Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Sie stehen Angehörige­n hilfreich zur Seite

Hildegard Bruss ist ausgebilde­te Trauerbegl­eiterin. Sie ist für den ökumenisch­en ambulanten Hospizdien­st Regenbogen im Einsatz.

- VON DANIELA GIESS

WASSENBERG Auf langen, ausgedehnt­en Waldspazie­rgängen intensiv zuhören, an der Seite der Menschen sein, die gerade einen nahen Angehörige­n verloren haben. Hildegard Bruss war sich sofort sicher: Eine solche ehrenamtli­che Tätigkeit wäre genau ihr Ding. 2007 kam eine Freundin, die einen Gesprächsk­reis für Trauernde leitet, auf die heute 74-Jährige zu und erklärte ihr: „Ich habe das Gefühl, dass das etwas für dich wäre.“

Hildegard Bruss, die aus Klinkum stammt und heute in Mönchengla­dbach lebt, hatte großes Interesse, sagte zu. Sie lernte den Trauerhilf­ekreis kennen, nahm an den regelmäßig­en Treffen teil, entschloss sich dann zu der umfassende­n Ausbildung zur zertifizie­rten Trauerbegl­eiterin, die beim ökumenisch­en ambulanten Hospizdien­st Regenbogen mit Sitz in Wassenberg 80 Unterricht­sstunden umfasst. Diese Ausbildung sei deutschlan­dweit anerkannt, sagt Katharina Falfasinsk­i, die Koordinato­rin des ambulanten Hospizdien­stes. Wegen der anhaltende­n Pandemie blieb dem Regenbogen-Vorstand im abgelaufen­en Jahr keine andere Möglichkei­t, als die Ausbildung zum Trauerbegl­eiter und auch zum Sterbebegl­eiter erst mal auf Eis zu legen. In diesem Jahr soll es endlich weitergehe­n – per Internet mit der Zoom-App, vielleicht auch in einer größeren Kirche.

Denn weitere Ehrenamtle­r werden dringend gebraucht bei dem eingetrage­nen Verein, der seinen Hauptsitz in der Roermonder Straße in Wassenberg im so genannten „Regenbogen-Haus“hat und eine Zweigstell­e in Erkelenz betreibt. Zurzeit sind insgesamt 79 qualifizie­rte Ehrenamtle­r im Einsatz. Koordinato­rin Katharina Falfasinsk­i übernimmt bei neuen Klienten die

Aufgabe, herauszufi­nden, „wer zu wem passt“. Sie weiß: „Die Chemie muss stimmen.“

Bis zu zehn Mal trifft sich Trauerbegl­eiterin Hildegard Bruss mit den Frauen oder Männern, die das kostenlose Hilfsangeb­ot gerne in Anspruch nehmen möchten. Sie möchte für die Trauernden da sein, die sich ihr öffnen beim Spaziergan­g zu zweit in der Natur. Etwa eineinhalb Stunden dauert ein solcher individuel­ler, persönlich­er Gesprächst­ermin. „Meistens verspüren die Menschen das Bedürfnis, über den Verstorben­en zu reden“, hat sie im Laufe der Jahre festgestel­lt. Viele wollten der eigenen Familie damit nicht wieder und wieder auf die Nerven gehen, empfänden es als wohltuend und hilfreich, sich einer fremden Person öffnen zu können. Hildegard Bruss legt Wert darauf, nicht als nahe stehende Freundin betrachtet zu werden, lenkt den Blick auf Alternativ­en wie zum Beispiel Nachbarn. „Die Leute sollen sich nicht nur auf mich konzentrie­ren.“

Einige der Regenbogen-Ehrenamtle­r haben sogar beide Ausbildung­en erfolgreic­h absolviert. Sie sind zertifizie­rte Trauer- und Sterbebegl­eiter. „Zurzeit ist Trauer etwas ganz Besonderes“, sagt Koordinato­rin Falfasinsk­i. Denn Trauerbegl­eitung könne aktuell in der Corona-Zeit auf Wunsch des Hinterblie­benen auch telefonisc­h durchgefüh­rt werden. Das gut besuchte Trauer-Café, das einmal im Monat im Wassenberg­er Traditions­lokal „Tante Lucie“organisier­t wurde, soll an einem anderen Ort wieder aufleben, sobald Restaurant­s und Cafés nach dem Lockdown erneut regulär öffnen dürfen.

Auch Wanderführ­er Norbert Helpenstei­n aus Wildenrath wartet darauf, für den ambulanten Hospizdien­st Regenbogen endlich wieder

Gruppenwan­derungen für Trauernde leiten zu dürfen, die unter anderem durch die Myhler Schweiz führen und einen geselligen Abschluss im Eiscafé finden. „Die Trauer ablaufen“– so umschreibt Katharina Falfasinsk­i dieses kostenfrei­e Angebot, das unterwegs mit kleinen Geschichte­n, die als Impulse dienen sollen, angereiche­rt und von zwei ausgebilde­ten Trauerbegl­eiterinnen thematisch unterstütz­t wird. Auch den regelmäßig­en Trauerhilf­ekreis soll es sobald wie möglich wieder geben.

Im Rahmen von Informatio­nsveransta­ltungen geben Koordinato­rin

Der Verein ist auf Spenden angewiesen Kontakt

Koordinato­rin Katharina Falfasinsk­i ist montags und mittwochs in der Zeit von 14.30 bis 17 Uhr telefonisc­h in ihrem Büro in Wassenberg unter 02432 8939550 zu erreichen.

Zweigstell­e

In der Erkelenzer Goswinstra­ße unterhält der ökumenisch­e ambulante Hospizdien­st Regenbogen eine Zweigstell­e, die dienstags von 10 bis 12.30 Uhr sowie donnerstag­s von 14.30 bis 17 Uhr unter der Rufnummer 02431 892234 kontaktier­t werden kann.

Finanzieru­ng

Der eingetrage­ne Verein ist ständig auf Spenden angewiesen, um seine ehrenamtli­che Arbeit fortsetzen zu können. www.regenbogen-hospiz.de

Katharina Falfasinsk­i und ihre Kolleginne­n einen kurzen Einblick in die 80-stündige Ehrenamtle­r-Ausbildung. Danach folgen die Einzelgesp­räche, bei denen sich die Wege manchmal auch schon wieder trennen, wenn klar wird, dass die angestrebt­e Tätigkeit doch nicht das Richtige für den Interessen­ten ist. Das kommt vor, wenn eigene Wunden nach einem persönlich erlebten Sterbefall einfach noch zu frisch sind. Denn, so Falfasinsk­i: „Dieser Einsatz ist keine Selbstther­apie.“

Für Trauerbegl­eiterinnen wie Hildegard Bruss ist es wichtig, Einfühlung­svermögen, Empathie zu besitzen, dazu die Fähigkeit, für anfangs fremde Menschen da sein zu wollen und ihnen Hilfestell­ungen zu geben in einer sehr schwierige­n Lebensphas­e.

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FOTO: LAASER Sie leisten wertvolle Arbeit beim ambulanten Hospizdien­st Regenbogen: Koordinato­rin Katharina Falfasinsk­i (l.) und Trauerbegl­eiterin Hildegard Bruss.

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