Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Corona-Werte stiften Verwirrung
Der Kreis Heinsberg veröffentlichte am Donnerstag zwei verschiedene und weit auseinanderliegende CoronaInzidenzwerte. Doch es gilt: Die Lage bleibt trotz Lockdown angespannt. Allein im neuen Jahr gibt es schon 21 Tote.
ERKELENZER LAND Um die aktuelle Lage während der Corona-Pandemie möglichst genau darzustellen, gibt es zahlreiche Parameter: die Zahl der Infizierten, die Zahl der Toten, die Zahl der belegten Intensivbetten, den R-Wert oder die Sieben-Tage-Inzidenz. Alle haben statistisch gesehen Vor- und Nachteile.
Der Inzidenzwert, der die Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen beschreibt, ist allerdings der, dem die Politik die größte Bedeutung beimisst. An ihm orientieren sich viele der Maßnahmen und Beschränkungen der Corona-Schutzverordnung.
Der Kreis Heinsberg hat am Donnerstag nun zwei verschiedene Werte veröffentlicht, die zwei völlig andere Bilder vom Infektionsgeschehen in der Region zeichnen: Laut eigener Rechnung liegt die Inzidenz im Kreis Heinsberg derzeit bei 166,3. Laut dem offiziell zuständigen NRW-Landeszentrum Gesundheit (LZG) liegt sie bei nur 86,9.
Dass die beiden Zählweisen derart voneinander abweichen, liegt an der großen Zahl der positiven Schnelltests in den vergangenen Tagen. Das LZG nimmt die Ergebnisse der Schnelltests seit dem 24. Dezember nicht mehr in seine Statistik auf.
Deren Ergebnisse sind schließlich nicht immer genau, ein negativer Schnelltest sagt zudem nicht aus, dass die getestete Person Corona-negativ ist, sondern lediglich, dass sie im Moment des Tests nicht ansteckend war – ein kleiner, aber feiner Unterschied. Offiziell positiv ist man in diesem Fall erst, wenn nach dem Schnelltest auch ein „herkömmlicher“PCR-Test positiv ausfällt.
Da die Zahl der im Kreis verwendeten Schnelltests und auch deren positive Resultate in den vergangenen Wochen stark gestiegen sind, hält die Kreisverwaltung ihren (höheren) Inzidenzwert für deutlich realistischer: „Wir halten es für medizinisch sinnvoll, die Schnelltests mitzuzählen, weil positive Tests nur sehr selten falsch sind, und finden unsere Inzidenz ausschlaggebender“, erklärte Kreissprecherin Jennifer Grünter auf Anfrage.
In der Tat gelten positive Schnelltest-Ergebnisse als sehr sicher, während negative Ergebnisse durchaus falsch sein können – ganz ähnlich wie bei Schwangerschaftstests.
Schnelltests werden seit Anfang November vor allem in Altenheimen und Krankenhäusern regelmäßig durchgeführt. Allerdings habe auch die Zahl der Schnelltests im privaten Bereich stark zugenommen, sagt Grünter. Zu erstehen sind sie bei Privatanbietern, in Apotheken oder in Online-Shops zu einem Preis, der meist um die zehn Euro pro Test liegt. Gerade vor den Feiertagen hätten viele Menschen davon Gebrauch gemacht, um ohne schlechtes Gewissen im Familienkreis Weihnachten zu feiern.
Für die Corona-Maßnahmen entscheidend, auch für eine mögliche 15-Kilometer-Radius-Beschränkung, ist allerdings der derzeit niedrigere Wert des LZG. Dieser dürfte in den kommenden Tagen aber ebenfalls wieder kräftig ansteigen, wenn die im Schnelltest positiv Getesteten ihre offiziellen Ergebnisse erhalten. Für die Region, also den Kreis Heinsberg,
bedeutet das, dass die niedrigen Inzidenzwerte der Vergangenheit wie erwartet (leider) wenig mit der Realität zu tun hatten. Das Infektionsgeschehen hat sich auch über die Feiertage und trotz Lockdown nicht entspannt. Einen großen Hotspot, etwa in einem Altenheim, hat es in den vergangenen Tagen laut Kreisverwaltung nicht gegeben. Die „wirklichen“Corona-Zahlen hätten sich auch über die Feiertage nicht verbessert., es habe keinen großen Sprung gegeben.
Wie ernst die Lage ist, zeigt sich auch in den Krankenhäusern, wo sich die von Gesundheitsamt-Chefin Heidrun Schößler bereits Anfang Dezember prognostizierten Todesfälle häufen.
Seit Mittwoch gab es neun weitere Corona-Tote, sechs davon kamen aus Erkelenz und Hückelhoven. Allein seit dem 30. Dezember sind im Kreis damit 21 Menschen an oder mit Covid-19 gestorben, insgesamt hat die Pandemie bereits 192 Menschen das Leben gekostet.