Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Die Tierliebe boomt in Corona-Zeiten
Die Pandemie bringt für die meisten Menschen viel freie Zeit und wenige Möglichkeiten für Abwechslung mit sich. Aktivitäten mit Haustieren sind deshalb besonders beliebt. Unsere Autorin wirft beispielhaft den Blick auf Hunde und Pferde.
MÖNCHENGLADBACH Sie bewegen sich auch in der Pandemie viel draußen, ihr tierischer Freund ist dann stets dabei. Das hat bei vielen, die bislang keinen Hund hatten, zu Begehrlichkeiten geführt. Ein Leben mit Hunden und Pferden setzt aber mehr voraus.
Der Hund Mit dem Hund darf man, solange keine Quarantäne angeordnet ist, in NRW immer an die frische Luft. Man muss es sogar, will man dem Hund ein artgerechtes Leben bieten, egal bei welchem Wetter – 365 Tage im Jahr, ein ganzes Hundeleben lang. Morgens rausgehen, fressen, schlafen, spielen, erziehen, korrigieren, mittags in den Garten. Später dann der große Nachmittagsspaziergang, wieder fressen, abends noch mal kurz raus, dann schlafen. Ein Hund oder ein Pferd ist ein fester Partner, der den Alltag strukturiert, unter welchen Umständen auch immer.
Seit dem ersten Lockdown im März 2020 rückt die Idee, einen Hund zu halten, für immer mehr Menschen in den Fokus. Bundesweit entschieden daher viele spontan aus dem Homeoffice heraus, sich einen Hund zu kaufen – beim Züchter, im Tierheim oder via illegalem Welpenhandel online. Seitdem ziehen die Preise für Welpen vielerorts an, die Züchter werden der Nachfrage nicht mehr Herr.
Es gibt Tierärzte, die etwa durch Ausfall von Mitarbeitern an ihre Grenzen kommen. Die Hundeschulen sind geschlossen – problematisch für Ersthundebesitzer und Halter komplizierterer Hunde. Ausstellungen finden nicht mehr statt, Zuchtzulassungen und Wurfabnahmen sollen auf Empfehlung des Verbands für das Deutsche Hundewesen (VDH) möglichst verschoben werden. Der Deutsche Tierschutzbund bittet Züchter, mit der Nachzucht zu pausieren.
In Mönchengladbach gab es vor zehn Jahren rund 11.900 angemeldete Hunde, aktuell sind es 15.790; vor einem Jahr waren es noch 340 weniger. „Die Steigerung ist nach unserer Beobachtung nicht allein auf das geänderte Freizeitverhalten in der Pandemie zurückzuführen“, sagt Stadtsprecher Dirk Rütten, vielmehr stiegen die Zahlen seit Jahren kontinuierlich an. Vielleicht melden viele neue Halter ihren Hund nicht an, auch Unkenntnis kann dabei eine Rolle spielen.
Denn auffallend mehr Anfragen nach Hunden verzeichnet Jasmin Pulver, Leiterin des Tierheims am Hülserkamp: „Die Leute haben gerade mehr Zeit. Um Spontankäufe zu verhindern, laden wir Interessenten, die uns anrufen oder mailen, zu drei Besuchen ein, bevor wir ihnen den Hund ihrer Wahl übergeben.“Einen vermittelten jungen Dackel mussten sie und ihr Team nach nicht einmal 24 Stunden wieder zurücknehmen, den Leuten war er zu anhänglich. „So etwas passiert immer wieder“, sagt Pulver, „und hat weniger mit der Pandemie zu tun.“Gerade einmal sechs Hunde kann das Tierheim zurzeit zur Vermittlung anbieten. Wie viele es sein werden, wenn die Pandemie vorüber und die Zeit zu Hause wieder knapper ist, wird sich dann noch zeigen.
Das Pferd Auf der Reitanlage Abtshof an der Krefelder Straße kommen die dort lebenden 50 Pferde dreimal am Tag an die frische Luft. Im Sommer stehen ihnen achteinhalb Hektar Weideflächen zur Verfügung, jetzt im Winter sind es zehn Sand-Paddocks. „Die müssen raus, Pferde sind Bewegungstiere“, sagt Thaddäus Assenmacher, der den Abtshof gemeinsam mit seiner Frau und Tochter Joanna seit zweieinhalb Jahren gepachtet hat. Vater und Tochter sind international renommierte Springreiter, die Einstaller ausschließlich sportlich ambitioniert. Sie verbringen ihren Alltag mit den Tieren, die ihnen weit mehr als nur Sportgerät sind.
Assenmacher hat den NRW-Auflagen entsprechend Maßnahmen umgesetzt: Nur die 28 Einstaller dürfen das Gelände betreten, im Krankheitsfall springt ein Notbewegungshelfer ein. Pro Pferd ist dem Zuständigen ein zweistündiger Aufenthalt im Stall erlaubt. Die beiden Stübchen sind geschlossen, lediglich die Toiletten geöffnet. Desinfektionsmittel stehen bereit, die Abstandsregel muss eingehalten werden. In der 28 an 82 Meter großen Reithalle sind maximal fünf Pferde gleichzeitig erlaubt, in der mit 20 an 40 Meter kleineren höchstens drei. Der Unterricht dort fällt aus. Ausreiten ist jederzeit möglich.
Drei Einstaller hatten sich Ende letzten Jahres als Corona-Leugner erwiesen, ihnen hat Assenmacher gekündigt: „Die waren trotz Pandemie ständig auf Turnieren und Trainings unterwegs. Seit sie nicht mehr bei uns sind, herrscht wieder Ruhe in der Stallgemeinschaft.“Turnierveranstaltungen sind in NRW ausschließlich für Berufsreiter und ohne Zuschauer erlaubt. Assenmacher findet die aktuelle Situation nicht schön, versucht aber, gelassen zu bleiben. Neue Einstaller sucht er nicht. Für Leute, die sich zum Zeitvertreib in der Pandemie spontan ein Haustier anschaffen, hat der Halter dreier Hunde nur ein Kopfschütteln übrig.