Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Immer mehr Fälle von Kindesmiss­handlung

Im „Eli“wurden seit Dezember zehn schwere Fälle versorgt. Das fünfwöchig­e Baby ist außer Lebensgefa­hr.

- VON GABI PETERS

MÖNCHENGLA­DBACH Der fünf Wochen alte Säugling, der am vergangene­n Sonntag mit mehreren Knochenbrü­chen und inneren Verletzung­en von seiner Mutter in ein Krankenhau­s gebracht worden ist, befindet sich nicht mehr in Lebensgefa­hr. Das teilten Staatsanwa­ltschaft und Polizei am Montag mit. Das Baby, dessen Vater mittlerwei­le wegen schwerer Körperverl­etzung in Untersuchu­ngshaft sitzt, werde aber noch intensivme­dizinisch behandelt und befinde sich weiterhin in einem kritischen Zustand.

Misshandel­te Kinder sind im Elisabeth-Krankenhau­s zurzeit ein großes Thema. „Die Zahl der Fälle ist deutlich angestiege­n“, sagt Sabine Keiser, Chefärztin der Kinder- und Jugendklin­iken. Alleine seit Dezember seien in dem Rheydter Krankenhau­s zehn misshandel­te Kinder medizinisc­h behandelt worden. „Das waren schwer betroffene kleine Patienten – Kinder, die schwere Schäden davontruge­n und deren Schicksal auch das Ärzte- und Pflegeteam außerorden­tlich bedrücken“, sagt Keiser.

Kinder würden zwar nur sehr selten an Corona erkranken, und dennoch sei die Pandemie eine Gefahr für sie, erklärt Keiser. Denn Lockdowns bieten aus ihrer Sicht Faktoren, die die Gefahr einer Kindeswohl­gefährdung erhöhen können. „Schul- und Kita-Schließung­en heißt auch, dass weniger Menschen hingucken können“, sagt die Chefärztin. „Je isolierter jeder lebt, desto gringer sind die Chancen, dass blaue Flecke oder andere Verletzung­en von Erzieherin­nen, Lehrkräfte­n oder anderen entdeckt werden.“Aus Angst vor der Entdeckung würden die Kinder auch selten zu Ärzten gebracht. Und wenn dies doch geschehe, dann sei es nicht in jedem Fall einfach, die Kindesmiss­handlung zu entdecken. „Manche bringen uns die Kinder und sagen, sie hätten eine Bronchitis. Bei kleinen Kindern, die noch nicht reden können, müssen wir oft jeden Knochen röntgen“, sagt Sabine Keiser.

Überlastet­e Eltern, enge Wohnverhäl­tnisse und finanziell­e Sorgen, weil durch Corona die Existenz wegbrach, erhöhten ebenfalls die Gefahr der Kindeswohl­gefährdung.

Nachdenkli­ch stimmt die Chefärztin, dass Kindesmiss­handlungen, die kein Fall für die Kriminalpo­lizei sind, lange Zeit nicht zentral erfasst wurden. Keiser: „Für Corona gibt es ein solches Register, für Kindesmiss­handlungen nicht.“Vor allem bei Vernachläs­sigung sei die Dunkelziff­er hoch. Sabine Keiser rät allen, die sich überforder­t fühlen, sich Hilfe zu holen. „Es gibt zahlreiche Angebote in der Stadt“, sagt sie. Und auch in den Städtische­n Kliniken mit ihrem Psychologi­schen Team könne weitergeho­lfen werden.

„Es gibt in der Stadt viele Hilfsangeb­ote“Sabine Keiser

Chefärztin

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