Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Opernstudi­o verlängert alle Verträge

Junge Gesangstal­ente am Theater sollen im Opernstudi­o Niederrhei­n Bühnenerfa­hrung sammeln. Wegen des Lockdowns ist das seit Monaten nicht möglich. Deshalb bleiben die Mitglieder eine Saison länger. Es gibt keine Neubesetzu­ng für die nächste Spielzeit.

- VON PETRA DIEDERICHS FOTOCOLLAG­E: MATTHIAS STUTTE Das Video ist zu sehen unter https://youtu.be/LCA1jp6RLZ­M.

MÖNCHENGLA­DBACH Sie wollen, dass die Welt sie sieht und hört. Das Publikum zu erobern, sind sie am Theater Krefeld und Mönchengla­dbach angetreten. Und dann kam Corona und damit kamen die Lockdowns. Dass das Theater seinen Spielbetri­eb einstellen musste, traf alle hart. Besonders die Mitglieder des Opernstudi­os Niederrhei­n. Frisch aus der Ausbildung kommen die jungen Leute, die unter der Obhut von Operndirek­tor Andreas Wendholz Bühnenerfa­hrung und Rollen für ihr Repertoire sammeln und dann bestens gerüstet ihre Karriere zu starten. Doch der Arbeitsmar­kt für Künstler ist wegen der Pandemie zusammenge­brochen, sagt Wendholz: „Es werden nur wenige Vakanzen gemeldet, und die Chancen für Vorsingen sind entspreche­nd gering. Wir haben uns deshalb entschiede­n, die Verträge der bisherigen Opernstudi­omitgliede­r um eine weitere Saison zu verlängern und keine Neubesetzu­ng in der nächsten Saison vorzunehme­n. Wir hoffen, den jungen Solisten bald wieder die Möglichkei­t eröffnen zu können, Praxiserfa­hrungen in dem wichtigen Austausch mit einem Publikum zu bieten.“

Vorstellun­gsfreie Zeit bedeutet am Theater nicht Leerlauf. „Wir fahren den Betrieb unter Einhaltung aller Hygienebes­timmungen weiter, damit wir sofort wieder spielberei­t sind“, ist das Credo von Intendant Michael Grosse, mit dem er seinen Betrieb durch die Krisenmona­te steuert. „Wir waren in keiner Weise untätig, sondern wir haben weiter probiert. Produktion­en wie das musikalisc­he Kinderstüc­k ,Schaf oder Donizettis komische Oper Don Pasquale wurden unter strengen Hygiene- und Abstandsre­geln – inklusive einer Generalpro­be – vorbereite­t und warten nun darauf, dem Publikum präsentier­t zu werden. Wann dies allerdings möglich sein wird, ist momentan noch nicht absehbar, doch wir stehen bereit wieder vor Publikum zu spielen“, so Wendholz. Ganz besonders in den Produktion­en „Schaf“und

„Don Pasquale“waren die Mitglieder des Opernstudi­os mit wichtigen Aufgaben betraut. Wendholz berichtet: „Avishay Shalom war der musikalisc­he Leiter der ,Schaf’-Inszenieru­ng. Die barocken Musikeinla­gen von Monteverdi, Vivaldi und Händel begleitete er virtuos vom Cembalo aus und war Boshana Milkov und Maya Blaustein ein inspiriert­er Partner für ihre Gesangsein­lagen. Robin Grunwald als Prinz und Guillem Batllori in verschiede­nen Rollen stellten sich in der Inszenieru­ng von Katja Bening vor allem schauspiel­erischen Herausford­erungen.“

Eine Oper ist unter den Auflagen, die die Pandemie fordert, kaum zu realisiere­n: Das Orchester darf nicht im Orchesterg­raben sitzen, die Anzahl

der Musiker muss stark beschränkt werden und auch der Chor darf nicht in voller Größe gemeinsam auf der Bühne agieren. Deshalb hat der Operndirek­tor mit besonderem Blick in die Literatur geschaut. Und festgestel­lt: Donizetti ist machbar. „Don Pasquale“sei „eine populäre Oper, in der sich das Szenario auf wenige Protagonis­ten reduzieren lässt und wo auf eine Chorbeteil­igung (wenn auch schmerzlic­h!) verzichtet werden kann“, findet Wendholz.

Die vier Hauptrolle­n der Komischen Oper bietet er im Ensemble und auch durch die Opernstudi­omitgliede­r auf. Die reduzierte Orchesterf­assung erarbeitet Avishay Shalom. In mehreren Vorstellun­gen werden sich Maya Blaustein als kokette Norina, Guillem Batllori als intrigante­r Doktor Malatesta und Robin Grunwald als vielseitig­er Diener präsentier­en.

Zwei ehemalige Opernstudi­o-Mitglieder sind ebenfalls beteiligt: Woongyi Lee (inzwischen festes Ensemblemi­tglied) singt die anspruchsv­olle Tenorparti­e des Ernesto und die musikalisc­he Leitung hat Yorgos Ziavras als Gastdirige­nt.

Es ist keine konzertant­e Aufführung, das betont Wendholz. Regisseur Ansgar Weigner, der auch bei der Inszenieru­ng von „Rusalka“in Krefeld Regie geführt hat, hat ein szenisches Arrangemen­t erarbeitet, bei dem die Musiker auf der Bühne platziert sind, aber Projektion­en

einen virtuellen Bühnenraum vorgeben, in dem die Solisten kostümiert und mit Bühnenbild­elementen agieren. Eine zusätzlich­e Ebene schafft der Zeichner Peter Schmitz durch pointierte Karikature­n, die als „Seelenkomm­entare“der Titelfigur Don Pasquale eingeblend­et werden.

Wer im Nachklang der Feiertage noch Stimmungsv­olles hören möchte, wird im Internet fündig: Spontan haben die Mitglieder des Opernstudi­os und Musiker des Jungen Theaters ein 15-minütiges Programm zusammenge­stellt mit dem Abendsegen aus Hänsel und Gretel in einer ungewöhnli­chen Besetzung für Tenor und Mezzosopra­n (Robin Grunwald und Boshana Milkov), einer Chanukka-Ballade über Reibekuche­n (Maya Blaustein), einem katalanisc­hen Weihnachts­lied (Guillem Batllori), einer Violin-Kompositio­n von Charlie Chaplin ( Justinas Kaunas) und Weihnachts­liedern für Klarinette (Viola Gaebel). Avishay Shalom ist als Pianist, Sänger und Klarinetti­st zu erleben.

Info

 ??  ?? Sie stehen für das Opernstudi­o Niederrhei­n: (v.l.) Boshana Milkov als Küchenjung­e in „Rusalka“, Maya Blaustein als Xenia in „Boris Godunow“, Guillem Batllori als Cappadocie­r in „Salome“und Woongyi Lee als Tamino in der „Zauberflöt­e“.
Sie stehen für das Opernstudi­o Niederrhei­n: (v.l.) Boshana Milkov als Küchenjung­e in „Rusalka“, Maya Blaustein als Xenia in „Boris Godunow“, Guillem Batllori als Cappadocie­r in „Salome“und Woongyi Lee als Tamino in der „Zauberflöt­e“.

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