Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Opernstudio verlängert alle Verträge
Junge Gesangstalente am Theater sollen im Opernstudio Niederrhein Bühnenerfahrung sammeln. Wegen des Lockdowns ist das seit Monaten nicht möglich. Deshalb bleiben die Mitglieder eine Saison länger. Es gibt keine Neubesetzung für die nächste Spielzeit.
MÖNCHENGLADBACH Sie wollen, dass die Welt sie sieht und hört. Das Publikum zu erobern, sind sie am Theater Krefeld und Mönchengladbach angetreten. Und dann kam Corona und damit kamen die Lockdowns. Dass das Theater seinen Spielbetrieb einstellen musste, traf alle hart. Besonders die Mitglieder des Opernstudios Niederrhein. Frisch aus der Ausbildung kommen die jungen Leute, die unter der Obhut von Operndirektor Andreas Wendholz Bühnenerfahrung und Rollen für ihr Repertoire sammeln und dann bestens gerüstet ihre Karriere zu starten. Doch der Arbeitsmarkt für Künstler ist wegen der Pandemie zusammengebrochen, sagt Wendholz: „Es werden nur wenige Vakanzen gemeldet, und die Chancen für Vorsingen sind entsprechend gering. Wir haben uns deshalb entschieden, die Verträge der bisherigen Opernstudiomitglieder um eine weitere Saison zu verlängern und keine Neubesetzung in der nächsten Saison vorzunehmen. Wir hoffen, den jungen Solisten bald wieder die Möglichkeit eröffnen zu können, Praxiserfahrungen in dem wichtigen Austausch mit einem Publikum zu bieten.“
Vorstellungsfreie Zeit bedeutet am Theater nicht Leerlauf. „Wir fahren den Betrieb unter Einhaltung aller Hygienebestimmungen weiter, damit wir sofort wieder spielbereit sind“, ist das Credo von Intendant Michael Grosse, mit dem er seinen Betrieb durch die Krisenmonate steuert. „Wir waren in keiner Weise untätig, sondern wir haben weiter probiert. Produktionen wie das musikalische Kinderstück ,Schaf oder Donizettis komische Oper Don Pasquale wurden unter strengen Hygiene- und Abstandsregeln – inklusive einer Generalprobe – vorbereitet und warten nun darauf, dem Publikum präsentiert zu werden. Wann dies allerdings möglich sein wird, ist momentan noch nicht absehbar, doch wir stehen bereit wieder vor Publikum zu spielen“, so Wendholz. Ganz besonders in den Produktionen „Schaf“und
„Don Pasquale“waren die Mitglieder des Opernstudios mit wichtigen Aufgaben betraut. Wendholz berichtet: „Avishay Shalom war der musikalische Leiter der ,Schaf’-Inszenierung. Die barocken Musikeinlagen von Monteverdi, Vivaldi und Händel begleitete er virtuos vom Cembalo aus und war Boshana Milkov und Maya Blaustein ein inspirierter Partner für ihre Gesangseinlagen. Robin Grunwald als Prinz und Guillem Batllori in verschiedenen Rollen stellten sich in der Inszenierung von Katja Bening vor allem schauspielerischen Herausforderungen.“
Eine Oper ist unter den Auflagen, die die Pandemie fordert, kaum zu realisieren: Das Orchester darf nicht im Orchestergraben sitzen, die Anzahl
der Musiker muss stark beschränkt werden und auch der Chor darf nicht in voller Größe gemeinsam auf der Bühne agieren. Deshalb hat der Operndirektor mit besonderem Blick in die Literatur geschaut. Und festgestellt: Donizetti ist machbar. „Don Pasquale“sei „eine populäre Oper, in der sich das Szenario auf wenige Protagonisten reduzieren lässt und wo auf eine Chorbeteiligung (wenn auch schmerzlich!) verzichtet werden kann“, findet Wendholz.
Die vier Hauptrollen der Komischen Oper bietet er im Ensemble und auch durch die Opernstudiomitglieder auf. Die reduzierte Orchesterfassung erarbeitet Avishay Shalom. In mehreren Vorstellungen werden sich Maya Blaustein als kokette Norina, Guillem Batllori als intriganter Doktor Malatesta und Robin Grunwald als vielseitiger Diener präsentieren.
Zwei ehemalige Opernstudio-Mitglieder sind ebenfalls beteiligt: Woongyi Lee (inzwischen festes Ensemblemitglied) singt die anspruchsvolle Tenorpartie des Ernesto und die musikalische Leitung hat Yorgos Ziavras als Gastdirigent.
Es ist keine konzertante Aufführung, das betont Wendholz. Regisseur Ansgar Weigner, der auch bei der Inszenierung von „Rusalka“in Krefeld Regie geführt hat, hat ein szenisches Arrangement erarbeitet, bei dem die Musiker auf der Bühne platziert sind, aber Projektionen
einen virtuellen Bühnenraum vorgeben, in dem die Solisten kostümiert und mit Bühnenbildelementen agieren. Eine zusätzliche Ebene schafft der Zeichner Peter Schmitz durch pointierte Karikaturen, die als „Seelenkommentare“der Titelfigur Don Pasquale eingeblendet werden.
Wer im Nachklang der Feiertage noch Stimmungsvolles hören möchte, wird im Internet fündig: Spontan haben die Mitglieder des Opernstudios und Musiker des Jungen Theaters ein 15-minütiges Programm zusammengestellt mit dem Abendsegen aus Hänsel und Gretel in einer ungewöhnlichen Besetzung für Tenor und Mezzosopran (Robin Grunwald und Boshana Milkov), einer Chanukka-Ballade über Reibekuchen (Maya Blaustein), einem katalanischen Weihnachtslied (Guillem Batllori), einer Violin-Komposition von Charlie Chaplin ( Justinas Kaunas) und Weihnachtsliedern für Klarinette (Viola Gaebel). Avishay Shalom ist als Pianist, Sänger und Klarinettist zu erleben.
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