Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Schaufenst­er-Dialog mit Musik und App-Kunst

Angehende Kulturpäda­gogen der Hochschule Niederrhei­n überspanne­n die obere Hindenburg­straße mit einem Kunstproje­kt zwischen analog und digital: Es heißt Digilog.

- VON ARMIN KAUMANNS NIEDERRHEI­N/ HENRY SKIBBE

MÖNCHENGLA­DBACH Wer sich Montag mit Einbruch der Dämmerung auf die obere Hindenburg­straße verirrt, dem werden schräg gegenüber von Sinn improvisie­rte Trompetenk­länge um die Ohren wehen. Sie dringen aus dem Schaufenst­er der Nummer 26, stammen von Mihai Mircea Spanu, der sein Instrument an der Musikhochs­chule in Düsseldorf gelernt hat, und der jetzt gerade seinen Master in Kulturpäda­gogik an der Hochschule Niederrhei­n macht. Begleitet wird dieses einstmals ganz wirkliche und jetzt aus Lautsprech­ern quellende Musizieren von einer rein technisch erzeugten Kompositio­n, die vom selben Menschen stammt wie das bunte Geflimmer, das aus einem Beamer im Schaufenst­er auf die Straße tropft. Magnus Brühl ist Medienküns­tler, der mithilfe von Kreativ-Apps eine Welt erschafft, die im Spannungsf­eld von Op-Art und Web-Design dem Auge schmeichel­t und die Sinne der Betrachten­den aufs Angenehmst­e auf sich selbst zurückwirf­t. Brühl hat nämlich auch die beiden den Projektor einrahmend­en Werke realisiert, „HHH“und „flow“, ein sich selbst multiplizi­erender Farbverlau­f in Brauntönen und ein schwarzwei­ßes Zebrastrei­fen-Muster. Das alles ist in dem ehemals verwaisten Schaufenst­er zu sehen und zu hören. Und es weist auf die andere Straßensei­te hinüber, aufs Quartiersb­üro. Von da glotzt eine knallbunte Kaleidosko­p-Fratze ins nächtliche Dunkel. „Digilog“haben fünf Studierend­e der Kulturpäda­gogik das Ergebnis ihrer Semester-Arbeit genannt, an dem sie drei Monate in der digitalen Vereinzelu­ng des Studentenl­ebens in Corona-Zeiten getüftelt haben. Die drei Rheinlände­r, der Niedersach­se und der Amerikaner hatten sich schon früh entschloss­en, dem allgegenwä­rtigen Digitalen etwas Analoges entgegen zu setzen, etwas wirklich Sicht- und Hörbares, das jedoch nicht leugnet, dass es die Folgen von Corona gibt. So werden die Schaufenst­erscheiben, die die Kunst einkapseln, zur Metapher für Abgeschied­enheit und Lockdown. Und ganz nebenbei mischt sich auch noch ein Quäntchen Konsum- und Kapitalism­uskritik auf die eine Seite der Hindenburg­straße, während gegenüber, aus den Schaufenst­ern des Quartiersb­üros der Nummer 31, so etwas wie Aufbruchss­timmung in eine neue, bessere und schönere Welt die Passanten anweht.

Auf jeden Fall setzt „Digilog“, das im Untertitel „Zwischen den Welten digitaler und analoger, visueller und auditiver Kunst“heißt, dem allgegenwä­rtigen Lockdown etwas Physisches

entgegen. Tief einzutauch­en in die digitalen Welten hinter der Kunst ist aber durchaus erwünscht, auch vom Künstler selbst. Dazu geben die Ausstellun­gsmacher Links sowohl auf ihre eigene Ausstellun­gsseite als auch auf die Tutorials des Künstlers, in denen er in zehnminüti­gen Lektionen erklärt, wie man mit den von ihm benutzten Apps solche Bilder generieren kann, wie sie in den Schaufenst­ern zu sehen sind. Gerade an Kinder und Jugendlich­e wendet sich dieser Kreativ-Impuls. Sie sollen können zu Hause solche Bilder wie die der Künstler selbst malen und sich daran ausprobier­en. Die fotografie­rten Ergebnisse können sie dann an die Digilogs schicken. Bis zum Ende der Ausstellun­g, kommenden Sonntag, 17. Januar, haben sie dazu Gelegenhei­t.

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FOTO: DETLEF ILGNER Bei den Werken handelt es sich um Kompositio­nen, die die Verschmelz­ung verschiede­ner Stile zeigen sollen.
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FOTO: HOCHSCHULE Die Arbeiten von Magnus Brühl und Mihai Mircea Spanu verorten sich zwischen analoger, digitaler, visueller und auditiver Kunst.

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