Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Schaufenster-Dialog mit Musik und App-Kunst
Angehende Kulturpädagogen der Hochschule Niederrhein überspannen die obere Hindenburgstraße mit einem Kunstprojekt zwischen analog und digital: Es heißt Digilog.
MÖNCHENGLADBACH Wer sich Montag mit Einbruch der Dämmerung auf die obere Hindenburgstraße verirrt, dem werden schräg gegenüber von Sinn improvisierte Trompetenklänge um die Ohren wehen. Sie dringen aus dem Schaufenster der Nummer 26, stammen von Mihai Mircea Spanu, der sein Instrument an der Musikhochschule in Düsseldorf gelernt hat, und der jetzt gerade seinen Master in Kulturpädagogik an der Hochschule Niederrhein macht. Begleitet wird dieses einstmals ganz wirkliche und jetzt aus Lautsprechern quellende Musizieren von einer rein technisch erzeugten Komposition, die vom selben Menschen stammt wie das bunte Geflimmer, das aus einem Beamer im Schaufenster auf die Straße tropft. Magnus Brühl ist Medienkünstler, der mithilfe von Kreativ-Apps eine Welt erschafft, die im Spannungsfeld von Op-Art und Web-Design dem Auge schmeichelt und die Sinne der Betrachtenden aufs Angenehmste auf sich selbst zurückwirft. Brühl hat nämlich auch die beiden den Projektor einrahmenden Werke realisiert, „HHH“und „flow“, ein sich selbst multiplizierender Farbverlauf in Brauntönen und ein schwarzweißes Zebrastreifen-Muster. Das alles ist in dem ehemals verwaisten Schaufenster zu sehen und zu hören. Und es weist auf die andere Straßenseite hinüber, aufs Quartiersbüro. Von da glotzt eine knallbunte Kaleidoskop-Fratze ins nächtliche Dunkel. „Digilog“haben fünf Studierende der Kulturpädagogik das Ergebnis ihrer Semester-Arbeit genannt, an dem sie drei Monate in der digitalen Vereinzelung des Studentenlebens in Corona-Zeiten getüftelt haben. Die drei Rheinländer, der Niedersachse und der Amerikaner hatten sich schon früh entschlossen, dem allgegenwärtigen Digitalen etwas Analoges entgegen zu setzen, etwas wirklich Sicht- und Hörbares, das jedoch nicht leugnet, dass es die Folgen von Corona gibt. So werden die Schaufensterscheiben, die die Kunst einkapseln, zur Metapher für Abgeschiedenheit und Lockdown. Und ganz nebenbei mischt sich auch noch ein Quäntchen Konsum- und Kapitalismuskritik auf die eine Seite der Hindenburgstraße, während gegenüber, aus den Schaufenstern des Quartiersbüros der Nummer 31, so etwas wie Aufbruchsstimmung in eine neue, bessere und schönere Welt die Passanten anweht.
Auf jeden Fall setzt „Digilog“, das im Untertitel „Zwischen den Welten digitaler und analoger, visueller und auditiver Kunst“heißt, dem allgegenwärtigen Lockdown etwas Physisches
entgegen. Tief einzutauchen in die digitalen Welten hinter der Kunst ist aber durchaus erwünscht, auch vom Künstler selbst. Dazu geben die Ausstellungsmacher Links sowohl auf ihre eigene Ausstellungsseite als auch auf die Tutorials des Künstlers, in denen er in zehnminütigen Lektionen erklärt, wie man mit den von ihm benutzten Apps solche Bilder generieren kann, wie sie in den Schaufenstern zu sehen sind. Gerade an Kinder und Jugendliche wendet sich dieser Kreativ-Impuls. Sie sollen können zu Hause solche Bilder wie die der Künstler selbst malen und sich daran ausprobieren. Die fotografierten Ergebnisse können sie dann an die Digilogs schicken. Bis zum Ende der Ausstellung, kommenden Sonntag, 17. Januar, haben sie dazu Gelegenheit.