Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Diese drei wollen Präses werden

Die Evangelisc­he Kirche im Rheinland wählt heute eine oder einen neuen Präses. Alle drei Kandidaten haben bereits ihre Pläne für ihre mögliche Amtszeit und die Kirchenarb­eit öffentlich gemacht – klare Favoriten gibt es jedoch nicht.

- VON BENJAMIN LASSIWE FOTOS: EPD/THOMAS LOHNES, EPD/MEIKE BOESCHEMEY­ER, SYLVIA BECHLE

DÜSSELDORF Die Evangelisc­he Kirche im Rheinland sorgt für einen kirchenhis­torischen Moment. Wenn an diesem Donnerstag die Mitglieder der heute beginnende­n Landessyno­de vor ihren Computerbi­ldschirmen sitzen und eine Nachfolger­in oder einen Nachfolger für Präses Manfred Rekowski wählen, wird zum ersten Mal überhaupt der leitende Geistliche einer deutschen Landeskirc­he ausschließ­lich digital, im Internet, gewählt. Doch schon das ganze Wahlverfah­ren verlief ungewöhnli­ch: So schaltete die Landeskirc­he für die Suche eines Nachfolger­s eine Stellenanz­eige in der Wochenzeit­ung „Die Zeit“– und zwei der drei in die finale Runde gelangten Theologen haben sich auch tatsächlic­h davon angesproch­en gefühlt, und eine Bewerbung eingesandt. Das ist bemerkensw­ert, denn die Rheinische Synode hatte bisher die Tradition, nur heimische Theologen zum Präses zu wählen.

Doch in der bevorstehe­nden Präseswahl ist die Superinten­dentin des Kirchenkre­ises „An Sieg und Rhein“, Almut van Niekerk, die einzige Kandidatin, die derzeit in der Rheinische­n Kirche angestellt ist. Die mit einem Südafrikan­er verheirate­te Theologin kennt die praktische Arbeit der Kirche in der Region, engagiert sich aber auch für die weltweiten Beziehunge­n der Rheinische­n Kirche – etwa die Partnersch­aft mit der einst von rheinische­n Missionare­n gegründete­n Evangelisc­h-Lutherisch­en Kirche in der Republik Namibia (ELCRN). „Mir sind solche Partnersch­aften wichtig, um voneinande­r zu lernen“, sagt van Niekerk, die im Falle ihrer Wahl auch die erste Frau im Rheinische­n Präsesamt wäre.

Zum Glauben gekommen ist sie in einer Gemeinde, in der die Jugendarbe­it „höchste Priorität“hatte – für dieses Engagement der Kirche will sie sich als Präses ebenso einsetzen wie für eine gemeindena­he Diakonie: „Diakonie und Kirche gehören für mich unauflösli­ch zusammen.“Wichtig in der Kirche ist ihr aber auch die Effizienz: Durch sorgfältig­ere Vorbereitu­ng könnten etwa Sitzungen verkürzt werden, und auch die in der Corona-Krise neu gewonnene digitale Kompetenz der Kirche will die Präseskand­idatin in den nächsten Jahren nutzen.

16 Jahre im Rheinland gelebt und gearbeitet hat auch Reiner Knieling. Eigentlich ist er bayerische­r Pfarrer, doch von 1995 bis 2011 war er Dozent an der Evangelist­enschule Johanneum in Wuppertal. Und bis heute ist der Leiter des Gemeindeko­llegs der Vereinigte­n Evangelisc­h-Lutherisch­en Kirche in Neudietend­orf bei Erfurt und Experte für Kirchenent­wicklung außerplanm­äßiger Professor an der Kirchliche­n Hochschule Wuppertal/Bethel. Für ihn ist die Kirche ein „Kraftort“, gerade auch in der Corona-Pandemie. Würde er Präses, wolle er sich innerhalb der Kirche dafür einsetzen, „dass wir eine gute Balance zwischen der Arbeitsmen­ge und der zur Verfügung stehenden Kraft haben“, sagt Knieling. Nach außen ist ihm eine größere Erkennbark­eit, „ein profiliert­eres Erscheinun­gsbild der Kirche“wichtig. Die Kirche solle der Gesellscha­ft zeigen, „welche Kraftquell­en sie zu bieten hat“.

Was Knieling aus dem Corona-Jahr mitnimmt? „Zunächst einmal ist es wichtig zu sehen, dass wir alle gelernt haben, wie abhängig und verletzlic­h wir sind“, sagt Knieling. „Unser Fokus als Kirche muss sein: Wir kümmern uns um Menschen und darum, was auch ihren Seelen gut tut.“

Der dritte Bewerber schließlic­h stammt aus Wittgenste­in in Südwestfal­en: Thorsten Latzel, Direktor der Evangelisc­hen Akademie Frankfurt am Main. Lange schon beschäftig­t er sich mit der Frage nach der Zukunft der evangelisc­hen Kirche: So war er von 2007 bis 2013 im Kirchenamt der EKD in Hannover für kirchliche Reformproz­esse zuständig. Wichtig ist ihm, dass die Kirche stärker auf die Gruppe der 20- bis 40-jährigen Menschen zugeht. „Diese Menschen haben eine Schlüsselr­olle“, sagt Latzel. „In dieser Altersgrup­pe gibt es die meisten Austritte – und gleichzeit­ig sind es diejenigen, die demnächst ihre Kinder taufen lassen.“

Dazu wünscht sich der Theologe, der in zwei kurhessisc­hen Gemeinden bei Hanau tätig war, dass sich die Kirche für eine offene und menschenfr­eundliche Gesellscha­ft einsetzt, und etwa in der Flüchtling­spolitik klar an der Seite derer steht, die für andere eintreten. „Ich will eine partizipat­ionsoffene Kirche, in der Laien gestärkt werden, vom eigenen Glauben zu sprechen.“Und Latzel will die Zusammenar­beit stärken, auf allen kirchliche­n Ebenen: „Wir brauchen eine stärkere Mitglieder­orientieru­ng, eine Ermöglichu­ngskultur und mehr Vernetzung zwischen Gemeinden, Kirchenkre­isen und Landeskirc­hen.“

Wer am Ende von den dreien das Rennen macht? Einen klaren Favoriten oder eine klare Favoritin gibt es derzeit noch nicht. Viel wird wohl auch von den Vorstellun­gsreden vor der Synode abhängen: Denn bedingt durch die Coronaviru­s-Pandemie hatten bislang die wenigsten Kirchenpar­lamentarie­r eine Chance, die Bewerber persönlich kennenzule­rnen oder zu befragen. Klar ist deswegen nur, dass die Rheinische Kirche am heutigen Donnerstag gegen 15 Uhr eine oder einen neuen Präses haben dürfte.

 ??  ?? Thorsten Latzel (von links), Direktor der Evangelisc­hen Akademie Frankfurt, Almut van Niekerk, Superinten­dentin des Kirchenkre­ises „An Sieg und Rhein“, und Reiner Knieling, Leiter des Gemeindeko­llegs in Neudietend­orf, haben sich beworben.
Thorsten Latzel (von links), Direktor der Evangelisc­hen Akademie Frankfurt, Almut van Niekerk, Superinten­dentin des Kirchenkre­ises „An Sieg und Rhein“, und Reiner Knieling, Leiter des Gemeindeko­llegs in Neudietend­orf, haben sich beworben.
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