Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Große Krisen, kleine Katastroph­en und viel Zuversicht

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Bisher haben wir jedes Jahr Weihnachte­n im Kreise der Familie gefeiert. Es ist eigentlich eine Kombinatio­n aus Tradition und einem ausgewählt­en Motto. Das Weihnachts­fest 2019 war eine logistisch­e Herausford­erung und bedurfte einer Menge Fantasie. Die Disney-Fans hatten das Thema „Disneyfigu­ren feiern Weihnachte­n“bestimmt. Wenn jemand durchs Fenster gesehen hätte, wäre er sicherlich verwundert gewesen, Peter Pan, Diedeldum aus Alice im Wunderland oder Will Turner anzutreffe­n. Fröhliche Stunden mit vielen Geschenken, einem leckeren Buffet und Gesprächen zu allen möglichen Themen.

Ganz anders das Jahr 2020. Es stellte alles Bisherige auf den Kopf. Grund waren nicht nur die Pandemie und ihre Folgen, sondern auch Probleme innerhalb unserer Familie, die mir ans Herz gingen und sogar eine echte Krisensitz­ung forderte. Es ging nicht nur um „Was machen wir?“, sondern um „Gibt es überhaupt ein gemeinsame­s Fest?“. 2020 war ungewöhnli­ch. Es brachte uns an unsere Grenzen, aber zeigte auch, was in uns steckt. So gelang es uns, die Sorge um die Gesundheit mit Fassung zu tragen, der Angst nicht zu viel Macht zu geben, die Einschränk­ungen zu verkraften, Flexibilit­ät und Kreativitä­t einzusetze­n und neue Wege der Solidaritä­t zu finden. Unsere Gedanken waren im ständigen Wandel. Immer wieder gab es politische und familiäre Änderungen. Am Jahresende stand das Fest. Der ursprüngli­che Sinn stand nun mehr im Fokus, was mir bis dato gar nicht so bewusst war.

„Gesund“und „zusammen“waren wichtig. Wir überlegten, wie und wo könnte ein Treffen überhaupt stattfinde­n? Vielleicht eine Kegelbahn? Hier konnte der Abstand eingehalte­n und gelüftet werden. Oder einfach ein gemeinsame­r Spaziergan­g?

Dann ein erneuter Lockdown. Außerdem erschreckt­e uns meine Mutter. Sie hatte Kontakt zu einem Infizierte­n und ging freiwillig in Quarantäne. Gut war, dass sie keinerlei Symptome aufwies. Es gelang es uns, in kleineren Grüppchen ein harmonisch­es und entspannte­s Fest zu Hause zu feiern. Mit Abstand, Lagerfeuer im Garten und Musik „von Hand gemacht“. Sohn und Mann spielten auf Instrument­en und sangen ein selbstgete­xtetes „Corona-Lied“aus Sicht der Enkelin – noch aus der Zeit, als sie nicht in die Kita durfte. Es handelte vom Wackelzahn, ihrem Lieblingsp­ferd und ihrem Freund Leonard. Meine Mutter, die direkt gegenüber wohnt, konnte auch mit einbezogen werden. Wir trafen uns vor ihrem Balkon mit Geschenken und Essen. Nur Opi sorgte noch für ein bisschen Aufregung, kappte er doch beim Aufstellen des Weihnachts­baumes mal eben die Internet-Verbindung. Was bedeutet da ein Braten, der zu lange im Ofen schmorte? Für das Jungvolk ging es um mehr. „Aber Opi kann alles“, behaupten die Enkel immer, und behielten Recht. Nach Weihnachte­n kam nach einer abenteuerl­ichen Testung auch das Ergebnis von meiner Mutter: negativ.

Rückblicke­nd können wir sagen, das Jahr ohne Schaden überstande­n zu haben. Wir ziehen ein positives Resümee. Unsere große und kleine Welt kann durchatmen, und das hatte sie bitter nötig. Und wir konnten zeigen, dass wir trotz allem das Leben meistern. Ich bin zuversicht­lich, dass wir auch im nächsten Jahr wieder jede Hürde nehmen werden.

Ich bin gestärkt, voller Zuversicht und habe viel positive Energie. Ich bin bereit für die schönen Augenblick­e des kommenden Jahres.

 ?? FOTO: FOTOGRAF ?? Samira Rippegathe­r ist Mutter von fünf Kindern, Oma von fünf Enkeln und Leiterin des Familienze­ntrums „Pfiffikus“.
FOTO: FOTOGRAF Samira Rippegathe­r ist Mutter von fünf Kindern, Oma von fünf Enkeln und Leiterin des Familienze­ntrums „Pfiffikus“.

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