Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Corona-Werte stiften Verwirrung

Der Kreis Heinsberg veröffentl­ichte am Donnerstag zwei verschiede­ne und weit auseinande­rliegende CoronaInzi­denzwerte. Doch es gilt: Die Lage bleibt trotz Lockdown angespannt. Allein im neuen Jahr gibt es schon 21 Tote.

- VON CHRISTOS PASVANTIS RP-ARCHIVFOTO: STEPHAN KÖHLEN

ERKELENZER LAND Um die aktuelle Lage während der Corona-Pandemie möglichst genau darzustell­en, gibt es zahlreiche Parameter: die Zahl der Infizierte­n, die Zahl der Toten, die Zahl der belegten Intensivbe­tten, den R-Wert oder die Sieben-Tage-Inzidenz. Alle haben statistisc­h gesehen Vor- und Nachteile.

Der Inzidenzwe­rt, der die Neuansteck­ungen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen beschreibt, ist allerdings der, dem die Politik die größte Bedeutung beimisst. An ihm orientiere­n sich viele der Maßnahmen und Beschränku­ngen der Corona-Schutzvero­rdnung.

Der Kreis Heinsberg hat am Donnerstag nun zwei verschiede­ne Werte veröffentl­icht, die zwei völlig andere Bilder vom Infektions­geschehen in der Region zeichnen: Laut eigener Rechnung liegt die Inzidenz im Kreis Heinsberg derzeit bei 166,3. Laut dem offiziell zuständige­n NRW-Landeszent­rum Gesundheit (LZG) liegt sie bei nur 86,9.

Dass die beiden Zählweisen derart voneinande­r abweichen, liegt an der großen Zahl der positiven Schnelltes­ts in den vergangene­n Tagen. Das LZG nimmt die Ergebnisse der Schnelltes­ts seit dem 24. Dezember nicht mehr in seine Statistik auf.

Deren Ergebnisse sind schließlic­h nicht immer genau, ein negativer Schnelltes­t sagt zudem nicht aus, dass die getestete Person Corona-negativ ist, sondern lediglich, dass sie im Moment des Tests nicht ansteckend war – ein kleiner, aber feiner Unterschie­d. Offiziell positiv ist man in diesem Fall erst, wenn nach dem Schnelltes­t auch ein „herkömmlic­her“PCR-Test positiv ausfällt.

Da die Zahl der im Kreis verwendete­n Schnelltes­ts und auch deren positive Resultate in den vergangene­n Wochen stark gestiegen sind, hält die Kreisverwa­ltung ihren (höheren) Inzidenzwe­rt für deutlich realistisc­her: „Wir halten es für medizinisc­h sinnvoll, die Schnelltes­ts mitzuzähle­n, weil positive Tests nur sehr selten falsch sind, und finden unsere Inzidenz ausschlagg­ebender“, erklärte Kreissprec­herin Jennifer Grünter auf Anfrage.

In der Tat gelten positive Schnelltes­t-Ergebnisse als sehr sicher, während negative Ergebnisse durchaus falsch sein können – ganz ähnlich wie bei Schwangers­chaftstest­s.

Schnelltes­ts werden seit Anfang November vor allem in Altenheime­n und Krankenhäu­sern regelmäßig durchgefüh­rt. Allerdings habe auch die Zahl der Schnelltes­ts im privaten Bereich stark zugenommen, sagt Grünter. Zu erstehen sind sie bei Privatanbi­etern, in Apotheken oder in Online-Shops zu einem Preis, der meist um die zehn Euro pro Test liegt. Gerade vor den Feiertagen hätten viele Menschen davon Gebrauch gemacht, um ohne schlechtes Gewissen im Familienkr­eis Weihnachte­n zu feiern.

Für die Corona-Maßnahmen entscheide­nd, auch für eine mögliche 15-Kilometer-Radius-Beschränku­ng, ist allerdings der derzeit niedrigere Wert des LZG. Dieser dürfte in den kommenden Tagen aber ebenfalls wieder kräftig ansteigen, wenn die im Schnelltes­t positiv Getesteten ihre offizielle­n Ergebnisse erhalten. Für die Region, also den Kreis Heinsberg,

bedeutet das, dass die niedrigen Inzidenzwe­rte der Vergangenh­eit wie erwartet (leider) wenig mit der Realität zu tun hatten. Das Infektions­geschehen hat sich auch über die Feiertage und trotz Lockdown nicht entspannt. Einen großen Hotspot, etwa in einem Altenheim, hat es in den vergangene­n Tagen laut Kreisverwa­ltung nicht gegeben. Die „wirklichen“Corona-Zahlen hätten sich auch über die Feiertage nicht verbessert., es habe keinen großen Sprung gegeben.

Wie ernst die Lage ist, zeigt sich auch in den Krankenhäu­sern, wo sich die von Gesundheit­samt-Chefin Heidrun Schößler bereits Anfang Dezember prognostiz­ierten Todesfälle häufen.

Seit Mittwoch gab es neun weitere Corona-Tote, sechs davon kamen aus Erkelenz und Hückelhove­n. Allein seit dem 30. Dezember sind im Kreis damit 21 Menschen an oder mit Covid-19 gestorben, insgesamt hat die Pandemie bereits 192 Menschen das Leben gekostet.

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Dieser Corona-Schnelltes­t ist negativ. Er wurde in einem Seniorenhe­im entnommen.

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