden. Weitere Gefahren solcher Käufe können beispielsweise die Verfestigung ineffizienter Strukturen oder die Blasenbildung an Immobilien- und Aktienmärkten sein.
Die Staatsanleihekäufe der EZB sind somit auf der einen Seite ein Segen, aber die hohen Volumina und der lange Zeitraum, über den sie getätigt werden, können sie zum Fluch werden lassen.